Breit - Mein Leben als Kiffer
Solche, die in der siebten
Klasse einen Jungen aus der Parallelklasse im
Park überfallen und ihm seine neue Jacke
geklaut haben. Aber die sehen viel zu edel aus,
um so etwas zu machen.
Das Coole an solchen Partys ist, dass man
immer ’ne Menge Leute trifft und viele Hände
schütteln kann. Man hat dann das Gefühl, als
hätte man einen riesigen Freundeskreis, weil
man zwanzig Leute trifft und jeden Einzelnen
herzlich begrüßt. Obwohl man mit denen sonst
gar nicht redet und die meisten nur vom Sehen
kennt.
Im Partyraum ist es dunkel. Vor allen Dingen
in der Ecke, in der die Sessel und Sofas stehen.
Hier stürzen die Mädchen reihenweise mit den
verschiedensten Typen ab, manchmal mit
dreien pro Abend. Vor ein paar Wochen musste
eine Dreizehnjährige vom Notarzt abgeholt
werden: Alkoholvergiftung. Angeblich ist sie
fast gestorben. Die Tanzschulenpartys wären
nach diesem Vorfall fast verboten worden.
Seither ist es um einiges schwieriger, sich hier
zu betrinken, wenn man noch unter sechzehn
ist.
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Wir schaffen es trotzdem, denn wir haben da
so unsere Tricks. Ich für meinen Teil bin
inzwischen sturzbetrunken und rede mit
Clemens, dem Einzigen aus unserer Klasse
außer den Strebern, der nicht raucht und trinkt,
über Sex. Clemens erzählt, dass er noch nie mit
einem Mädchen geschlafen hat. Irgendwie hab
ich keine Lust einzugestehen, dass auch ich
noch nicht das Vergnügen hatte.
«Ich schon», sage ich daher schnell.
«Echt? Na ja, also ich nicht, dann hast du mir
ja echt was voraus.»
Ich fühle mich ihm in diesem Moment
ziemlich überlegen, trotz der Lüge.
Von den Jungs habe ich erst mal die
Schnauze voll. Jan und Markus machen nichts
anderes, als den ganzen Tag Fußball zu spielen.
Wie langweilig! Da ziehe ich es vor, mich zu
Hause vor den Computer zu setzen. Gerade
spiele ich ein extrem brutales Killerspiel. Man
läuft mit zehn verschiedenen Waffen durch
enge Tunnel und große Räume und macht Jagd
auf andere. Immer, wenn man gerade eine gute
Phase hat, gibt der Computer Kommentare
dazu ab.
Das Telefon klingelt, und ich gehe widerwillig
ran.
«Hallo, hier ist Katrin.»
«Hi.»
HEADSHOT
«Was machst du denn gerade?»
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DOUBLEKILL
«Ich spiele Computer.»
«Aha.»
Wir schweigen. Merkt sie denn nicht, dass sie
stört? Ich will in Ruhe weiterspielen.
DOUBLEKILL
«Und, wie geht’s dir so?»
MULTIKILL
«Ich weiß auch nicht, ich glaub, ich will
weiter Computer spielen, oder willst du was
anderes machen?»
RAMPAGE
«Ich liebe dich nicht mehr.»
Keine Panik, Amon, das hat sie schon oft
gesagt, das meint sie nicht so, sage ich zu mir
und spiele schweigend weiter.
DOUBLEKILL
«Ich meine es ernst.»
MULTIKILL
Langsam dämmert mir, dass sie tatsächlich
keinen Spaß macht, und ich fange an, richtig
Angst zu bekommen.
RAMPAGE
«Heißt das, du willst nicht mehr mit mir
zusammen sein? Du machst Schluss?»
«Ja.»
HEADSHOT
Ich breche das Computerspiel ab und schalte
den Rechner aus.
«Das fasse ich einfach nicht, dass du mir das
antust!», blaffe ich sie an.
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«Es tut mir Leid, aber ich liebe dich nicht
mehr», sagt sie und legt auf.
Danach bin ich wie gelähmt. Obwohl unsere
Liebe nicht besonders tief war, steigere ich
mich im Laufe des Nachmittags enorm in meine
Trauer hinein. Ich liege weinend auf dem Sofa
herum und rufe immer wieder bei Katrin an,
nur um sofort aufzulegen, sobald jemand
rangeht. Nachts kann ich nicht einschlafen und
wälze mich von einer Seite zur anderen. Mir
graut davor, Katrin am nächsten Tag in der
Schule zu sehen.
Meine Mutter bekommt natürlich mit, was los
ist, und versucht mich aufzubauen. Sie mochte
Katrin zwar gern, aber jetzt hält sie natürlich zu
mir. Es tut gut, mit ihr zu reden. Unser
Verhältnis wird dadurch wieder enger, und auch
meine Großmutter meint, mir mit selbst
gebackenen Keksen und meinem Leibgericht
zur Seite stehen zu müssen.
Ich versuche, Katrin möglichst aus dem Weg
zu gehen. Begegnen wir uns auf der Straße
oder in der Schule, werfen wir uns nur
verstohlene Blicke zu und sagen kurz Hallo.
Katrin versucht in den nächsten Wochen
mehrmals, mich anzurufen, um nochmal mit
mir zu reden. Aber ich gehe nicht ran, wenn
das Telefon klingelt, oder sage meiner Mutter,
sie soll sie abwimmeln. Irgendwann schafft
Katrin es doch, mich an den Hörer zu kriegen.
Ich erkläre ihr, dass ich nicht weiter mit ihr
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befreundet sein kann, so wie sie
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