Breit - Mein Leben als Kiffer
lass mich mal ran an das Baby.»
Ich bin ziemlich aufgeregt, denn ich weiß,
dass solche Pfeifen um einiges intensiver
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wirken als normale. Während ich ziehe, fragt
mich Markus nach Dirk. Ich soll von ihm einen
Porno besorgen, den könnten wir dann am
Wochenende bei mir sehen und dabei barzen.
Ich sage ihm, dass ich mit Dirk eigentlich nichts
mehr zu tun haben will.
«Schleim dich einfach bei ihm ein. Das war
doch der absolute Burner, aber lass Dirk da, wo
er ist, den fetten Sack.»
«Mal sehen.»
Ich habe jetzt andere Gedanken, endlich. In
meinem Kopf ist alles wieder schön, und ich
fühle mich zehnmal besser als sonst. Eine große
Zufriedenheit breitet sich in mir aus. Ich sehe
mir die Bäume vor uns an und bin gerührt von
ihrer Schönheit. Als ein Passant neugierig auf
uns runterglotzt, grinse ich ihn breit an.
«Das ist eines der geilsten Gefühle, das ich je
hatte», sage ich.
Ich kann es kaum fassen. Mein Geist ist
erweitert, ich bin von einem Glühen
durchdrungen, fühle mich, als würde mein
Gehirn von innen gestreichelt. Es dehnt sich in
alle Richtungen, meine Gedanken werden
immer assoziativer, ich fühle mich unglaublich
kreativ, entgrenzt. Alles um mich herum ist
groß und weit und weich. Filter vor meinen
Augen und in meinen Ohren, eine dicke
Watteschicht, ein einziger großer,
unterschwelliger Klangteppich. Vollkommenes
Wohlgefühl.
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Mit einem Mal ist es egal, dass die Erde kalt
und nass ist. Wir lehnen uns zurück und
rauchen, die Musik genießend, die Pfeife leer.
Wenn ich breit bin, läuft mein Gehirn wie eine
frisch geölte Maschine.
«Hast du auch immer so viele flashige Ideen,
wenn du stoned bist?», frage ich Markus.
«Ich weiß nicht, ich nehm die Mucke dann
irgendwie intensiver wahr und kann mehr darin
versinken.»
Wir schweigen.
«Monsen?»
«Ja?»
«Mir wird doch langsam kalt, lass mal
abhauen.»
Als ich nach Hause komme, ist meine Mam
noch nicht vom Elternabend zurück. Ich gehe
schnurstracks in mein Zimmer. Statt weiter
aufzuräumen, versuche ich einen Raptext zu
schreiben. Ich dachte, das ist einfach, jetzt, da
ich breit bin, doch was ich schreibe, frustriert
mich. Es hört sich lächerlich und peinlich an,
wie ein Klavierspieler, der den Takt nicht halten
kann. Meine Texte haben keinen Flow.
In diesem Moment dreht sich der Schlüssel
im Schloss. Meine Mam ist zurück. Als sie in
mein Zimmer kommt, sehe ich schon an ihrem
Blick dass die Gespräche alles andere als
erfreulich gelaufen sind. Ich seufze innerlich,
und dann geht es auch schon los: Amon,
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warum schwänzt du so viel, was ist denn los
mit dir, das geht so nicht weiter, du musst zur
Schule gehen, das ist doch wichtig für dich, ich
mache mir Sorgen … Irgendwann stelle ich auf
Durchzug, nicke mechanisch und sage, ja, ich
verspreche es dir, nein, ich schwänze nicht
mehr. Am Ende des Gesprächs nimmt mich
meine Mam in den Arm. «Pass auf dich auf,
Amon.»
Ich schäme mich. Vor meiner Mam, weil sie
mir vertraut und glaubt, mit ihrer eindringlichen
Rede zu mir durchgedrungen zu sein. In
Wirklichkeit habe ich währenddessen verstohlen
auf die Uhr gesehen und mich gefragt, wie
lange ich mir das wohl noch anhören muss. Vor
mir selbst schäme ich mich auch. Weil ich wider
besseres Wissen handele.
Die Woche über reden wir kaum miteinander,
und ich bin froh, als meine Mam am
Freitagabend nach Wilster fährt.
Am Samstag lasse ich es langsam angehen,
schlafe lange und gehe bei meiner Großmutter
Mittagessen. Am Nachmittag sehe ich kurz bei
meiner Schwester vorbei, weil ich schon so
lange nicht mehr dort war. Die Donnerstage
verbringe ich inzwischen eben lieber mit den
Jungs.
Katharina und ich liegen faul auf dem Balkon
in der Sonne und dösen vor uns hin, als sie aus
heiterem Himmel anfängt, mich auszufragen.
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«Na, Bruderherz, wie läuft’s denn so?», will
sie wissen.
«Wir waren schon lange nicht mehr
zusammen auf einem Konzert!», versuche ich
von mir abzulenken.
«Du machst ja auch nichts mehr für die
Schule.»
«Jetzt fang du nicht auch noch damit an.»
Wir schweigen.
«Kiffst du eigentlich, Bruderherz?», fragt sie
plötzlich, und ich zucke zusammen. Hoffentlich
hat sie es nicht gesehen.
«Nöö, ich doch nicht. Wie kommst du denn
darauf?»
Vor Katharina ist mir das Kiffen irgendwie
peinlich, weil sie mir mal erzählt hat, wie blöd
sie das findet. Ich kann das schwer
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