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dann tun soll. Er WILL es, klar! Will es wie nichts auf der Welt, leuchtend, strahlend, sonnengleich steht es im Raum, von großer Schönheit und großem Wert, und genau das irritiert ihn. Sex, körperlich auspumpen – das ist ihm vertraut aus den dunklen Jahren. Tom Hagen, gut genug für einen Fick, aber nichts wert, der Mistkerl.
Benutz ihn. Wirf ihn weg.
Liebe verdient der nicht.
Die einzig plausible Sichtweise, die eine Frau auf ihn haben konnte, und der einzig plausible Schutz war, vorauseilend dicht zu machen. Den Zyniker zu geben. Offensiv zu verkünden, ein Arschloch zu sein, weil es einem erspart, es von anderen zu hören. Am Ende begann er die zu verachten, die seine Nähe suchten, weil man schon ganz schön erbärmlich sein musste, um sich mit ihm einzulassen – doch Yaels Kuss flutet die Festung, in der er sich eingemauert hat, drängt mit Macht gegen die verkrusteten Wälle –
( WARUM ?)
(Was willst du dadrin, in diesem von Toten bevölkerten Loch? Da ist nichts, was du wollen kannst.)
Doch was soll sie noch finden, was er nicht offengelegt hätte?
Die Festung hat ihre Geheimnisse preisgegeben.
Yael geht in die Offensive.
Knöpft sein Hemd auf, reißt es herunter, öffnet seine Hose, zerrt daran. Streift ihr T-Shirt über den Kopf, ihr BH segelt davon –
Und alles fällt ihm wieder ein.
Alles, was den Unterschied ausmacht, wenn es um mehr geht.
Nähe, Vertrauen, Zärtlichkeit.
Liebe –
Er wirft sie auf den Rücken, streift ihr Jeans und Slip ab. Jetzt ist sie ganz nackt, und sein Herz setzt aus, stolpert und schaltet zwei Gänge hoch, so schön und verletzlich ist sie, während in seinem Hinterkopf die nörgelige Stimme der Selbstentwertung Protest einlegt, nein, Yael, lass die Finger von mir, ich bin ein Stück Scheiße, ich tu dir nur weh –
( LASS MICH IN RUHE !)
( HAU AB !)
Er küsst sie. Von unten nach oben. Nimmt sich Zeit, sie soll es genießen. Er will es, darf es genießen. Küsst ihre Füße, Waden, ihre Schenkel, die sie jetzt öffnet, küsst sie zwischen den Beinen, sanft, zurückhaltend, zieht das Tempo an, steigert es, erhöht den Druck, bringt sie bis nah an den Höhepunkt. Liebkost ihren Bauch, ihre Brüste, küsst sie so, wie sie ihn geküsst hat, saugt das alte Gift aus ihr heraus, nimmt ihren Schmerz in sich auf.
Stürzt in ein reinigendes Feuer.
Ist in ihr.
Sie kommen gleichzeitig.
Yael presst sich an ihn.
Er hält sie umschlungen, immer noch verwirrt und verunsichert, nur dass sich seit Jahren nichts mehr so gut und richtig angefühlt hat. Horcht in sich hinein, auf den inneren Richter, doch da ist niemand mehr.
Was geschieht mit uns?
Eine Liebesgeschichte?
Nein. Noch nicht. Vielleicht nie, und die kurze Zeit ihrer Bekanntschaft einen Flirt zu nennen, würde erfordern, Flirten völlig neu zu definieren, als Überlebenskampf, erschwert von gegenseitigem Misstrauen – aber vielleicht ist die Antwort viel einfacher: Im Moment, da er Afghanistan mit ihr geteilt, wirklich geteilt und sie an sich herangelassen hat, starb etwas in ihm. Über den Tod hinaus kann Leiden nicht existieren, also musste er dem Ungeheuer vergeben, sich von ihm abwenden –
Es sterben lassen.
Jetzt liegt es am Boden.
Es hat sein Gesicht, seine Gestalt, aber es ist nicht länger er.
Ungewohnt.
Er streichelt Yaels Rücken. Wie Glas erscheint sie ihm, kurz vor dem Zerspringen. Der Kampf ist noch lange nicht ausgestanden, ihr Ungeheuer randaliert weiter, tief in ihr drin. Mit seismografischem Gespür registriert er dieses Wüten, sagt leise:
»Raus damit.«
Sie hebt den Kopf, schaut ihn an.
Er nickt. »Erzähl es mir.«
»Das willst du nicht wissen.«
»Doch. Wie soll ich sonst auf dich aufpassen? Und ich kann mir gerade nichts Wichtigeres vorstellen, es –« Schmeckt die Worte ab, wie gut es tut, sie auszusprechen. »– ist das Wertvollste seit Langem.«
»Oh. War das ein Kompliment?«
»Klar.« Er grinst. »Komplimente sind die einzige Währung, in der ich noch bezahlen kann.«
Ein Lächeln tritt in ihre Augen.
Verschwindet wieder.
Und das Monster kommt aus seinem Versteck –
2005
Jerusalem
Yael schläft miserabel. Die Ereignisse der vergangenen Monate haben sie aufgewühlt, oft liegt sie stundenlang wach, und wenn sie Schlaf findet, plagen sie Albträume. Dabei müsste sie hundemüde sein. Die Arbeit im Krankenhaus geht ihr mächtig auf den Akku, außerdem verbringt sie viel Zeit in Efrat, um David und Miriam unter die Arme zu greifen, die Phoebe zu sich genommen
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