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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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in Großaufnahme. Innerhalb von
    neunzig Minuten erfahren wir das, was andere
    vielleicht in zehn Jahren nicht erleben. Im
    Fernsehen habe ich zwar schon oft Softsex-
    Szenen gesehen, doch richtigen Sex so wie hier
    noch nie. Ich bin tatsächlich etwas schockiert,
    allerdings nicht, weil ich den Film unanständig
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    finde, sondern weil er mich enorm erregt. Noch
    nie habe ich so sehr über etwas im Fernsehen
    gestaunt wie über diese Bilder.
    Markus fragt sich, wie die das mit dem
    Sperma gemacht haben, ob da kleine Röhren
    verlegt wurden. Keiner kann sich vorstellen, so
    viel auf einmal zu ejakulieren. Nach dem Film
    reden wir über die heißesten und witzigsten
    Stellen. Wir gucken den Porno immer wieder,
    doch irgendwann ist die Luft raus. Wir spielen
    noch eine Runde Ego-Shooter, dann gehen die
    anderen nach Hause, bevor ihre Eltern Stress
    machen.
    Angeregt von dem mexikanischen Porno,
    surfe ich, nachdem die drei weg sind, auf
    verschiedenen Pornoseiten im Internet. Ein Tipp
    von Florian. Was ich sehe, ist ziemlich krass.
    Das sind alles andere als Softpornobilder. Die
    Frauen sehen ziemlich scharf aus. Ich kann von
    diesen Bildern nicht genug kriegen – und von
    den damit verbundenen Gefühlen auch nicht.
    Weil sie einen anturnen. Und einen glauben
    machen, erwachsen zu sein. Ich melde mich bei
    einem Erotikchat an. Sage, dass ich Maxim
    heiße. Nur wenn man sich als Frau ausgibt,
    kann man auch zur Sache gehen, denn alle
    Männer in den Chatrooms warten darauf, eine
    abzubekommen.
    «Bist du schon feucht?»
    «Ja, fick mich hart. Schieb ihn mir tief rein.»
    - 139 -

    Ich frage mich, ob nicht eine gewisse
    Perversion in meinem Verhalten steckt.
    Auch in den nächsten Monaten rufe ich
    immer wieder breit bei Sexhotlines an. Im
    Gegensatz zum Kiffen habe ich dabei schon ein
    schlechtes Gewissen, denn irgendwie ist es ein
    anrüchiges Hobby. Als sich meine Mutter über
    die teure Telefonrechnung wundert, zucke ich
    nur mit den Achseln.
    «Ich hatte Probleme mit meinem PC, das ist
    die Nummer von ’ner Spielhotline.»
    Keine Ahnung, ob sie mir glaubt, jedenfalls
    fragt sie nicht nach – vielleicht, weil wir uns
    gerade mal wieder ganz gut verstehen. Ich bin
    ein Meister im Verheimlichen geworden. Dass
    ich mich drei Mal pro Woche mit den Jungs zum
    Kiffen treffe, kriegt sie nicht mit. Wenn meine
    Augen allzu rot sind vom Kiffen, nehme ich
    Augentropfen. Auch dass ich mir von Horst,
    dem Freund meiner Schwester, immer öfter
    Geld leihe, weiß sie natürlich nicht. Horst
    erzähle ich, dass ich das Geld für Platten
    brauche, und da er ein genauso großer
    Musikfan ist wie ich, hat er dafür vollstes
    Verständnis.
    Eines Nachmittags habe ich auf dem
    Weihnachtsbasar eine unangenehme
    Begegnung mit einem flüchtigen Bekannten von
    Markus. Serdar ist einer von diesen Aggro-
    Typen, alles andere als ruhig und berechenbar.
    - 140 -

    Mit ihm sollte man sich besser nicht anlegen.
    Serdar hängt mit uns rum und macht einen
    Spruch nach dem anderen. Stolz zeige ich den
    anderen meine zwei Luftschlangensprays, die
    ich gestern gekauft habe, und will sie dazu
    bringen, mit mir etwas anzustellen. Serdar ist
    hellauf begeistert und will sich die Sprays
    ausleihen. Ich zögere, aber als er mir sein
    Portemonnaie als Pfand anbietet, gebe ich
    nach. Prompt geht Serdar los und sprüht die
    beiden Sprays leer.
    Erst danach schaue ich mir das Portemonnaie
    genauer an: Es ist ein Billigteil und eine reine
    Attrappe, überhaupt nichts drin. Wahrscheinlich
    hat er Dutzende von den Dingern, um Typen
    wie mich damit zu verarschen. Als er die beiden
    Dosen wegwirft, sagt er nur breit grinsend:
    «Tja, Pech gehabt, abgezogen.»
    Wieder einmal frage ich mich, ob ich die
    anderen Jungs wirklich meine Freunde nennen
    soll, denn sie lachen sich während der Episode
    halb tot. Sie brauchen immer jemanden, den
    sie verarschen können, egal, ob das einer ihrer
    eigenen Freunde ist. Andererseits: Ich bin ja
    auch nicht anders. Und eigentlich bin ich der
    Schlimmste von allen, weil ich ganz genau
    weiß, was falsch läuft, weil ich mich selbst
    betrüge und gegen meine eigentlichen Wünsche
    handele. Weil ich spüre, dass ich so nicht leben
    will, es aber nicht ändere. Aus Faulheit.
    - 141 -

    Zu Weihnachten bekomme ich ein geiles
    Mountainbike. Heiligabend rauche ich heimlich
    einen Joint in meinem Zimmer.

Theater und Schauspielerei
    Ich kiffe zwar noch nicht regelmäßig ohne die
    anderen, aber es kommt in letzter Zeit

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