Breit - Mein Leben als Kiffer
ist die Hauptsache, weil es
jeden von uns am glücklichsten macht. Alles
andere ist egal.
Wir benehmen uns ganz anders, wenn wir
uns gemeinsam Stoff in die Lungen gezogen
haben. Wie die Leute im Film haben auch wir
damit angefangen, uns gelegentlich um Geld
und Gras zu bescheißen, je nachdem, welche
Interessengruppen es momentan gerade gibt.
Als Florian und ich neulich mehr abbekommen
wollten, haben wir, nachdem wir losgefahren
sind, den Beutel geöffnet und heimlich etwas in
unsere Taschen gesteckt. Wir vermuten, dass
die anderen das genauso machen.
Mindestens zwei Leute schulden mir
eigentlich noch Geld. Immer vergesse ich, wer
es gewesen ist. Von alleine werden sie es mir
jedenfalls nicht zurückgeben, so viel steht fest.
Aber egal. Mein Leben ist durch das Kiffen
voller Wohlgefühl. Der Nachteil ist, dass ich
alles, was nicht mit Kiffen zu tun hat, vor mir
herschiebe. Der Berg unerledigter Dinge, den
es abzutragen gilt, wird immer größer.
Jeder normale Mensch, der nicht gerade
Trainspotting guckt und einen Joint dreht,
würde sagen: «Das Einzige, was dir hilft, um
mit den Aufgaben fertig zu werden, die das
Leben dir stellt, ist: Erledige sie sofort.» Wenn
man aber so viel Zeit und Raum zur Verfügung
hat wie wir, dann kommt man leicht auf die
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Idee, die Hälfte der wichtigen Dinge einfach zu
streichen, weil sie für einen selbst völlig
bedeutungslos sind. Ich nehme schon lange nur
noch sporadisch Schulsachen mit in die Schule
und dusche bloß jeden zweiten Tag. Das Kiffen
ist zur festgefahrenen Gewohnheit geworden,
und jeder von uns versucht, in sich selbst das
Gefühl zu verwirklichen, welches mit dem
Highsein in Verbindung gebracht wird.
Nach außen gelingt mir das gut, doch tief in
mir fühle ich mich nicht so, als würde ich das
berauschend schöne Lebensgefühl umsetzen,
das mir Dutzende von Hippie-, Rock- und
Szene-Ikonen vorleben. Ich kiffe zwar häufig,
doch jedes Mal, wenn ich genauer darüber
nachdenke, bin ich enttäuscht über meinen
Umgang damit: Ich habe den Flash nicht richtig
ausgekostet, hätte mehr daraus machen
können.
«He Monsen, altes Haus, bist du genauso
heftig stoned wie ich?», fragt irgendwer von der
Seite. Ich bin wohl beim Film eingeschlafen,
und die anderen scheinen bis auf Markus alle
gegangen zu sein.
Die Wohnung ist dunkel, nur noch der
Fernseher leuchtet.
«Ja Mann, ich bin urwach.»
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Alte Freunde und eine blaue Bong
Seit Anfang des Jahres verstehe ich mich
wieder besser mit Christian. In den letzten
Monaten hatten wir uns nur noch sporadisch
gesehen, wenn sich unsere Eltern mal
gegenseitig besucht haben. Sobald ich mich mit
Christian treffe, habe ich das Gefühl, mit einem
echten Freund zusammen zu sein. Er erkundigt
sich, wie es mir geht, und ich kann mir sicher
sein, dass es ihn wirklich interessiert. Er ist
nicht so wie die anderen, mit denen man nur
Sprüche klopfen kann.
Als Christian Jan, Markus und Florian mal
kennen gelernt hat, meinte er hinterher: «Es
geht mich zwar nichts an, aber deine
komischen Kollegen, die nutzen dich nur aus.
Die sind nur nett zu dir, weil du mal was zu
rauchen ausgibst und es sich bei dir gut chillen
lässt. Wenn du aus dem Zimmer gehst, fangen
sie an zu lästern.»
«So sind die Jungs halt», habe ich erwidert.
«Ich mache ja oft genug selbst mit bei diesen
Lästereien.»
Während unsere Eltern nach dem Essen noch
zusammensitzen, schleichen wir uns in den
Garten, drehen einen Joint und schauen
zusammen in den Sternenhimmel. Ich rauche
heute zum ersten Mal Hasch. Es wirkt viel
intensiver als Gras, schmeckt ungewohnt
anders, muss mühsam abgebrannt und
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zerbröselt werden und kostet auch mehr.
Ähnlich wie mit dem Wissen über Hip Hop ist es
mit dem Wissen über das Kiffen: Man muss
bereit sein zu lernen und sich ständig
informieren. Bis vor kurzem wusste ich noch
nicht mal, was in einem Hip-Hop-Beat die Snare
und was die Bassdrum ist. Und jetzt sehe ich
zum ersten Mal, wie man einen Hasch-Joint
vorbereitet. Ich schaue genau hin, wie Christian
das Bobel präpariert hat: Vorsichtig ein wenig
heiß machen, dann schnell mit den Fingern
abbrechen und zwischen Daumen und
Zeigefinger zerbröseln.
Während wir abwechselnd am Joint ziehen,
reden wir über seine neue Freundin, und ich
werde ziemlich neidisch, weil ich sie echt süß
finde. Auch ich will mich verlieben und endlich
Sex haben. Das muss nicht schnell
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