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gesagt und ihm eine CD überreicht. »Inschallah, mein Freund.«
Und ihn an sich gedrückt.
Dann sind ihnen die bereits vertrauten Säcke über den Kopf gezogen worden, helfende Hände haben sie aus dem Haus geführt und in den Land Cruiser verfrachtet, wo Ihrgut, die rührige Seele, als Erstes die Wasserflasche nach hinten reichte. Weniger Kinder diesmal, nur der klagende Abschiedsruf eines Esels. Und wieder Gerumpel, zweieinhalb Stunden lang. Der Fahrer ist heute schneller unterwegs, die Gegend sei voller bewaffneter Banditen. Die Übergabe an anderer Stelle, parzelliertes Ackerland, Dörfer, die sich die Hänge hochstapeln. Afeef erklärt, sie seien weiter südlich im Distrikt Pol-e Chomri der Provinz Baglan, grinst und gibt ihnen ihre Handys zurück wie Weihnachtsgeschenke.
Hagen schaut dem kleiner werdenden Subaru hinterher.
»Nie im Leben lassen die das Mädchen vorzeitig frei«, knurrt Björklund.
Stimmt. Amanullah hat sie zum Narren gehalten. Der Kerl ist alles andere als ein Provinzler, der zu groß eingekauft hat und nun versucht, an der Quetta Shura vorbei ein Geschäftchen abzuschließen. In Wirklichkeit ist es nämlich so gelaufen: Die Führungsriege, aufgeschreckt durch Husains Vorstoß, hat getagt, um über eine Geiselnahme zu beraten, die eigentlich schon abgehakt war. Nur dass da plötzlich dieser Reporter auftaucht und ihnen einen mittleren Medienhype in Aussicht stellt. Das können sie natürlich nicht in den Wind schlagen, wo es doch genau darum gehen soll in ihrer High-Target -Strategie, also sagen sie sich, gut, schauen wir uns den Burschen mal an, und wenn er glaubwürdig ist, steigen wir vielleicht doch noch in die Sache ein.
Und sie schicken Amanullah.
Der dürfte inzwischen zurückgefunkt haben, was für überaus nützliche Idioten er bei Muneer angetroffen habe. Wenn also Marianne Degas’ tränenfeuchte Augen demnächst von allen Titelseiten flehen –
»Haben die drei die längste Zeit Muneers Tee getrunken«, sagt Björklund. »Sie werden ins Hochgebirge verschleppt, und das war’s.«
Die Posten erkennen sie, winken sie durch.
»Es sei denn, wir lassen die Sache auf sich beruhen.«
Hagen schweigt, verstrickt in Gedanken. Verspätet dringen Björklunds Worte zu ihm durch.
»Hab ich das gerade richtig verstanden?«
»Was?«
»Ich hörte so was wie, wir lassen die Sache auf sich beruhen.«
»Na ja.« Der Fotograf zögert. »Wir sind uns doch einig, dass das keine Stümper waren, oder?«
»Sieht so aus.«
»Ich meine, keiner von denen, die wir gestern getroffen haben, hat ein Problem mit der Quetta Shura. Das war die verdammte Quetta Shura!«
»Ganz deiner Meinung.«
»Wir hatten’s aber anders erwartet. Du hast gesagt, die Quetta Shura hält den Ball flach. Sie wollen bis auf absehbare Zeit keine Geiselnahmen. Hast du gesagt!«
»Das hat Bilal gesagt.«
»Ist doch scheißegal, wer es gesagt hat, jedenfalls sind wir da rausgefahren, weil genau das die Information war. Du wolltest Verhandlungen mit einem Haufen Provinzdeppen in Gang setzen, die froh sein können, ihre Geiseln gegen ein paar Hunderttausend Euro und ein bisschen Publicity quitt zu werden. Jetzt haben die Häuptlinge beschlossen, einzusteigen. Wir helfen der Quetta Shura, Mann. Das war nicht vorgesehen. Wir unterstützen professionelle Geiselnehmer!«
»Worauf willst du eigentlich hinaus?«
»Gar nichts zu veröffentlichen. Wenn wir es nicht an die große Glocke hängen, lassen sie die drei vielleicht laufen.«
»Quatsch.«
»Was soll Amanullah mit wertlosen Geiseln?«
»Vergiss es. Wenn er keinen Profit aus ihnen schlagen kann, wird er sich ihrer entledigen, und zwar so.« Hagen zieht die Handkante über den Kehlkopf.
»Ist nicht gesagt.«
»Lies die Statistiken. Geiseln, die nichts einbringen, werden fast immer liquidiert.«
Stimmt das? Hagen beschließt, dass es stimmt.
»Verhandlungen garantieren ebenso wenig, dass sie freikommen«, insistiert Björklund.
»Doch, wenn der Deal stimmt.«
»Denk an Mastrogiacomo. Verdammt, die haben seine Leute geköpft!« Björklund hält zwei ihrer Enthauptung harrende Finger hoch. »Und da wurde verhandelt.«
Sie nähern sich Holzhausen, einem Trakt von rührender Volkstümlichkeit. Gezimmerte Verandabauten lassen Assoziationen an den Schwarzwald aufkommen, konterkariert von knallgrünen Duschcontainern, Raketenunterständen und Sandsackbarrieren. Luxusquartiere, verglichen mit den Baracken, in denen die Soldaten schlafen. In Holzhausen werden
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