Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Weichzeichnungsinitiative hatte weder bei Amerikanern noch Europäern verfangen, in ihren Augen war Scharon dem Frieden so förderlich wie Brandbeschleuniger. Die Weltpresse kochte den schmählichen Bodensatz seiner Vergangenheit auf, Einheit 101, Sabra und Schatila, Siedlungswahn, Besuch auf dem Tempelberg. Als er in Washington erstmals das Oval Office betrat, schlug ihm die Atmosphäre eines Kühlhauses entgegen.
    Was sich schnell änderte.

    Zu aller Überraschung verstand er sich bestens mit Bush. Verblüffte den Texaner mit moderaten Tönen. Frieden? Klar doch. Zugeständnisse? Sicher. Palästinenserstaat? Nichts lieber als das. Über alles werde er reden, sobald Arafat der Gewalt ein Ende setze. In den darauffolgenden Monaten hielt er die Füße still, wies Zahal an, Ruhe zu bewahren, und vermied Strafexpeditionen in palästinensische Autonomiegebiete. Bush gelangte seinerseits zum Schluss, Arafat gehe mit amerikanischen Hilfszahlungen nicht ganz so pfleglich um wie gedacht; offenbar floss da mehr Geld in die Anschaffung von Waffen und Sprengstoff als in Schulen und Kindergärten. Mit jedem Anschlag verschob sich sein Bild zu Ariks Gunsten, und auch der Rest der Welt begann den Bulldozer anders wahrzunehmen.
    Alle Achtung.
    Der Mann konnte ja richtig zurückhaltend sein.
    Ganz genau, und je mehr er sich zurückhielt, desto mehr trat Arafats wahres Gesicht zutage. Das war der Plan. Und er ging auf. Das Image des Palästinenserpräsidenten bröckelte, Ariks Mäßigungspolitik schuf Vertrauen, auch weil seine andere Politik, die der gezielten Tötungen, im Getöse der Intifada nicht weiter auffiel. Dafür erwies sie sich als effektiv. Targeting ersetzte die Hau-drauf-Aktionen der Vergangenheit, kurzzeitig ebbte der Terror ab, ein amerikanischer Report gelangte zu dem Schluss, nicht Arik, sondern die PA verantworte die Zweite Intifada, jeden Morgen versüßten ihm seine Zustimmungswerte die Fahrt ins Büro.
    Dann reihte sich ein junger Mann in die Schlange wartender Teenager vor der Diskothek Dolphinarium.
    Tel Aviv, Freitagnacht.
    Riesenandrang.
    »Gleich wird hier was passieren«, ließ er die Umstehenden mit geheimnisvoller Stimme wissen. »Hier wird richtig was passieren. Gleich, gleich, gleich.«
    Und sprengte sich in die Luft.
    21 Tote, über 130 Verletzte. Dahinrasende Krankenwagen, zerfetzte Körper unter Plastikplanen, herumliegende Körperteile.
    Arik in Bedrängnis.
    Was er an dem Abend auf dem Platz vor dem Dolphinarium erblickte, ließ sein Herz aussetzen. Die Westjordanlandausgabe der Hamas hatte den Attentäter geschickt, ihre Führer saßen in Nablus, einem Hornissennest des Terrors. Arik bebte vor Wut und Trauer, dann bezwang er sich und erklärte den Reportern:

    »Wir müssen die Lage als Ganzes erfassen. Diese Verantwortung lastet auf meinen Schultern, und ich sage Ihnen, auch Zurückhaltung ist ein Machtmittel.«
    Ariel Scharon und Zurückhaltung.
    Schon wieder.
    Und dabei hätten sie ihm diesmal alles zugestanden. Jedem war klar, dass es übermenschliche Willenskraft erforderte, Nablus nicht von der Erdkugel zu tilgen, doch Arik zeigte sich nur umso entschlossener, der Provokation zu widerstehen. Leitartikel würdigten ihn rund um den Globus, Bush lobte ihn in höchsten Tönen, Joschka Fischer flog nach Ramallah und nahm Arafat in den Schwitzkasten:
    »Die Flugzeuge stehen vor den Hangars. Die Bomben sind eingeklinkt. Die Motoren laufen, sie sind angriffsbereit. Das ist Ihre letzte Chance, einen Großangriff zu vermeiden! Stoppen Sie den Terror, kehren Sie zu Recht und Ordnung und zum Friedensprozess zurück.«
    Arafat, ein Bild der Zerknirschung.
    Gelobte, sein Bestes zu tun.
    Pizzeria Sbarro, Ecke King George Street, Jaffa Road, eine der belebtesten Fußgängerkreuzungen Jerusalems.
    Mittagszeit.
    15 Tote und 130 Verletzte.
    Schon nach dem Dolphinarium-Massaker hatte die Rechte Vergeltung gefordert, jetzt fiel sie über Arik her. Mochte die Welt ihm tausendmal attestieren, moralisch an Boden gewonnen zu haben, in Israel interessierte das gerade niemanden. Fast täglich rissen Bomben Menschen in den Tod, sie erwarteten jetzt einfach von ihm, das Problem zu lösen. Während Arik noch zögerte, lenkten Dschihadisten zwei Flugzeuge in die Twin Towers, und Bush, bis dahin eine Art Teilzeitpräsident, entflammte für den Krieg gegen den Terror. Er scharte eine abenteuerliche Allianz der Willigen um sich, auch Saudi-Arabien und Ägypten gehörten dazu, und von keinem der beiden wollte sich der

Weitere Kostenlose Bücher