Breed: Roman (German Edition)
sieht das Erstaunen auf Alex’ Gesicht. »Wenn man in einem Verlag arbeitet, lernt man jede Menge merkwürdiges Zeug.«
»Ein Fisch?«, ruft Alex aus. »Ein verfluchter Fisch?«
»Ach, und übrigens«, wirft Reggie rasch ein, »seit kurzem haben wir unseren Diensten einen Bonus hinzugefügt. Wir stellen für Sie die Verbindung zu einer erstklassigen Geburtshilfepraxis direkt in Los Angeles her.«
»Wir wohnen in New York«, sagt Alex.
»Ach ja, genau. Verzeihung. Kein Problem. Wir arbeiten auch dort mit einem Haufen phantastischer Mediziner zusammen. Wir raten Ihnen dringend, sich innerhalb unseres Netzwerks zu bewegen. Diese Ärzte sind mit dem gesamten Prozess bestens vertraut. Dieser Service ist übrigens völlig kostenlos.«
»Die Ärzte behandeln uns ohne Honorar?«, fragt Alex ziemlich skeptisch.
»Nun ja, das nehme ich nicht an«, sagt Reggie. »Aber die Vermittlung nehmen wir auf unsere Kappe, das wollte ich ausdrücken.«
Inmitten des Gesprächs geht die Tür auf, und herein kommt Dr. Kiš persönlich. Er ist etwa vierzig, groß und chaotisch, mit widerborstigem eisengrauem Haar und zerknitterten Kleidern. Er sieht aus wie einer jener Konzertpianisten im Film, die unter Amnesie leiden oder Stimmen hören, jedoch vorübergehend Triumphe im Konzertsaal feiern und dann endgültig im Wahnsinn versinken.
Er scheint überrascht zu sein, dass Reggie mit Patienten spricht. Dieser begrüßt ihn auf Slowenisch, und der Doktor stellt eine Frage, wobei er auf die Hundenäpfe und den Knochen auf dem Boden zeigt. Reggie hebt alles rasch auf.
»Leider spricht der Doktor kein Englisch«, sagt Reggie zu Alex und Leslie.
»Tatsächlich?«, fragt Alex. »Ich hatte den Eindruck, die meisten Leute in Slowenien sprechen Englisch.«
»Was soll ich Ihnen sagen?«, erwidert Reggie. »Selbst Genies haben ihre Beschränkungen.«
»Denar«, sagt der Doktor, streckt die Hand aus und schlägt mehrfach mit zwei Fingern auf seine Handfläche, bis Reggie ihm den Umschlag voller Dollarscheine überreicht.
»Das fängt ja gut an«, sagt Leslie.
Der Doktor sagt noch etwas anderes – alles, was er von sich gibt, klingt zornig und ungeduldig –, und Reggie antwortet ziemlich wehleidig. Kiš bringt ihn mit einer wütenden Handbewegung zum Schweigen, und Reggie sagt zu Alex und Leslie: »Der Doktor wird jetzt mit Ihnen sprechen«, was jedoch fast in einem gewaltigen Donnerschlag untergeht. Unvermittelt fällt der Strom aus, und sie stehen alle da und atmen mehrere Momente in die feuchte Dunkelheit, bevor das Licht wieder angeht.
Manche Ärzte flößen Vertrauen ein, andere nicht. Außerdem gibt es auch noch Ärzte wie Kiš, die Furcht einflößen. Wir erwarten von Ärzten, dass sie sauber wirken, und er ist nicht sauber. Zwar sind seine Hände frisch gewaschen, und er riecht nach antibakterieller Seife, doch seine Unreinheit kommt von etwas, das sich tief unterhalb seiner Haut befindet. Sein Blick ist abwesend, seine Miene drückt Verzweiflung und Überheblichkeit aus, seine Berührung ist unpersönlich und ein wenig harsch.
Nach einer sehr routinemäßigen Untersuchung – Stethoskop, Blutdruckmanschette – fragt der Doktor Alex und Leslie auf Slowenisch, wann sie das letzte Mal Sex gehabt hätten, was Reggie mit leicht schaurig wirkendem Vergnügen übersetzt.
»Wir hatten vor neun Tagen sexuellen Kontakt«, sagt Alex mit so viel Würde, wie er aufbringen kann.
»Und wie war es?«, fragt Reggie, fügt jedoch rasch hinzu: »Ein Späßchen, nur ein Späßchen. Eine längere Abstinenz ist uns eigentlich lieber, aber neun Nächte müssten ausreichen.«
Kiš erklärt nun, worin die Prozedur besteht. Seine Stimme drückt keinen Enthusiasmus, keine Wärme, ja nicht einmal simple Menschlichkeit aus. Von Reggie gedolmetscht, spricht er so rasch wie die Stimme am Ende eines Pharma-Werbespots im Fernsehen, die in acht Sekunden die hundert möglichen katastrophalen Nebenwirkungen des neuen Medikaments aufzählt. Während er seine Informationen herunterrasselt, blickt er in die Ferne, und Reggie zupft an seinen Fingernägeln, während er sein Bestes tut, um mit dem Schnellfeuer des Doktors Schritt zu halten.
»Wir werden die Beweglichkeit Ihrer Spermien und die Empfänglichkeit Ihrer Eizellen erhöhen. Dadurch verwandeln wir eine stille Waldlichtung in einen Dschungel, in dem es nur so wimmelt. Leben, Leben, überall Leben, begierig, zupackend, wachsend. Wir werden Ihnen einheizen, bis Sie lodern. Wie Teenager und die Geschöpfe
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