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Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)

Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)

Titel: Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Crossan
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von gestern ganz zu schweigen. Meine Hose ist durchweicht von Regen und Flusswasser und das wie weit noch liegt mir schon schwer auf der Zunge, als Abel ausruft: »Da rüber!«
    Er weist auf einen Kai, während Jo ihm winkend signalisiert, dass sie verstanden hat.
    Abel vertäut erst sein eigenes Boot und zieht dann unseres heran. Jo geht als Erste an Land, reckt sich und stöhnt. »Mir tut alles weh«, sagt sie.
    »Ich dachte schon, ich bin hier der Einzige, der schwächelt«, gestehe ich beim Rausklettern.
    »Der Wind ist zu stark. Es ist leichter zu Fuß«, meint Abel.
    Die Häuser hier sind kleiner, weniger verwüstet vom ministerialen Amoklauf der vergangenen Wochen.
    »Jetzt fällt mir wieder ein, wo wir sind«, sagt Jo. An ihrem Gesicht kann ich genau ablesen, dass Sequoia in weiter Ferne ist, genau wie jede Hilfe für Jazz und Bea.
    Abel springt zurück ins Ruderboot und wirft seine Vorräte auf den Kai.
    »Warum seid ihr so weit weg von zu Hause?« Das ist die erste Frage, die ich ihnen stelle, und wenn man bedenkt, was so alles in meinem Kopf rumschwirrt, noch eine ziemlich harmlose.
    »Ich war auf einer Mission«, erklärt Abel sachlich. »Als Spion. Ist nicht ganz so gelaufen wie geplant.«
    »Hast du in der Kuppel spioniert?«
    »Für die Rebellen, aber ich war in der Kuppel. Ich hab gehofft, es irgendwie in den Hain zu schaffen, aber das Ministerium hat mich erwischt und halb totgeprügelt.« Er berührt sein zugerichtetes Gesicht und schielt dann ohne merkliche Gefühlsregung auf mein tätowiertes Ohrläppchen. »Wenn die Aufstände nicht begonnen hätten, wäre ich jetzt wahrscheinlich tot. Das war das reinste Chaos dort und da hat mich irgend so ein hohes Tier zur Hintertür rausgekickt, weil er wohl gemeint hat, ich ersticke da draußen.« Sein Blick fällt auf Jo und sie lächelt. Ein gutes Gefühl, dass wenigstens ein Mensch von den Aufständen profitiert hat, und ich würde ihm gerne anvertrauen, dass ich dafür verantwortlich bin. Aber zu viele Leute haben durch mich ihr Leben verloren, deshalb bleibe ich stumm.
    »Ich bin aus Sequoia weggerannt«, erklärt Jo ungefragt. »Ich hab den Hain gesucht, genau wie Abel, kaum dass er raus war. Dort sind wir uns über den Weg gelaufen.Zwischen den Ruinen. Ich hab gehört, was Petra vorhatte. Tut mir leid, dass sie tot ist.« Ich verrate ihr mal nicht, was für ein durchgeknalltes Höllenweib Petra war.
    »Und jetzt ist Sequoia wohl das Nächstbeste«, sage ich. Warum ist sie geflüchtet?
    »Es ist das Nächste«, korrigiert sie. »Dort gibt’s Sauerstoff, dort gibt’s Ärzte – und beides brauche ich. Wenn ich zurückkomme, werde ich bestraft. Aus Sequoia geht man nicht weg. Die verstehen da keinen Spaß.«
    »Ich bin ja dabei«, sagt Abel. Er klettert zurück auf den Steg, zieht ein Fach in seinem Rucksack auf und holt einen Eiweißriegel heraus, den er entzweibricht und unter uns aufteilt.
    »Hast du deshalb Probleme gekriegt?«, frage ich und weise auf ihren Bauch. Sie blickt auf ihn hinunter.
    »Gewissermaßen.«
    »Sollen wir?«, ruft Abel.
    Wir trotten den Kai entlang, eine kurze Straße hoch und finden uns plötzlich inmitten Hunderter rostiger Autos wieder, die in säuberlichen Reihen hintereinander aufgestellt sind. Wir schlängeln uns hindurch bis zu einer größeren Straße, völlig frei bis auf den gelegentlichen abgebrochenen Laternenpfahl oder den obligatorischen umgestürzten Bus. Abel legt einen Zahn zu, Jo und ich folgen langsamer.
    »Ist Abel der Vater des Babys?«, frage ich, als er außer Hörweite ist.
    »Abel? Nein.« Sie holt tief Luft. »Der Vater ist in Sequoia. Er ist eine ziemliche Sau.«
    »Wie die meisten Väter das so an sich haben«, sage ich.
    Jo bleibt abrupt stehen und packt mich am Arm. »Das ist kein Witz. Wenn du Maks in die Quere kommst, bringt er dich um.«
    Sie lässt mich los und geht schneller, um sich bei Abel unterzuhaken. Ich schaue ihnen zu und bin ein bisschen eifersüchtig auf ihre Zweisamkeit.
    Bea fehlt mir.

OSCAR
    Die Straße ist eine einzige Matschpampe, garniert mit Zementblöcken, Glasscherben und verformten Metallpfosten. Ich würde sie ja für ein Werkstück fotografieren, aber jetzt ist wohl weder die Zeit noch der Ort für künstlerische Erwägungen.
    Kaum war Jude verschwunden, habe ich mir erst mal einen Augenblick gegönnt, um die Einsamkeit zu genießen. Ich war vorher noch nie alleine. Nie so richtig. Und es war schön: ein Gefühl von Raum, Freiheit und Himmel. In der Kuppel ist man nie

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