Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
sie außer Hörweite sind. »Das waren echt die Letzten, die ich hier treffen wollte.«
Ich sage nichts. Ich warte darauf, dass Quinn mir erklärt, was Riley gemeint hat. Aber er sagt nichts. Schweigend nimmt er sein Tablett und bringt es zur Geschirrrückgabe. Ich warte ein paar Sekunden, dann folge ich ihm.
Als wir draußen im Hof stehen, führt er mich zu einer weitgehend uneinsehbaren Ecke hinter der Wasserfontäne. Dort schaut er mich endlich an. »Als Niamh Knavery gestern Abend bei uns war, hat mein Vater mich kurzerhand für nächste Woche mit ihr verabredet. Ich konnte nicht anders, ich musste Ja sagen.«
Sofort drängt sich ein Bild von Niamh Knavery vor mein geistiges Auge – ihre endlosen spindeldürren Beine, ihr Monsterbusen, ihr glänzendes Haar und ihr perfektes, ebenmäßiges Gesicht. Mir dreht sich der Magen um bei der Vorstellung, dass Quinn und Niamh gemeinsam essen gehen oder nebeneinander in einem dunklen Kinosaal sitzen. Unwillkürlich balle ich die Fäuste.
»Aber wir, wir sind doch immer noch zusammen, oder?« Natürlich will ich, dass er tut, was nötig ist, um den Rebellen zu helfen. Aber nicht um jeden Preis. Nicht um den Preis, dass ich ihn verliere.
»Bea, ich will dich und niemanden anders! Das schwör ich dir!« Er lehnt sich an mich, drückt mich gegen die Wand und küsst mich voller Leidenschaft. Dann tritt er einen Schritt zurück und nimmt meine Hände.
»Was sollen wir tun?«, frage ich.
»Ich glaube, es wird höchste Zeit, dass du untertauchst. Sollten sie beschließen, ein Exempel an uns zu statuieren, dann besteht bei mir immerhin noch die Chance, dass mein Vater sich einschaltet.«
»Und wo soll ich hin?«
»Wir treffen uns nach der Schule an der Haltestelle der 3B-Bahn. Ich lass mein Pad in meinem Schließfach, und das solltest du auch tun, damit sie uns nicht orten können. Und nimm ’ne Tasche mit ein paar Klamotten mit. Ich habe da eine Adresse«, sagt er.
»Aber ich will niemanden in Gefahr bringen, Quinn. Das wäre nicht okay.«
Wieder nimmt er meine Hand und haucht mir einenKuss in die Handfläche. »Ich weiß, dass du das nicht willst. Aber das sind die einzigen Leute, denen wir trauen können. In der Kuppel ist es für dich nicht mehr sicher.«
ALINA
Ich bin jetzt jeden Tag in der Schießanlage und trainiere die Ausgestoßenen. Einige der Älteren, die ihre eigenen Gewehre mitgebracht haben, brauchen nur einen kurzen Blick auf die Zielscheibe zu werfen und schon treffen sie ins Schwarze. Die schicke ich gleich weiter, runter zu Levis Herzkreislauftraining oder zu Petras Yoga- und Meditationsübungen. Diejenigen, die sich bislang nur mit Stöcken und Messern verteidigt haben, brauchen etwas mehr Anleitung. Denen muss ich beibringen zu zielen, den Schuss auszulösen und die Waffe danach zu stabilisieren.
Wenn ich mit den Ausgestoßenen fertig bin, kommen die Rebellen rauf, dabei bräuchten die meisten von ihnen eigentlich gar kein Training mehr. Sie sind inzwischen perfekte Scharfschützen und könnten einen flüchtenden Menschen aus zweihundert Metern Entfernung treffen.
Jazz ist vor ein paar Minuten von Petra zum Üben hochgeschickt worden und fummelt nun mit einer Pistole herum. Erstaunlicherweise scheint sie nicht mal zuwissen, wo der Abzug ist. Und als ich versuche, ihr ein paar Grundlagen zu erklären, schubst sie mich weg und stampft mit dem Fuß auf.
»Erzähl mir nicht, wie ich schießen soll, oder ich schieße auf dich! Sag mir einfach, was ich treffen soll.«
Die anderen Anwesenden schauen neugierig zu uns herüber. Dorian grinst, richtet sein Gewehr auf Jazz und tut so, als würde er abdrücken. Er imitiert sogar den Rückschlageffekt. Ich schüttele den Kopf und unterdrücke ein Schmunzeln. »Siehst du die Puppe dort hinten? Ich möchte, dass du deren kleinen Finger triffst.«
Jazz schluckt und richtet die Waffe auf den Dummy. Dann schießt sie und taumelt rückwärts. Um ein Haar hätte die Wucht des Rückschlags sie umgeworfen.
»Da stimmt was nicht mit der blöden Pistole!«, kreischt sie, als sie feststellt, dass sie nur ein altes Lüftungsgitter getroffen hat.
»Das Ding ist vollkommen in Ordnung, Jazz. Ich hab’s gerade selber benutzt.«
»Und ich sag dir, es ist kaputt!«
Dorian hustet und gluckst in der Schießbahn neben uns, und ich muss ihm den Rücken zukehren, um nicht ebenfalls laut loszuprusten. Dann hätte ich in null Komma nichts ’ne Menge Stress.
»Okay, dann probier mal diese hier.« Ich reiche Jazz eine
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