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Fertighauskomponenten bestimmen die Landschaft, schwere Maschinen plätten Quadratkilometer Baugrund, schichten Erdreich zu Halden, ein beständiges Rattern und Dröhnen bringt die Luft über derEbene zum Schwingen. Schaltgetriebe großer Dieselmotoren wetteifern mit Generatoren um die enervierendsten Frequenzen. Hunderte Arbeiter nomadisieren zwischen den Stahlungetümen, nie hat Jehuda ein ähnliches Projekt zu Gesicht bekommen, doch es fühlt sich an, als bauten sie die neue Heimat ausschließlich für ihn.
Für ihn, Phoebe und die Kinder.
»Zufrieden?« Arik wuchtet sich hinter ihm aus dem Fond. Mittlerweile reicht keine Verbalkosmetik mehr, seine Statur zu umschreiben. Stattlich war gestern, jetzt ist er fett.
Nie eine Mahlzeit ausgelassen.
»Ich sollte der Fairness halber sagen, dass es hier von Sandflöhen nur so wimmelt.« Tritt neben Jehuda, entblößt sein makelloses Gebiss. »Falls du nach dem Haken fragst. Abgesehen davon fällt mir nämlich beim besten Willen keiner ein.«
Wie er da steht, die Augen mit der Rechten beschattend, hat er etwas von einem Herrscher, anders kann Cheops auch nicht dagestanden haben, als sie vor seinen Augen die Pyramide hochzogen.
Arik, König von Israel!
Kein Scherz. König von Israel nennen sie ihn neuerdings. So schnell dreht sich der Wind. Noch vor wenigen Jahren hätte niemand mehr einen Blumentopf auf ihn verwettet.
Wofür so ein Krieg doch gut sein kann.
»Komm, ich stelle dich dem Team vor.«
Im Schatten eines Containers sind Männer und Frauen um einen Klapptisch versammelt. Führungspersonal, das sieht man sofort. Gebügelte Hosen, Hemden, Blusen, makelloser Sitz. Jehuda schüttelt viele Hände, blickt in Augen, in denen sich die fertige Stadt bereits spiegelt.
»Arik sagt, sie seien der Beste, den man sich wünschen kann.«
»Na ja.« Er lächelt bescheiden.
»Stimmt es, dass Sie da oben als Erster mit Tröpfchenbewässerung experimentiert haben?«
»Oh, das war nicht meine Erfindung, Netafim hat –«
»Aber Sie haben das System den Bedingungen angepasst.«
»Ja, schon.«
»Lust auf eine Rundfahrt?«
Eine rotblonde Frau, Ende 40, türkisblaue Augen, Sommersprossen, amerikanischer Akzent. Eine dieser All American Beautys, die zwischen 30 und 60 nicht altern, um dann über Nacht zu knitterigen, tapezierten Skeletten zu mutieren.
Wer war die noch gleich? Namen, Funktionen, Verantwortlichkeiten, alles stürzt auf ihn ein, ach ja, Alison Titelman. Verantwortlich für den Agrarbereich, Himmel – seine direkte Vorgesetzte!
Die einzige Person mit der Autorität, ihm zu sagen, was zu tun ist.
Allen anderen wird er sagen, was zu tun ist.
Er wird Herr sein über das komplette Agrarbewässerungssystem dieser glorreichen neuen Mittelmeermetropole mit dem schönen Namen
Jamit.
Jehudas Traum.
Sadats Albtraum.
Jahrelang hatte der Ägypter gehofft, Israel werde den Sinai zurückgeben, nachdem Nassers Streitmacht gescheitert war, hatte Charmeoffensiven gestartet, mit dem Säbel gerasselt, Friedensangebote unterbreitet.
Doch Israel verfolgte andere Pläne.
Der Hinterhof, wie Arik den Sinai nannte, bot sich in idealer Weise als Pufferzone zwischen dem Gazastreifen und Ägypten an, um israelisches Kernland zu schützen. Gleich nach dem Sechstagekrieg hatte Zahal das Ostufer des Suezkanals durch eine Reihe wallartiger Befestigungsanlagen gesichert, bestückt mit Spähposten. Eine militärische Maßnahme, Festungen baut man und reißt sie ab, doch Anfang der Siebziger verfügte Moshe Dayan, die Rafiah-Ebene im Nordosten Sinais von Beduinen zu säubern, und Arik, mit der Verlässlichkeit eines Kehrbesens, übernahm den ausführenden Teil (»Weil die Scheißkerle Waffen in den Gazastreifen schmuggeln, anders bekommen wir den Sumpf da nie ausgetrocknet«).
Was man sich so vorstellen muss:
Lebst du mit deiner Familie in einem Zelt, habt ihr exakt einen Tag, um euren Kram zu packen und euch außer Sichtweite zu verziehen.
Und außer Sichtweite heißt –
WEIT weg.
Lebt ihr in einem festen Haus, bekommt ihr zwei Tage.
Dann wird es niedergerissen.
Fragen?
Ariks Vorgehen ließ Assoziationen an den Kammerjäger aufkommen und löste in Israel (außer bei den Nationalreligiösen) einen Aufschrei der Empörung aus. Wurden hier aus Unterdrückten Unterdrücker? Waren wir nicht immer die Gerechten? Dass einer gehen muss, wenn zwei denselben Fleck beanspruchen, daran führt kein Weg vorbei –
Aber doch nicht SO !
Das ist unmenschlich, barbarisch.
Das
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