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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Arm des Talib, murmelt etwas. Sie unterhalten sich eine Weile gedämpft. Als Amanullah wieder aufschaut, wirkt er nachdenklicher.
    »Du schreibst deinen Artikel. Wenn er bewirkt, was du uns in Aussicht stellst, lassen wir Marianne Degas vorzeitig frei.«
    »Ich habe dein Wort?«
    Amanullah nickt. »Falls du versagst, werden die drei hier sterben. Auch darauf hast du mein Wort.«
    »Ich werde nicht versagen.«
    Amanullah sieht ihn mit seinen Smaragdaugen an. Sein Lächeln verbreitert sich, gewinnt an Wärme und Herzlichkeit. Er steht auf, geht zu Keller, umarmt ihn und strahlt ihn an wie einen Bruder.

    »Ihr werdet freikommen, Max.«
    Der Entwicklungshelfer ist nach der Ankündigung, sterben zu müssen, derart verdattert, dass er die Umarmung beinahe erwidert, bevor ihm einfällt, wer ihn da an sich drückt. Seine Arme verharren gekrümmt im leeren Raum, doch Amanullah scheint wirklich glücklich über den Verlauf der Dinge zu sein. Er nimmt Bakhtaris Kopf in beide Hände und küsst ihn zweimal auf die Stirn.
    »Ihr werdet eure Familien wiedersehen! Habe ich es euch nicht immer versprochen? Ihr werdet nach Hause zurückkehren!«
    Muneer sagt etwas auf Paschtu zu den Wachen. Die Spannung im Raum löst sich. Plötzlich reden alle aufeinander ein, spürbar erleichtert über die Möglichkeit eines Auswegs aus der Situation, die sie sich eingebrockt haben. Hagens Blick wandert zu den Geiseln. Auch dort überwiegt die Erleichterung. Marianne Degas sieht verheult aus, doch sie bringt ein Lächeln zustande, neue Hoffnung im Blick.
    Nur Walid Bakhtari schaut unverändert düster drein.
    Sie lieben es, zu lügen.
    Amanullah tritt zu Hagen, legt freundschaftlich den Arm um seine Schulter.
    »Vergiss nicht«, sagt er leise, »dass wir dich und deinen Fotografen jederzeit hierbehalten könnten.«
    »Du hast uns freies Geleit versprochen.«
    »Was Menschen versprechen, ist eine Sache. Wenn wir dich morgen gehen lassen, ist es alleine Allahs Wille. Ich bin sicher, er hat dich zu uns geführt, weil er wünscht, dass du der Außenwelt von uns erzählst. Denk daran, wir alle sind in seiner Hand. Wie Brüder miteinander verbunden, Teil seines erhabenen Plans. Es mag dir so scheinen, als stünden wir auf unterschiedlichen Seiten, aber eines Tages wirst du feststellen, dass es immer nur die eine Seite gab.«
    Hagen schaut ihn an.
    »Und was, wenn es unsere ist?«
    Der Talib schüttelt nachsichtig den Kopf. »Ihr könnt nicht gegen uns gewinnen, Tom.«
    »Was macht dich da so sicher?«
    »Ganz einfach. Ihr liebt das Leben.« Amanullah lächelt. »Wir lieben den Tod.«
     
    Eine Übernachtung, drei Gebete und viereinhalb Autostunden später platzt es aus Björklund heraus:
    »Dieser kleine Scheißer verarscht uns doch!«

    »Natürlich tut er das.«
    Afeefs blauer Subaru verschwindet in einer Staubwolke. Sie gehen auf das Haupttor des Feldlagers zu, während die Sonne einen taumelnden Tanz der Moleküle entfacht. Mit jeder Minute erhitzt sich die Luft mehr. Kaum zu glauben. Es ist nicht mal elf und schon heiß wie in einer beschissenen Mikrowelle.
    Dieser Sommer sei der unerbittlichste seit Langem, sagen selbst die Einheimischen.
    Was ist hier nicht unerbittlich, denkt Hagen.
    Womöglich liegt es tatsächlich an der Hitze, am virulenten Wahnsinn. Ein paar Grad weniger, und den Bauernsöhnen in Aqli Bur wäre vielleicht nicht der Verstand durchgeschmort, und sie hätten Bakhtari, Degas und Keller ihrer Wege ziehen lassen.
    Dann hätte ich jetzt keine Story, sondern müsste weiter tatenlos zusehen, wie die Bundeswehr in Afghanistan den Frieden erzwingt. So heißt es in Amtssprache, das ist der Auftrag: Friedenserzwingung. Exakt dieses Wort haben sie in Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen dafür gefunden.
    Okay, ich muss trotzdem weiter zusehen. Brav über das berichten, was sie mir zeigen, und der Rest ist Spekulation. Das ist mein Auftrag.
    Öffentlichkeits erzwingung.
    Aber mit einem Knüller wie Heal Afghanistan in der Tasche kann es mir eigentlich egal sein.
    Er denkt zurück an die letzten Stunden. Bei Sonnenaufgang haben ihre Wachen, Aufpasser, Gastgeber, wie auch immer, das Fadschr gebetet, so wie am Abend zuvor Maghrib und Ischa. Hingebungsvoll haben sie die Suren rezitiert, und wenn Hagen selbst auch niemanden kennt, für den er sich auf eine Holzbank oder einen Teppich knien würde, klingt die Spiritualität des Augenblicks doch in ihm nach.
    Da war kein Hass.
    »Ich sehe dich im Paradies«, hat Amanullah zum Abschied

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