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von einer weiteren Shoa, einem zweiten Holocaust? Schon in den Sechzigern, als der Mossad Adolf Eichmann nach Israel entführte und ihm dort öffentlich der Prozess gemacht wurde, hatte sich der Blick auf die NS -Opfer geändert. Bis dahin war der Holocaust im kollektiven Gedächtnis unterrepräsentiert (umgeben von feindlichen Nachbarn, die dich ins Meer treiben wollen, hast du andere Sorgen), jetzt, verkörpert durch diesen Mann, erlebten auch jene, die nie einem Nazi ins Auge geblickt hatten, die monströse Bürokratie des Massenmords, und es dämmerte ihnen, dass man gegen eine Vernichtungsmaschine, die sich auf Männer wie Eichmann stützt, wenig Chancen hat.
Was bliebe vom wehrhaften Zionisten in einem KZ ?
Was, wenn wir den Jom-Kippur-Krieg verloren hätten?
Nun, sie sind der Niederlage knapp entgangen, doch das nationale Selbstbewusstsein hat Schaden genommen, der Nimbus der Unbesiegbarkeit ist dahin. Nach dem Erweckungserlebnis von ’67 schlägt die Stimmung in die andere Richtung aus.
Wir müssen uns schützen.
Die Nationalreligiösen, organisiert in Gusch Emunim, dem »Block der Getreuen«, drängen nun erst recht darauf, Judäa, Samaria und den ganzen biblischen Raum zu befreien, noch länger auf den Messias zu warten könne man sich nicht leisten, also siedelt, Brüder und Schwestern, siedelt ihn herbei, herbei! Aber auch die Pragmatiker plädieren für einen stärkeren Ausbau der Pufferzonen, insbesondere im Sinai, und was wäre geeigneter, Israels Präsenz dort zu erhöhen, als –
Eine Stadt.
Jamit ist beschlossene Sache.
Arik treibt das Projekt voran.
Über Nacht sind seine Popularitätswerte durch die Decke geschossen, vergessen ist, dass man sich kürzlich noch für diesen Mann geschämt hat. Strahlend kehrt er auf die politische Bühne zurück und entwickelt sein Konzept. Dem Sinai kommt in der Bibel einige Bedeutung zu, Gott hat sich hier offenbart, Moses die Gebote in die Hand gedrückt, doch verglichen mit Judäa und Samaria spielt er für die Religiösen kaum eine Rolle. Dafür eignet er sich in idealer Weise, einen ganz neuen Siedlertypus zu etablieren.
Säkular und unideologisch.
Ganz nach Ariks Geschmack, der die Besiedlung keinesfalls nur den Gottesfürchtigen überlassen will. Schön, dass sie ihm den nötigen Rückhalt an Wählerstimmen sichern. In ihren Reihen wird er brav eine Kippa tragen und einem Messias das Wort reden, an den er so inbrünstig glaubt wie an fliegende Elefanten.
Jetzt aber will er die breite Bevölkerung für sich gewinnen. Siedeln zur sicherheitsrelevanten und kulturellen Maxime allen zionistischen Wirkens erheben, zum Ausdruck hebräischer Identität.
Die Umstände könnten nicht besser sein. Nach dem Beinahe-Desaster von Jom Kippur ist der Widerspruch gegen die Okkupation der umstrittenen Gebiete nahezu verstummt. Arik muss nicht mehr viel Überzeugungsarbeit leisten. Nur von der herrlich mediterranen Lage Jamits schwärmen und die Immobilienpreise tief genug ansetzen, dass selbst beinharte Siedlungsgegner ins Wanken geraten.
Ach ja –
Und seine Freunde nicht vergessen.
Er mag sich zu einem brutalen, verlogenen, karriereversessenen Mistkerl entwickelt haben, aber Freundschaft ist ihm heilig. Hast du Arik als Kumpel, musst du dir keine Sorgen machen.
Er geht durchs Feuer für dich.
Auf alle Fälle kann er dir prima Baugrund besorgen, und das zu einem wirklich sensationellen Kurs.
In Jehudas Fall besorgt er ihm den Job gleich mit.
Der Jeep kurvt zwischen den Baubaracken hindurch und hält auf offenes, geplättetes Gelände zu.
»Die Agglomeration sieht ein Rechteck vor«, erklärt einer der Bauleiter aus dem Fond. »Kennen Sie sich mit der Struktur römischer Forts aus?«
»Nicht wirklich.«
Jehuda hat während seines Landwirtschaftsstudiums einige Lehrgänge in Hydrologie belegt, ohne zu ahnen, dass ihm diese Erfahrung einmal zugutekommen wird.
Vom Städtebau versteht er wenig.
»Im Osten sind zwei Dutzend mehrstöckige Gebäude geplant, in unmittelbarer Nachbarschaft des Gemeindezentrums und der Verwaltung. Die Westhälfte haben wir Einfamilienhäusern vorbehalten.«
»Großzügige Gärten«, fügt Titelmann hinzu.
»Werden Sie auch da wohnen?«, fragt Jehuda.
»Oh, ich glaube, wir sind sogar Nachbarn«, lächelt die Amerikanerin.
Ihre roten Locken züngeln im Wind.
Stupsnase, fällt ihm auf.
Ein Segen, dass Phoebe nicht zur Eifersucht neigt. Etwas geht von Alison Titelmann aus, das Frauen im Gesicht ergrünen
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