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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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Das ist typisch für Mütter: Sie lieben
    einen wirklich und sind einem dabei doch die
    gesamte Zeit lang peinlich.
    «Das muss aufhören Mam. Ich bin fünfzehn!
    Ja? Du kannst mich nicht mehr behandeln wie
    ein Kind.»
    «Meinst du, die Mädchen finden das toll,
    wenn sie von einem Pickelfritzen geküsst
    werden? Glaubst du das?»
    Ich gebe auf und verziehe mich in mein
    Zimmer. Dort schnappe ich mir Illuminatus! von Robert Anton Wilson, ein Buch, das mich
    gerade völlig in seinen Bann schlägt. Die
    Geschichte ist ebenso verworren wie
    faszinierend. Eine Reihe von ziemlich
    - 71 -

    durchgeknallten Leuten, unter anderem Hippies
    und politische Aktivisten, treffen auf Hagbard
    Celine, der mit seinem goldenen U-Boot die
    Weltmeere unsicher macht und gegen die
    Illuminaten kämpft – eine geheime
    Organisation reicher und mächtiger Menschen,
    die die Welt beherrschen.
    Das Buch ist äußerst fantasievoll
    geschrieben, man wird förmlich reingesogen in
    die Welt des Hagbard – die vielen Farben und
    die ständig wechselnden Bilder – so ähnlich
    stelle ich mir einen Drogenrausch vor. In einer
    Rezension habe ich gelesen, dass das Buch am
    ehesten mit einem lang anhaltenden
    Halluzinogen vergleichbar wäre, wenn es eine
    Droge wäre. Von ihm geht zwar keine
    körperliche Suchtgefahr aus, aber es kann
    belustigen, verstören und bisherige
    Realitätsinterpretationen zerstören. Wenn man
    sich als Leser darauf einlassen will. Und das will
    ich.
    Im Internet suche ich nach allem, was ich
    über die von Adam Weishaupt gegründeten
    Illuminaten, über Weltverschwörungen und
    Freimaurerlogen finden kann. Die Welt ist schon
    ein besonderes Irrenhaus mit all der Gewalt
    und der Geheimnistuerei. Auch in den
    Raptexten geht es viel um solche Sachen. Sie
    sind voller Verschwörungstheorien, etwa über
    die Zahl Dreiundzwanzig oder die wahren
    Machthaber der Welt. Seit einiger Zeit achte ich
    - 72 -

    sehr auf Zufälle. Ich finde es spannend zu
    beobachten, ob einem im Alltag Dinge
    begegnen, die so stimmig wirken, dass man gar
    nicht mehr an einen Zufall glauben kann. Als
    ich heute Morgen kurz draußen war, lag genau
    vor dem Haus auf der Straße eine Schachtel
    Gauloises, auch noch die roten. Genau die
    Marke, die ich rauche. Nur Zufall?
    Beim Surfen finde ich etwas über die
    Haschemiten, Mitglieder eines geheimen
    arabischen Kämpferordens. Sie sollen ständig
    breit gewesen sein, weil sie, um furchtlos zu
    werden und mystische Erfahrungen zu machen,
    Hasch geraucht haben. Ich meine zu verstehen,
    wie es in der Welt so läuft: Drogen nehmen und
    die Geheimnisse der Welt und des Lebens
    entdecken, das gehört zusammen wie Liebe
    und Trauer. Wäre ich doch nur in der Hippiezeit
    geboren, dann würde ich in einer spacigen
    Kommune leben und den ganzen Tag Sex
    haben, Joints rauchen und mich um das selbst
    angebaute Gemüse kümmern.
    Meine Verwandlung zum coolen Amon ist
    allerdings noch nicht abgeschlossen. Ich stelle
    mir vor, was Markus, Florian und Jan sagen
    würden, wenn sie mich jetzt sehen könnten,
    hier auf dem Land. Sie würden sich bestimmt
    totlachen.
    Jedenfalls stehe ich voll auf diesen ganzen
    Geheimkram, eine willkommene Ablenkung von
    der langweiligen Einöde des Landlebens. Ich
    - 73 -

    halte mich für einen großen Denker. Nicht von
    ungefähr bin ich im Mündlichen immer besser
    als alle anderen. Ich rocke sie alle und bin
    ziemlich stolz darauf. Wenn ich meiner Mam
    von den verrückten Theorien aus dem Netz
    erzähle, macht sie mich nur dafür an und sagt,
    ich soll meine Zeit nicht mit solchem
    Schwachsinn verschwenden. Für sie ist die Welt
    logisch erklärbar, geheimnislos. Übersinnliches
    hat da keinen Platz. Weshalb sie behauptet, ich
    würde bald vollkommen verblöden. Ihrer
    Meinung nach schade ich mir nur selbst damit,
    wenn ich jede Nacht erst um zwei oder drei ins
    Bett gehe und den ganzen Tag auf flimmernde
    Bildschirme glotze. Allerdings unternimmt sie
    auch nichts dagegen – wie immer. So ist sie:
    tolerant bis zu den Zehennägeln. Egal, ob es
    hilft oder nicht.
    Da ich meiner Großmutter versprochen habe,
    meine Lateinvokabeln mit nach Wilster zu
    nehmen und fleißig zu lernen, gehe ich mittags
    nach dem Essen in mein Zimmer und mache die
    Tür zu. Natürlich lese ich während der Lernzeit
    andere Sachen, und wenn sie reinkommt, lasse
    ich das Buch oder den Comic schnell
    verschwinden. Ich lerne nie, nicht eine einzige
    Vokabel, und wenn meine Großmutter mich
    abfragen will, behaupte

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