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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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uncool. Er ist einfach
    unglaublich heiter und freundlich. Man kann
    auch anders sein als wir. Dementsprechend
    verstehen sich vor allem meine Großmutter und
    Klaus ausgezeichnet.
    «Endlich mal jemand, mit dem man sich
    richtig unterhalten kann», flüstert sie mir im
    Vorübergehen ins Ohr.
    Am späten Nachmittag, als alle in der Sonne
    dösen, schlendere ich unauffällig ins Haus und
    gehe Richtung Keller. Schon in Hamburg hatte
    ich mir vorgenommen, noch eine weitere Tüte
    von dem Gras meiner Mutter mitzunehmen,
    auch wenn die Wirkung der ersten eher
    enttäuschend war. Vielleicht habe ich jetzt ja
    - 106 -

    mehr Glück, und zwischen den Blättern finden
    sich noch ein paar Pollenreste.
    Ich schleiche mich also in den Keller zur
    Tiefkühltruhe und ziehe den Beutel hervor.
    Plötzlich höre ich Schritte auf der Treppe.
    Scheiße! Hastig versuche ich, den Beutel wieder
    in die Truhe zu werfen, da betritt meine Mam
    auch schon den Raum.
    «Na, was machst du denn hier?»
    «Nichts!»
    «Nichts? Was hast du denn da?» Sie tut so,
    als ob sie gar nichts mehr von den Beuteln
    wüsste.
    «Einen Beutel Gras!»
    «Einen Beutel Gras?»
    «Ja! Sag bloß, du weißt nicht, woher der
    kommt?»
    «Nee, ich habe keinen blassen Schimmer,
    zeig mal. Ach doch, jetzt weiß ich's wieder.»
    «Und?»
    Meine Mam und ich gehen gemeinsam hoch
    ins Wohnzimmer. Der große Beutel liegt neben
    uns auf dem Tisch und taut langsam auf. Ich
    lege Bob Marley auf, weil ich denke, dass das
    die Lage etwas entspannt. Komischerweise ist
    meine Mutter – obwohl Großmutter draußen im
    Garten sitzt und jederzeit hereinkommen
    könnte – aber ganz locker und erzählt mir, wie
    das damals in den Sechzigern so war, dass sie
    auch ein paar Hippieallüren gehabt und das
    Gras für meinen Dad angebaut hat.
    - 107 -

    «Dieses Gras ist die eingefrorene
    Liebesgeschichte zwischen mir und deinem
    Vater.»
    Ich frage sie, ob sie damals viel gekifft hat,
    aber sie meint, dass sie davon zu schnell müde
    und antriebslos geworden ist. Sie sagt, die
    Droge ist nicht ihr Ding, ein Glas guten
    Rotweins schätzt sie mehr. Ich löchere sie
    weiter mit Fragen, will genau wissen, mit wem
    sie damals gekifft hat.
    «Ach Amon, es ist doch überhaupt nicht
    wichtig, wie wir damals gekifft haben, sondern
    wie du kiffst. Hast du’s schon mal ausprobiert?»
    «Na ja, das hier hab ich schon mal probiert.»
    «Da war doch noch ein Beutel, den hast du
    dir also auch schon unter den Nagel gerissen»,
    sagt sie ein wenig vorwurfsvoll.
    Ich will sie nicht anlügen.
    «Ich hab auch schon mal richtiges Gras
    geraucht.»
    «Ach ja? Mit wem denn?»
    «Mit Florian.»
    «Mit Florian, soso. Amon, lass dir eins gesagt
    sein: Kiffen ist nichts für dich, vor allem nicht,
    wenn du es regelmäßig machst. Da wirst du nur
    unheimlich träge von. Wenn du am
    Wochenende mal kiffst, nun ja. Aber gut finde
    ich es nicht. Ich kann dir nichts verbieten, was
    ich nicht auch kontrollieren kann. Du musst da
    deine eigenen Erfahrungen machen. Ich kann
    dich nur davor warnen», sagt sie eindringlich.
    - 108 -

    Sie zündet sich eine Zigarette an und lächelt
    mir versöhnlich zu. Das hätte schlimmer
    ausgehen können. Mann, bin ich stolz auf
    meine Mam. Es ist ein schönes, warmes Gefühl,
    dass sie so cool ist. Sie vertraut mir, so wie sie
    mir auch vertraut, wenn ich ihr zusichere, dass
    ich an den Wochenenden, wenn ich allein in
    Hamburg bin, keine Scheiße baue. Darüber,
    dass ich ihr Vertrauen immer wieder
    missbrauche und ihre Gutmütigkeit ausnutze,
    möchte ich im Moment lieber nicht nachdenken.
    «Warte mal, ich hab was Schickes für dich.»
    Sie kommt mit zwei Bambuswasserpfeifen
    und einer Fotoschachtel wieder und fängt an,
    mir von ihren Recherchen in Jamaika zu
    erzählen. Dabei zeigt sie mir Fotos, auf denen
    sie in einem riesigen Hanffeld neben
    langhaarigen Rastas zu sehen ist. Meine Mutter
    erzählt lang, angenehm und sehr ausführlich.
    Sonst stört mich das Ausführliche, aber jetzt
    genieße ich es. Ich bin sehr stolz auf die
    original jamaikanischen Bambuswasserpfeifen
    und kann den Moment kaum abwarten, in dem
    ich sie meinen Freunden zeigen werde.
    «Darf ich die Dinger behalten?»
    «Sagen wir mal, ich leihe sie dir.»
    «Danke, Mam!», sage ich und umarme sie.
    Da kommt Klaus rein, um sich etwas zu
    trinken zu holen.
    «Sag mal, Klaus, kiffst du auch?», will meine
    Mutter wissen.
    - 109 -

    «Nee, überhaupt nicht. Das ist alles gar nicht
    mein Ding.» Abwehrend hebt er

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