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sondern öffnet die Augen und schaut seinem Besucher direkt ins Gesicht.
Die fleischigen Lippen zittern.
Formen Worte.
Hagen beugt sich herab, lauscht der heiseren, kaum zu verstehenden Stimme. Scharon flüstert ihm etwas zu, die Vision verfestigt sich zur Option, eine Idee nimmt Gestalt an, und er hört sich sagen:
»Du bekommst deine Sensation.«
»Gut. Das Geld kannst du uns einstweilen –«
»Du bekommst sie jetzt.«
»Ich dachte, du hast nichts außer der Division.«
»Falsch, du hast mich ja nicht ausreden lassen. Da ist noch was auf den CD s. Etwas, für das jeder mit Kusshand 25 000 Kröten abdrücken wird.« Er lässt eine kleine Kunstpause verstreichen. »Wenn nicht ihr, dann eben ein anderer.«
Vorübergehend hört er den Mann in Hamburg nur atmen.
Und denken.
»Schieß los.«
Und wieder ist es Hagen, als spalte er sich in zwei Personen auf. Gleichsam unbeteiligt hört er sich reden, verblüfft über die Dreistigkeit seines Vortrags und noch erstaunter, wie plausibel und rund allesklingt, was er da zusammenimprovisiert. Steht kurz davor, einzugreifen und sich zur Ordnung zu rufen, weil er eine Grenze überschreitet, die für ihn bislang tabu war, deren Verletzung er nicht mal ansatzweise erwogen hat, doch das Knacken in seinem Kopf, der Druck – wie Sandsäcke gehen seine Prinzipien über Bord. Unaufgeregt umreißt er das Produkt seiner Fantasie. Klar und präzise. Ist geradezu von den Socken, wie sich die Einzelheiten aufs Schönste ineinanderfügen, und das Schweigen, das folgt, lässt keinen Zweifel daran, dass er Eindruck geschunden hat.
»Bist du sicher?«, fragt der Redaktionsleiter nach einer Weile.
»So sicher, wie man nach Sichtung der Dokumente nur sein kann.«
»Ich muss mir das ansehen.«
»Kein Problem.«
»Danach entscheiden wir, ob –«
»Fehlanzeige. Entweder ich bezahle Silberman bis heute Mittag, oder er lässt den Handel platzen.«
Gespenstisch. Wie ein Routinier bedient er sich aus einem Setzkasten voller Lügen.
Doch es muss sein.
Er kann keinen weiteren Rückschlag mehr verkraften.
»Jetzt oder nie.«
Heikel für den anderen, das ist ihm klar. Sitzt auf einem Stuhl, der nicht seiner ist. Aber Hagen weiß auch, dass sich das Risiko in Grenzen hält. Der Redaktionschef ist ein guter Mann. Eine Fehlentscheidung würden sie ihm durchgehen lassen, nur wird es Hagen gar nicht so weit kommen lassen. Wird dafür Sorge tragen, dass der Schwindel niemals auffliegt.
»Wie schnell kannst du uns das Material liefern?«
»Nach Zahlung?« Hagen überlegt. Wie lange wird er brauchen? »Gib mir 24 Stunden zur Aufbereitung.«
»Beeil dich.«
»Du wirst entzückt sein.«
»Ich werde entzückt sein, wenn du lieferst.«
Am Ende des Gesprächs bekommt er, was er braucht, um das Schicksal eine weitere Weile lang zu betrügen.
Der Handel steht. Und damit die Frage im Raum, wie um alles in der Welt er das bloß deichseln soll.
Er schaut aufs Display. Akku fast wieder alle.
Schaltet das iPhone aus.
»Wie bitte?«
»Was erzählt der da?«
»Völliger Blödsinn!«
»Unmöglich.«
Ortungszentrale, entgleiste Gesichtszüge, nachdem sie Hagens Telefonat mit angehört haben. Kurz war der Journalist wieder auf Sendung, im Umfeld einer Tankstelle mit Rastplatz, wenige Kilometer hinter dem Ben Gurion International Airport.
Ben-Tov steht kurz davor, die Fassung zu verlieren.
»Das ist doch komplett hirnrissig!«
Ist es das?, denkt Perlman. Es klingt so. Aber was hat nicht alles schon hirnrissig geklungen, bis es sich als zutreffend erwies.
»Signal verloren«, sagt die Frau an den Monitoren.
»Was?«
»Er ist weg.«
Zum Verrücktwerden. Im Moment, da Hagen sichtbar wurde, hat der Helikopter Kurs auf die Tankstelle genommen, sind Streifenwagen vom benachbarten Autobahnrevier losgebrettert. Jetzt suchen sie das Gelände ab, Zapfsäulenbereich, Terminal, Restaurant, Multistore, Picknickareal, Toiletten, Parkplätze für Pkw und Schwerlaster. Im Ländlichen stehen die Sendemasten weniger dicht, Hagen kann sich in einem Radius mehrerer Hundert Meter aufhalten, fast ein Quadratkilometer Fläche, den sie durchkämmen müssen.
Voller Autos.
Voller Menschen.
Den Kerl zu verlieren, scheint zur Gewohnheit zu werden.
»Okay.« Ben-Tov löst sich aus seiner Starre. »Ric, schalten Sie die Kommandeure zusammen, ich verständige den Direktor. Das betrifft alle.«
Der Direktor scheint zu meditieren.
Die oberste Instanz des Schin Bet hält die Augen geschlossen, während
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