Breaking News
verspürt, und das Bedürfnis war übermächtig. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht, scharenweise liefen sie dem Likud und der Awoda davon und strömten ihm zu, vor vier Wochen dann große Pressekonferenz:
»Im Zentralkomitee ist das Leben unerträglich geworden. Ich habe mit endlosen Schwierigkeiten und Hindernissen zu kämpfen. Unter diesen Umständen kann ich das Land nicht führen, aber ich will und werde es führen!«
Verkündete den Namen der neuen Partei.
Kadima, Vorwärts. Das Ganze artete zum Happening aus, seine Anhänger falteten ihre alten Mitgliedskarten zu Papierfliegern, die Dinger zischten umher und verbreiteten gute Laune, minutenlanger Applaus, das Volk schier von der Rolle, und jetzt hat sich ihnen sogar noch Schimon Peres angeschlossen.
Tock, tock, tock –
Emsig sind Steinmetze damit befasst, Hieroglyphen in Friese zu hauen, wie ehedem zu Ramses’ Zeiten.
Diesmal meißeln sie Ariks Namen.
Er steht so nah davor, Geschichte zu schreiben.
Und jetzt das.
Er kann sich vorstellen, wie seinen Gefolgsleuten der Schweiß von der Oberlippe perlt. Bislang ist Kadima ausschließlich auf ihn zugeschnitten, sein Führungspersonal nicht mal umfänglich über seine Pläne informiert.
»Wir müssen dringend eine Erklärung abgeben«, sagt er.
»Schon vorbereitet«, nickt Ben-Hur. »In zehn Minuten treten wir vor die Presse: Dass Sie einen leichten Schlaganfall erlitten hätten, Ihr Zustand sich aber deutlich verbessert habe. Keine invasiven Maßnahmen erforderlich, Entlassung in Kürze.«
»Gut. Schickt mir danach ein paar Journalisten aufs Zimmer.«
Der Arzt runzelt die Stirn. »Wozu denn das?«
»Wozu?« Arik breitet die Arme aus. »Um ihnen einen voll bekleideten, bestens gelaunten Ministerpräsidenten zu präsentieren.«
»Tut mir leid, aber –« Ben-Hur schüttelt den Kopf. »Das halte ich für keine besonders gute Idee.«
»Die Presse muss wissen, dass der Wahlkampf normal weiterläuft.«
»Dafür geben wir ja die Erklärung ab.«
»Nein, nein. Sie muss mich sehen .«
»Das wird sie.«
»Wann?«
»Morgen.«
»Zu spät. Niemand soll auch nur eine Nacht lang Zeit haben, über meinen Zustand zu spekulieren.«
»Ich rate Ihnen dringend zur Ruhe.«
»Und ich weiß Ihren Rat zu schätzen.«
Im Klartext: Send in the Clowns.
Folgenden Tags weiß jeder, der Zeitung liest und einen Fernseher besitzt, dass ein breit lachender Ariel Scharon gegen Mitternacht im Hadassah Hospital mit politischen Korrespondenten zusammengesessen und forsche Töne angeschlagen hat.
Titelzeile: Anachnu holchim kadima! – Wir gehen vorwärts!
Die Schwindelanfälle, die ihn noch während der Nacht plagten, sind verschwunden, sein Zimmer gleicht einem Taubenschlag. Omri, Gilad, Inbal, seine Enkel, Kadima-Führungspersonal und Vertraute des Ranchforums geben sich die Klinke in die Hand.
Bush ruft aus Washington an.
»Passen Sie auf sich auf, alter Freund. Wir müssen Schulter an Schulter den Terror besiegen, da darf der Ministerpräsident Israels nicht im Krankenhaus liegen.«
Rät ihm, abzunehmen.
Sport zu treiben.
Weniger Stress, weniger Junkfood.
Recht hat er – schon denkt Arik wieder an ein schönes Falafel mit Tahini-Sauce und ordentlich Knoblauch. Könnte Bäume ausreißen. Funktioniert sein Bett zum Regierungssitz um, lässt Stühle für sein Team bringen. Gegen Mittag hört er einen seiner Assistenten zu einem anderen sagen: »Wenn der weiter so powert, werden wir bald krankenhausreif sein«, und amüsiert sich königlich. Währenddessen füttert das Krankenhaus die Medien mit beruhigenden Statements. Ja, dem Ministerpräsidenten gehe es gut. Nein, seine Arbeit sei in keiner Weise beeinträchtigt. Ja, er werde sehr bald wiederhergestellt sein. Dabei fühlt Arik sich längst wiederhergestellt, weiß gar nicht, wozu sie ihn noch eine weitere Nacht dabehalten wollen, aber wenn sie es unbedingt für erforderlich halten –
»Wir wüssten gerne, wie der Blutpfropfen in Ihr Hirn gelangen konnte«, erklärt ihm Ben-Hur, und als Nächstes würden sie eine Schluckechountersuchung durchführen.
Schluckechountersuchung. Wenn es sie glücklich macht.
Tut es.
Denn diesmal finden sie etwas.
Ein Loch.
Ein winzig kleines, gleichwohl höchst verdächtiges –
»Loch?«
»Erst mal nichts Schlimmes«, beruhigt ihn Ben-Hur. »Ein offenes Foramen ovale. Etwa ein Viertel aller Menschen hat das, in der Scheidewand zwischen den Vorhöfen des Herzens, ohne je im Leben einen Schlag zu
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