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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Anfang, Mitte 40, schätzt sie. Braunes Haar fällt ihm in die Stirn, über Ohren und Kittelkragen. Die Hornbrille ist zu wuchtig für seinen Typ, den Schnurrbart würde sie ihm raten abzurasieren.
    »Ja?«
    »Bug.«
    Er kommt näher, macht Anstalten, die Rechte auszustrecken, was nicht geht wegen der Akten. Beginnt umständlich, sie unter dem linken Arm zu versammeln.
    »Bug?«
    »Schimon – äh –« Die Akten rutschen durcheinander, Blätter flattern heraus. »Mist!« Fingert danach. »Bug. Schimon Bug.«
    Bug? Nie gesehen, nie gehört.
    »Womit kann ich dienen, Dr. Bug?«
    »Tut mir leid, wenn ich so reinplatze.« Er bückt sich, sammelt die Dokumente wieder ein. »Ich wollte nur – wissen Sie, ich bin den ersten Tag hier, und wie das so ist, wenn man irgendwo neu anfängt, ich kenne keinen Menschen –«
    »Mhm.«
    »– das dachte ich jedenfalls, bis ich plötzlich Ihren Namen auf dem Dienstplan las.«
    Yael mustert ihn überrascht. »Wir kennen uns?«
    »Kennen ist zu viel gesagt. Sie waren ungefähr so groß.« Er hebt die Hand auf Meterhöhe. »Falls Sie es überhaupt sind.«
    »Wer sollte ich denn Ihrer Meinung nach sein?«

    »Die Tochter von Jehuda Kahn?«
    »Stimmt.«
    »Freut mich.« Hält ihr in einem neuerlichen Versuch die Rechte hin. Yael ergreift sie. Angenehmer, fester Händedruck. »Wir wohnten ein paar Straßen weiter, aber Sie werden sich kaum erinnern. Jamit. Als der Sinai geräumt wurde, dürften Sie gerade mal – Gott, wie alt gewesen sein?«
    »Baujahr ’78«, sagt Yael.
    »Sehen Sie. Aber wir haben noch was gemeinsam. Gaza.«
    »Sie haben in Gaza gelebt?«
    »Eine Weile. Nach der Räumung sind wir nach Dugit übersiedelt.«
    Jetzt ist Yaels Interesse geweckt. Wenn dieser Bug in Dugit gelebt hat, waren sie praktisch Nachbarn. Sie hatte Freunde in Dugit, aber an einen Schimon Bug kann sie sich nicht erinnern.
    »Eigenartig.« Sie lächelt. »Warum sind wir uns nie über den Weg gelaufen?«
    »Muss am Altersunterschied gelegen haben.« Die Akten versuchen sich selbstständig zu machen. Er schiebt sie zusammen. »Ein Achtzehnjähriger hat andere Dinge im Kopf als Erstklässlerinnen. Außerdem bin ich Ende der Achtziger weggezogen. Hab in Tel Aviv studiert, Sie wahrscheinlich auch?«
    »Klar. Wo haben Sie bis jetzt gearbeitet?«
    »Sheba Medical Center. Neurochirurgie.«
    »Da hab ich mein praktisches Jahr gemacht.«
    »Guter Laden«, nickt Bug. »Nette Kollegen. Aber ich wohne in Jerusalem, für mich ist das Hadassah näher, und als die Stelle frei wurde – wie gesagt, mein erster Tag.«
    »Na dann.« Sie breitet die Arme aus. »Willkommen.«
    »Danke.« Bug lächelt scheu. »Ich muss allerdings gestehen, ich bin nicht ganz ohne Hintergedanken hier.«
    »Oh.« Yael hebt die Brauen. »Wie aufregend.«
    »Nun ja –« Er wird tatsächlich rot. Wie süß. »Es lässt sich nicht vermeiden, in das eine oder andere Messer zu laufen, und ich hab heute Abend noch ein Riesenmeeting mit der obersten Heeresleitung, und – also, ich hatte gehofft, sie würden mich ein bisschen dopen.«
    »Dopen?«
    »Auf was man hier so zu achten hat. In den heiligen Hallen. Auf wen, vor allem. So von Gaza-Veteranin zu Gaza-Veteran.«
    Eigenartiger Vogel, denkt Yael. Irgendwie nerdig, dabei keineswegs unsympathisch. Würde man ihn der gestaltenden Kraft eines Typberaters anvertrauen, könnte unter der Zottelmähne sogar etwas Brauchbares zum Vorschein kommen.
    »Warum nicht?«
    »Wirklich? Oh, das – wäre ausgesprochen nett.«
    »Nur gerade ungünstig. Ich hab jede Menge Neuaufnahmen, alle rotieren hier wie die Brathähnchen.«
    »Wegen Scharon, nehme ich an.«
    »Ja, Sie haben sich den Idealstart ausgesucht. Sagen wir, um fünf?«
    Bug strahlt. Geht zur Tür.
    »Falls Sie einen netten Laden kennen, der für Sie auf dem Weg liegt –«
    Sie schlägt ein Café in Ein Kerem vor. Er kämpft mit seinen Akten, greift nach der Türklinke, verfehlt sie.
    »– lade ich Sie auf einen Kaffee – also bis später dann.«
     
    »Tee. Ausschließlich Tee.«
    Bug lächelt. Er wirkt aufgeräumter als vorhin. Sie sitzen im hinteren Bereich, wo sie ungestört sind.
    »Verstehe. Die andere Fraktion.«
    »Katzen und Tee. Ich bin die Katzen-und-Tee-Fraktion. Und Sie?«
    »Hunde und Kaffee. Wissen Sie, was die Japaner sagen, wenn sie einen charaktervollen Menschen beschreiben?«
    »Was denn?« Yael träufelt Zitrone in ihren Darjeeling.
    »Er hat Tee in sich.«
    »Nicht schlecht. Wollen Sie wissen, was Churchill sagte, als man ihn

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