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locken!«
»Weil wir ein Recht haben, dort zu leben.«
»Und das soll friedlich verlaufen?«
»Aber sie attackieren doch uns. Nicht nur in Hebron. Sogar in Kiryat Arba leiden wir unter ihren Übergriffen.«
»Weil ihr sie provoziert.«
»Das bringt nichts, Jehuda. Du müsstest dir selbst ein Bild machen.«
»Ihr schürt einen Terror, der das ganze Land in den Abgrund reißt. Mann, Ben, es geht nicht darum, wer in Hebron wen bespuckt oder mit Steinen bewirft, ihr gefährdet Israel .«
»Aber nein –«
»Und dein Levinger nimmt das in Kauf.«
»Er ist nicht mein Levinger. Warum willst du das nicht verstehen? Wenn es nun eine allerletzte Schlacht erfordert, um –«
»Ben.« Jehuda legt eine Hand auf die seines Bruders. »Sag mir einfach, dass es nicht wieder vorkommt.«
»Was?«
»Dass du nicht noch mal auf jemanden schießt.«
Benjamin schaut ihn an.
Dann lächelt er. Hebt eine Hand wie zum Schwur.
»Und das heißt jetzt?«, fragt Jehuda.
»Ganz bestimmt nicht.«
»Mutter hat sich das Thema heute Abend verkniffen, aber du kannst dir vorstellen, wie sie das mitnimmt.«
»Ich werde nicht wie Levinger, keine Angst.«
»Hm.«
»Du kennst mich. Wir sind Brüder.«
Jehuda weiß, das sollte ihn beruhigen, aber er fühlt Befangenheit.
Kenne ich dich?
Gib auf ihn acht, hat Rachel ihm vor Jahrzehnten eingeschärft, und eine Weile hat er das auch. Er und Arik haben den Schwächeren in ihre Mitte genommen, sich romantisch zum Triumvirat verschworen. Wer Benjamin etwas zuleide tun wollte, musste erst an Arik und Jehuda vorbei, und wenn er an ihnen vorbei war, hatten sich seine bösen Absichten gemeinhin in Kopfschmerzen verloren.
Wann sind wir uns entglitten?, denkt er. Hätte ich besser auf dich achten sollen? Hätte ich es überhaupt gekonnt?
»Sie werden dich anklagen.«
»Nein.« Benjamin schüttelt den Kopf. »Wahrscheinlich nicht.«
»Weil es Notwehr war?«
»Weil es Notwehr war.«
Wie auch anders. Als Levinger vor zwei Jahren einen palästinensischen Ladenbesitzer erschossen hat, ging er dafür nicht mal ins Gefängnis.
Benjamin legt Jehuda einen Arm um die Schulter.
»Ich will doch nur, dass alle glücklich sind«, sagt er leise. »Jeder auf seine Art. Ich weiß, ihr habt genügend andere Sorgen. Es tut mir leid, was Phoebe durchmachen musste, jetzt auch noch euer Umzug – und du sorgst dich um Uri, stimmt’s?«
Jehuda starrt hinaus in die Nacht.
Unruhen im Westjordanland, Terror aus dem Libanon. Arik versucht seit Wochen, Begin für einen Schlag gegen die PLO -Milizen im libanesischen Grenzland zu gewinnen.
Uri in Uniform.
Sein Sohn wäre einer von denen, die dort einmarschieren müssten.
»Komm mit rein«, sagt er. »Die anderen vermissen uns.«
Tel Aviv
Am Abend des 3. Juni geht Shlomo Argov ins Londoner Dorchester Hotel zu einem Bankett.
Argov ist, was man eine schillernde Persönlichkeit nennt, kultiviert, charismatisch, überzeugend. Als er mit 21 in New York Politische Wissenschaften studiert, hat er bereits eine komplette militärische Karriere hinter sich, inklusive ehrenvolle Verwundung in der Schlacht um Safed, doch seine wahre Begabung liegt in der Diplomatie. Erste Stationen führen ihn nach Ghana und Nigeria, zurück nach New York, er wird Botschafter in Mexiko, in den Niederlanden, übernimmt schließlich das Konsulat in Großbritannien.
Die Königsdisziplin, gleich nach Washington.
In diesem Frühjahr braucht die Militärmacht Israel ihre Diplomaten dringender denn je. Arafat hat den mühsam vermittelten Waffenstillstand einseitig aufgekündigt, baut seine Machtbasis im Libanon rasant aus und exportiert die Gewalt – er selbst nennt es Befreiungskampf – nun in ganz großem Stil. Ein Pandämonium terroristischer Splittergruppen stürzt Israels Norden ins Chaos. Begin bombardiert palästinensische Stützpunkte, die PLO antwortet mit Granaten und Katjuscha-Raketen. Der gordische Knoten, den es zu zerschlagen gälte, wäre Arafats Hauptquartier, doch dafür müsste Zahal bis Beirut vorrücken, und das hieße, einen Krieg vom Zaun zu brechen, der zwangsläufig in eine Konfrontation mit Arafats Protektor Syrien münden würde. Unerfreulich, aber immer wahrscheinlicher – sah man Scharon nicht erst im Januar die libanesische Christenhochburg Dschunieh besuchen und sich dort mit Bachir Gemayel und seinen Falangisten treffen? Gemayel, heißt es, habe dem Verteidigungsminister ein korrumpierend opulentes Festmahl aufgetischt und ihm den Einmarsch in den Libanon so
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