Breeds: Harmonys Spiel (German Edition)
ist. Der Mörder ist eins dreiundneunzig. Dem Winkel bei der Wunde des Barkeepers und diesem Winkel nach zu schließen, kann die Abweichung nicht mehr als plus/minus zwei Zentimeter betragen.«
Sie betrachtete Tommy Mason noch einmal aufmerksam.
»Seine Hände zeigen keine Abwehrspuren, er muss also überrascht worden sein. Der Angriff kam definitiv von hinten. Der Winkel ist anders, wenn man von vorn angreift. Und sein Körper riecht leicht erdig. Das gehört nicht zu seiner normalen Witterung. Ich vermute, der Mörder hat einige Zeit auf feuchter Erde gelegen, bevor er hereinkam.«
»Liza sagte, Tommy habe sie in den Keller geschickt, damit er sich mit jemandem treffen konnte. Jemand, den sie nicht sehen sollten. Sie sagte, das habe er öfter getan.«
»Keine Zeugen.« Sie nickte. »Das hat ihr das Leben gerettet.«
Sie stand langsam auf.
»Ist der Mörder ein Breed?«, fragte Lance.
»Das bezweifle ich. Breeds können ihren natürlichen Geruch nicht verbergen, wenn sie irgendetwas berühren. Wer auch immer ihn umgebracht hat, hat ihn mehrere Sekunden lang ganz dicht an sich gedrückt. Der Geruch würde noch an seiner Kleidung haften.«
»Ich habe mal von einem Breed gehört, der seinen Geruch verstecken kann.« Er formulierte den Gedanken behutsam. »Wenn es nötig ist.«
Harmony zuckte mit den Schultern. »Es gibt ein paar Fälle, in denen es Breeds gelungen ist, ihren Geruch eine gewisse Zeit lang zu kaschieren. Aber nicht so gut wie hier.« Sie deutete mit der Hand auf die Leiche. »Um alle Spuren zu vermeiden, hätte der Breed von vorn angreifen müssen. Das hier war ein Überraschungsangriff. Und er hat sein Opfer ein, zwei Sekunden lang festgehalten und den Mord genossen.«
Lance blickte auf die Leiche. »Das Blut vorn auf seiner Kleidung«, sagte er. »Wenn der Killer ihn sofort hätte fallen lassen, wäre es in eine andere Richtung geflossen.«
»Genau.« Sie steckte sich den Bleistift, den der Hilfssheriff ihr gegeben hatte, hinters Ohr, bevor sie sich die Hände abklopfte und sich noch einmal im Zimmer umsah. »Wer auch immer es getan hat, war jedenfalls vorsichtig.« Sie deutete auf das offene Fenster. »Alle Fenster wurden so weit geöffnet, dass die Luft gut zirkulieren und die Gerüche vertreiben konnte. Er wollte ganz sichergehen, dass ich ihn nicht identifizieren kann.«
Es gab Möglichkeiten, sich vor anderen Breeds zu verstecken, Tricks, die sie im Lauf der Jahre bei ihrem Kampf, den Coyoten immer mindestens einen Schritt voraus zu sein, gelernt hatte.
»Wir haben einen Fußabdruck unter dem Fenster, durch das du neulich hereingekommen bist, aber sonst nichts. Er ist vorsichtig, Harmony. Verflucht vorsichtig.«
Das mit dem Fenster konnte ein Zufall sein, aber bei Gott, sie glaubte einfach nicht an Zufälle. Noch jemand außer dem liebenswürdigen Löwen-Breed-Spitzel in der Behörde beobachtete sie.
»Er wusste, dass ich heute Morgen das Haus verlassen habe«, überlegte sie und hielt die Stimme gesenkt, während Lance sich näher zu ihr beugte. »Wie viele von diesen Arschlöchern beschatten mich eigentlich noch? Es ist ein Wunder, dass sie nicht übereinander stolpern. Es ist unmöglich, dass der Mörder mich beobachtet und dann erst ein Treffen arrangiert hat. Dafür hätte die Zeit nicht gereicht. Er muss einen Partner gehabt haben.«
»Zweifellos. Liza sagte, Tommy hätte das Treffen nicht erwartet«, sagte Lance. Dann fragte er: »Bist du hier fertig?«
Sie atmete lautlos aus. »Ich kann nichts finden, Lance. Wer auch immer es getan hat, war bisher verdammt vorsichtig. Er kennt die Tricks.«
Und irgendwas daran löste in ihr etwas aus. Es war wie ein leichtes Jucken zwischen ihren Schulterblättern. Ein Bewusstsein, eine Vertrautheit, bei der sie sich nicht ganz sicher war.
Sie hatte ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Ihre Erinnerung war an sich schon eine Waffe. Es war kein fotografisches Gedächtnis, aber Harmony vergaß keine Details. Bis jetzt.
»Dann lass uns ins Büro fahren und den Bericht ausfüllen. David leitet die Ermittlungen. Und damit nicht noch etwas passiert, fährst du keine Streife mehr.«
»Aber Jonas …«
»Vergiss Jonas«, knurrte Lance, als sie das Haus verließen. Seine Hand lag auf ihrem Rücken, und sein großer Körper überragte sie drohend. »Ich kümmere mich um ihn.«
»Ich habe gehört, er handelt nach dem Motto ›rein-raus-und-aus-die-Maus‹. Ich glaube nicht, dass du diese Erfahrung wirklich machen willst.« Sie inspizierte ihre
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