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– Nicht währenddessen.
Sie versucht es.
Zwischen Blutabnahmen und Endoskopien nimmt sie sich Zeit für Rivka Abramovitch, die Yael davon vorschwärmt, wie NETT der sei, heute noch netter als gestern, und sie freue sich schon auf den Ausflug in wenigen Stunden.
Die Mittagspause verbringt Yossi Backenroth wie gewohnt in der Kantine. Yael nicht, die Abramovitch im Auge behält. Bedingt durch ihren zerfledderten Tagesplan, fehlt es der Schwester vorne und hinten an Zeit, unermüdlich klappert sie die Krankenzimmer ab und gibt ihre strahlende Laune an die Patienten weiter. Redselig hin oder her, auf der Station wird sie geschätzt, zu Recht, zweifellos ist sie für die Aufgabe prädestiniert, die man ihr zugedacht hat.
Und hungrig.
Yael überredet sie zu einem Thunfischsandwich.
»Ich will sowieso runter, soll ich dir eines mitbringen?«
Da sagt Abramovitch nicht Nein, und das ist schon mal gut, denn einem Thunfischsandwich kann man so ziemlich an allem die Schuld geben.
Doch erst mal geschieht nichts.
Es wird Nachmittag.
15:00. 15:30.
Allmählich müssten sich erste Symptome einstellen, doch Abramovitch watschelt die Korridore rauf und runter wie ein kerngesunder Pinguin.
16:00, 16:15.
Yael beginnt sich Sorgen zu machen. Inzwischen weicht sie derSchwester nicht mehr von der Seite, lässt es wie Zufall aussehen, dass sie ständig in der Nähe ist, kommt sich schon wie eine halbe Geheimagentin vor. Irgendwie ist alles bedrohlich real und zugleich unwirklich wie in einem Kinofilm.
Yael, Klappe, die Vierte.
Abramovitch strebt zur Medikamentenausgabe und pfeift ein Lied. Nimmt Tabletten und Spritzen in Empfang, eilt zu den Fahrstühlen. In wenigen Minuten wird sie ein weiteres Mal in den Wagen steigen, der sie zur Schikmim-Farm bringt.
Was ist los? Die Wirkung müsste längst eingesetzt haben.
Yael flutscht zwischen den sich schließenden Türen hindurch.
»Geht’s wieder auf Tour?«
»Ja, ja.« Abramovitch streichelt fast liebevoll ihre Medikamentenbox. »Geheimauftrag Negev.« Kichert. »Roger Moore wartet schon im Wagen.«
»Pierce Brosnan«, sagt Yael.
»Ich meine James Bond, Kindchen.«
»Ich auch. Den spielt inzwischen Pierce Brosnan.«
»So?« Abramovitch zieht die Brauen hoch. »Kenne ich nicht. Sieht er so gut aus wie Roger Moore?«
»Mindestens.«
»Schön. Dann wäre ich auch damit einverstanden.«
Was hat die Frau bloß für eine Konstitution? Gedärm und Magenwände mit Edelstahl ausgekleidet?
»Du begleitest mich?«, stellt Abramovitch freudig erstaunt fest, als sie gemeinsam aus dem Hauptportal der Klinik nach draußen spazieren.
»Nein, muss nur was aus meinem Wagen holen. Wo steht denn dein tolles gepanzertes Dienstfahrzeug?«
»Meinst du wirklich, der ist gepanzert?«
»Klar.«
»Da.« Weist mit dem Kinn auf eine dunkle Limousine. Ein Mann im Anzug lehnt an der Fahrertür.
Was hat sie verkehrt gemacht? Hätte sie mehr von dem Dambowyn in den Kaffee geben sollen? War der Zeitpunkt falsch gewählt?
»Da bin ich wieder«, kräht Abramovitch frohgemut.
Der Fahrer lächelt und öffnet den hinteren Schlag für sie.
Verpatzt.
»Also, bis morgen, Yael, ich –«
Eine plötzliche Veränderung geht im Gesicht der Schwester vor. Sie wechselt die Farbe, krümmt sich.
»Alles klar?«, fragt Yael in gespielter Besorgnis.
Abramovitch verharrt gebeugt, den Mund halb geöffnet, die Augen glasig und starr.
»Ich glaub nicht«, murmelt sie.
Jetzt wird auch der Fahrer nervös.
»Oh«, stöhnt Abramovitch. »Ooooooh –«
Schnell fassen sie die nach Luft schnappende Frau unter den Armen und bringen sie zurück ins Innere, wo sie auf der nächsten Toilette verloren geht. Yael instruiert eine vorbeieilende Schwester, sich um die Leidende zu kümmern.
»Ich fürchte, das wird nichts mehr«, sagt sie mit sorgenschwerer Stimme.
»Was fehlt ihr denn?«, will der Fahrer wissen.
»Keine Ahnung.« Yael tut, als müsse sie nachdenken. »Heute Mittag hatte sie ein Thunfischsandwich.«
»Na, ausgerechnet Thunfisch.«
»Hm.« Sie schaut dem Mann fest in die Augen. »Ich bin Assistenzärztin in der Neurologie und mit dem Fall vertraut. Auch mit der Medikation. Ich könnte einspringen.«
»Sofort?«
»Wann Sie wollen.«
»Und Ihr Name?«
Yael füttert ihn mit den Eckdaten ihrer Person.
»Möglich, dass sich der Ministerpräsident sogar an mich erinnert«, fügt sie hinzu. »Mein Vater und er waren enge Freunde. Jehuda Kahn. Ich bin Jehudas Enkelin. Ich habe –« sie lächelt, »– auf
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