Breeds: Harmonys Spiel (German Edition)
spöttisch. »Und ich wollte nicht streiten, nur um ein bisschen laufen gehen zu können.«
»Wobei du leicht hättest gekidnappt werden können?«
»Vielleicht. Das Risiko habe ich in Kauf genommen. Ich lasse mich nicht einsperren. Von niemandem. Nicht einmal von dir.«
Seine Hände umklammerten das Lenkrad. »Selbst wenn es um deine Sicherheit geht?«
»Meine Sicherheit war nicht in Gefahr«, sagte sie leise. »Sonst wärst du gewarnt worden. Der Wind spricht mit dir. Du wärst aufgewacht, bevor ich aus dem Haus schlüpfen konnte.«
Er wandte sich ihr langsam zu. Sie blickte starr geradeaus, ihre Züge waren vollkommen gefasst, aber er spürte den Schmerz, den sie ausstrahlte.
»Jemand hat gesehen, dass du das Haus verlassen hast«, sagte er leise. »Sie haben dein Bedürfnis zu laufen genutzt, um dir einen Mord anzuhängen, der dir Jonas auf den Hals hetzen wird. Du bist nicht mehr allein, Harmony. Nicht du kämpfst gegen den Rest der Welt. Sondern wir beide. Und vielleicht solltest du langsam anfangen, darauf Rücksicht zu nehmen.«
Er würde noch einen Herzinfarkt bekommen, wenn sie sich so etwas zur Gewohnheit machte. Sie brachte ihr Leben absichtlich in Gefahr, obwohl sie wusste, dass sie schlechte Karten hatte, und ging das Risiko trotzdem ein.
Er hatte noch nicht genug Erfahrungen mit den Nachrichten, die der Wind ihm brachte. Er musste seinen Großvater noch um das Training bitten, das ihm dabei helfen würde, den Wind zu sich zu rufen. Er konnte sich nicht entspannen, bis er nicht sicher war, dass er sie beschützen konnte und dass der Wind ihn warnen würde, wenn sie nicht bei ihm war, sodass ihm noch genug Zeit blieb, um sie zu retten.
Als er mit dem Raider auf die Hauptstraße einbog, warf er einen Blick auf ihr ernstes Profil. Sie war so verdammt gewöhnt daran, allein zu sein und niemandem Rechenschaft abzulegen. Es würde schwer für sie werden, und sobald sie erfuhr, dass sie schwanger war, für sie beide.
Lance unterdrückte das Bedürfnis, wieder nach Hause zu fahren und sie zu beruhigen, trat stattdessen aufs Gaspedal und raste zum Haus der Masons. Die Indizien konnten zu leicht gegen Harmony verwendet werden. Und Lance kannte Jonas. Er würde die Gelegenheit nutzen. Was immer er von Harmony wollte, dieser Vorfall spielte ihm wunderbar in die Karten.
Die Wunde stimmte mit der des Barkeepers überein. Harmony ging in die Hocke, legte den Kopf schief und blickte auf die Stelle, wo der Schnitt ansetzte. Er verlief von links nach rechts, begann knapp unter dem linken Ohr und endete in einem Aufwärtswinkel knapp unter dem rechten. Der Mörder war stark. Stark genug, um Tommy Masons Kopf stillzuhalten, während er den Schnitt ausführte.
Aus dem Winkel schloss sie, dass Masons Kopf gegen irgendetwas nach hinten gedrückt worden war.
Harmony stützte die Unterarme auf die Knie und kniff die Augen zusammen, während sie die Wunde betrachtete. Sie war sehr sauber, präzise. Die Klinge war mit ziemlicher Sicherheit ein KA-BAR, aber sie war nicht auf besondere Weise geschliffen worden. Ihre Klinge hatte eine Schneide, mit der es nicht einmal die Messer der Special Forces aufnehmen konnten.
Jemand hatte seine Hausaufgaben nicht gemacht. Aber es wunderte sie nicht, dass man versuchte, ihr den Mord in die Schuhe zu schieben. Jemand wusste, dass sie dort war, was bedeutete, dass Jonas den kleinen Spion in Sanctuary noch nicht gefunden hatte.
»Hör mal, diese Position gefällt mir gar nicht, und das aus gleich mehreren Gründen, Harmony.«
Harmony hob den Blick zu Lance, der ins Schlafzimmer trat und sie beäugte, wie sie sich rittlings auf Masons Leiche setzte.
»Das Licht ist besser so«, murmelte sie. »Jemand kümmert sich nicht anständig um seine Klinge. Komm her.«
Er stellte sich neben die Leiche.
Harmony benutzte den Bleistift, den sie sich von einem Hilfssheriff geborgt hatte, und deutete auf einen gezackten Riss in der sonst glatten oberen Schnittkante.
»Seine Klinge hat einen Knick. Einen ziemlich starken. Wenn du vorher gesehen hast …«
»Ich habe es gesehen«, fiel er ihr ins Wort.
Sie blickte ihn fragend an und nickte dann langsam. War der Raum verwanzt? Sie sah sich in dem kargen Schlafzimmer um. Da stand ein Doppelbett mit schmutzigen Laken und zerrissenen Decken. In einer Ecke befand sich eine kleine Kommode, ansonsten war das Zimmer leer.
»Dave sagte, aus Tommy Masons Daten geht hervor, dass er genau …«, sie schaute in ihr Notizbuch, »… eins achtzig groß
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