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rechts blockiert von einer geschlossenen Wand aus Lastwagen, links der Lavastrom des Berufsverkehrs, während sie 500 Meter weiter vorn von der A4 reindrängen. Es dürfte leichter sein, das Rote Meer zu teilen.
Der Helikopter meldet sich.
»Wir sehen ihn. Fliegen drauf zu. Die Frontscheibe spiegelt, aber da sitzen zwei Männer drin.«
»Geht’s präziser?«
»Der Fahrer hat ’ne Mütze auf.«
»Schirmmütze?«
»Ja. Verdeckt sein Gesicht. Der andere –«
Zentrale: »Das Signal ist weg.«
Cox nähert sich der Auffahrt, Bremsleuchten, Stau, die Luft bleiern von Abgasen. Palmen ragen wie riesige, umgedrehte Staubwedel aus der Mittelbepflanzung. Schlängelt sich zwischen den Schritttempo fahrenden Autos hindurch in der Hoffnung, dass Hagen wieder auftaucht, beschleunigt und schießt über den Randstreifen auf die A1.
»Stoppt den Pajero. Egal, wie.«
Rast über den Seitenstreifen die Blechlawine entlang, dem Autobahnkreuz entgegen, unter der A4 hindurch. Vorbei an einem der Streifenwagen, dem es gelungen ist, sich mit Blaulicht und Sirenengeheul ebenfalls auf die Standspur vorzuarbeiten. Sieht den Pajero Fahrt aufnehmen, wo der Verkehr wieder zu fließen beginnt, überholt ihn, drosselt das Tempo, stellt sich quer. Der Pajero kommt mit quietschenden Reifen zum Stehen, neben ihm stoppt der Streifenwagen und bringt den Verkehr so richtig zum Erliegen.
Beamte springen nach draußen. Nähern sich dem verdächtigen Fahrzeug von allen Seiten, die Waffen im Anschlag.
Im Pajero erstarren sie vor Schreck.
Kein Wunder.
Der Mann mit der Schirmmütze ist eine Frau, der Beifahrer ihr dem Herzstillstand naher Ehemann. Auf dem Rücksitz zanken sich drei Enkel um einen batteriebetriebenen Yoda mit Laserschwert. Drückt man einen Knopf im Rücken, leuchtet das Schwert rot auf, macht sssssssssss , und eine Stimme quäkt abwechselnd »Ein junger Jedi du jetzt bist« und »Möge die Macht mit dir sein«.
Mit uns ist sie definitiv nicht, denkt Cox.
Hagen gähnt. Keine weltbewegenden Nachrichten. Kerstin stellt sich tot (wozu braucht er auch eine Schneiderin), die üblichen Blitzticker, dies und das, eine SMS seines lokalen Netzanbieters, die er löscht, ohne sie geöffnet zu haben.
Schaltet das Handy wieder aus. Akku schonen. Viel hat das Aufladen am Frühstückstisch nicht gebracht, und er will gleich noch die Redaktion anrufen, bevor sie im American Colony sind.
»Jemand Hunger?«, fragt Lukoschik.
Björklund lacht trocken auf. »Nach dem Frühstück?«
»Durst?«
»Auch nicht.«
»Hinter dem Flughafen ist ’ne Tankstelle«, insistiert Lukoschik. »Ich fahr gerne raus, wenn jemand was will.«
Björklund sieht ihn an.
»Gib schon zu, dass du vergessen hast zu tanken.«
Lukoschik lacht. »Da bin ich wohl aufgeflogen.«
Also nehmen sie die nächste Abfahrt, vertreten sich die Beine, und Hagen geht ein Stück beiseite, um nachzudenken, womit er sie in Hamburg anfüttern könnte.
Seine Gedanken wandern zu Scharon.
Zur nationalreligiösen Rechten, die ihn mit Todesdrohungen überzog, ohne dass je etwas passierte.
Weil du Massel hattest, denkt Hagen.
Wenn man nämlich den Dokumenten Glauben schenken darf, schwebte der Premier 2005 fortlaufend in Lebensgefahr. Seine alten Weggefährten, geeint im Glauben an Eretz Israel, nahmen den abtrünnig Gewordenen ins Visier. Scharfmacher und Brandstifter, von denen etliche festgenommen wurden, nur dass die Beweise nicht reichten. Die Vernehmungsprotokolle jedenfalls sind der blanke Hohn. Jede Frage haben die Vernommenen mit Sprüchen aus der Thora quittiert, ohne das Geringstepreiszugeben – und dem mächtigsten Sicherheitsapparat des Nahen Ostens damit seine Ohnmacht vor Augen geführt. Dank der CD s kennt Hagen jetzt Dutzende Namen radikaler Rabbis, militanter Siedlerführer und verkappter Killer, die während der Scharon-Ära von der Jewish Division observiert wurden und wahrscheinlich immer noch werden.
Eingeteilt in Kategorien von gemäßigt bis ultraextremistisch.
Von unentschlossen bis hochgefährlich.
Es sind Protokolle aus dem Innern einer hermetisch verkapselten Glaubensgemeinschaft. Verfasst von Leuten, die inmitten der Gemeinschaft leben, gesegnet mit dem in solchen Kreisen üblichen Kinderreichtum, vertieft ins Studium der Thora.
Fromme Ideologen.
Nach außen hin.
Tatsächlich V-Leute des Schin Bet.
Verdeckte Ermittler, deren Legenden über Jahre hinweg sorgfältig gepflegt wurden. Flögen sie auf, Din Rodef und Din Moser gelangten schneller zur
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