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die vollständige Kontrolle übernommen.«
»Ja, im Ländlichen«, hakt Hagen ein. »Plant ihr, auch die Städte unter eure Kontrolle zu bringen, Helmand, Kandahar, Jalalabad?«
Amanullah nickt, fährt mit den Fingern durch seinen Bart, scheint ihn unablässig zu kämmen. »Es ist inzwischen so, dass die Taliban im ganzen Land Konflikte schlichten, Recht sprechen, Entscheidungen treffen. Auch in den Zentren wächst unser Einfluss. An die Regierung können sich die Menschen nicht wenden –«
»Weil ihr sie nicht lasst.«
»Weil sie ihr nicht trauen. Wie könnten sie auch? Das System Karzai ist durch und durch korrupt.«
Womit du sogar recht hast.
»Aber selbst jene, die nicht der Regierung angehören, genießen kein Vertrauen bei den Menschen. Entweder, weil diese jeden hassen, der kein Talib ist, oder weil wir ihr Gebiet kontrollieren und verhindern, dass sie sich anderen zuwenden.«
Und so weiter, und so fort.
Kontrolle, vermerkt Hagen, ist Amanullahs Lieblingswort. Er monologisiert über die schmählichen Niederlagen, die Mullah Mohammad Omar den Juden und Christen beizubringen gedenkt, zählt im Einzelnen sämtliche Distrikte auf, in denen die Mudschaheddin das Sagen haben, prophezeit den USA , bald ohne Verbündeten dazustehen. Spricht von einer großen Frühjahrsoffensive im kommenden Jahr und dass sie sich nicht weiter wie Vieh werden abschlachten lassen.
»Die Quetta Shura hat uns wissen lassen, dass sie ihre Aktionen konzertieren wird. Heute schon brechen die Ungläubigen einmal am Tag in Wehklagen aus, im kommenden Jahr werden sie zwanzigmal am Tag Grund dazu haben.«
»Karzai hat den Taliban Angebote zur Versöhnung unterbreitet. Könnt ihr euch vorstellen, die Waffen niederzulegen und das Land mitzuregieren?«
Amanullah zieht eine verächtliche Miene.
»Der Präsident hat sich mit den Ungläubigen verbündet. Solange er sie unterstützt, kann er nicht Verbündeter der Taliban sein. Auch uns schicken die Amerikaner Nachrichten, laden uns zu Verhandlungen ein, sprechen von Versöhnung. Bei Allah!« Er hebt den Zeigefinger, beugt sich vor. »Es wäre nicht mannhaft von uns, auch nur eine dieser Nachrichten zu beantworten, während sie unsere Heimat besetzt halten, unsere Männer und Frauen eingekerkert sind in Guantánamo und Bagram, das Land in Flammen steht! Es war ein gravierender Fehler der Amerikaner, uns solche Nachrichten zu schicken. Erst wenn sie Afghanistan verlassen, sich öffentlich für ihre ruchlosen Verbrechen entschuldigen und den Afghanen Wiedergutmachung anbieten, werden wir ihnen vielleicht vergeben.«
Er redet noch eine Weile über den Dschihad, und Hagen registriert, dass sich seine Ausführungen in bemerkenswerter Übereinstimmung mit dem befinden, was Husain ihm über die veränderte Strategie der Gotteskrieger erzählt hat.
Und das erscheint ihm seltsam.
Denn eigentlich, Amanullah, solltest du ein kleines Licht sein in der Hierarchie deines Vereins. Jemand, der leichtfertig drei Geiseln gekauft hat und nun bass erstaunt ist, dass seine ranghöheren Kampfesbrüder ihn hängen lassen. Und wo wir schon mal dabei sind, für einen Provinzkrieger solltest du auch weniger gut Englisch sprechen.
Unterdessen leuchtet Amanullah den Heldenmut der Mudschaheddin weiterhin grell und von allen Seiten aus.
»Sag deinem Volk, Tom Hagen, was ich dir jetzt sage: Die Talibanhegen keinen Groll gegen andere Völker. Wir haben nichts gegen Deutsche, Engländer, nicht einmal etwas gegen die Amerikaner. Jemanden zu bekämpfen, weil er anderer Nationalität oder anderen Glaubens ist, liegt nicht in unserem Interesse. Als Gäste werdet ihr uns jederzeit willkommen sein, als Besatzer trefft ihr uns auf dem Schlachtfeld! Wir stehen am Beginn einer großen Konfrontation. Können wir sie verhindern? Ich weiß es nicht. Aber, im Namen Allahs, wir werden jeden Eindringling bekämpfen und jeden, der ihm zur Seite steht, sei er Afghane, Pakistaner, Europäer, bis Afghanistan wieder frei ist.«
»Genau so werde ich es schreiben –«, sagt Hagen.
Amanullah nickt befriedigt.
»– unter der Voraussetzung, dass wir jetzt über die Geiseln reden und was geschehen muss, damit sie freikommen.«
Er benutzt bewusst das Wort Geiseln. Verleiht seinem Tonfall Autorität, damit es nicht wie eine Bitte klingt.
»Andernfalls«, fügt er hinzu, »schreibe ich gar nichts.«
Amanullah und Muneer tauschen einen Blick, führen einen raschen, stummen Dialog. Wieder fragt sich Hagen, wie viel der Stammesführer von
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