Breit - Mein Leben als Kiffer
der Wahrheit rauszurücken, und
erzählen von dem Gras. Wir wissen, dass wir
nichts zu befürchten haben, denn für den
Staatsanwalt ist so was nur eine Lappalie. Als
wir allerdings ein paar Tage später wieder
unseren Dealer aufsuchen wollen, ist der Laden
geschlossen.
Wir fühlen uns schuldig.
Außerdem stehen wir jetzt erst mal mit
leeren Händen da. Frustriert und fast schon
verzweifelt setzen wir uns auf eine nasse Bank.
Florian stochert mit einem Stock im Schnee
rum, während ich neue Hoffnung schöpfe.
«Wir rufen einfach Christian an, Mann!»
Tatsächlich, wir haben Glück. Christian hat
noch was übrig, und wir holen es schnell bei
ihm ab. Er selbst hat heute keine Lust zu kiffen.
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Eine Stunde später sitzen Florian und ich also
mit einem schönen Brocken Hasch bei mir auf
dem Sofa. Es ist sechs Uhr abends, und die
üblichen Verdächtigen sind auf dem Weg.
Florian und ich sind jetzt schon total high,
obwohl wir noch nichts geraucht haben. Allein
die Aufregung beim Abgezogenwerden und die
nach dem Verlust umso größere Freude
darüber, dass wir doch noch etwas Rauchbares
in die Finger bekommen haben, versetzen uns
in Hochstimmung.
Als alle eingetroffen sind, schicke ich die
ganze Gruppe in die Küche, um meine
Überraschung aufzubauen. Ich habe extra für
heute aufgeräumt, und auf dem niedrigen
Holztisch sieht die blaue Bong majestätisch und
mächtig aus. Ich dimme das Licht und richte
meine Sofalampe ein wenig von hinten auf die
Bong, sodass ihr blauer Schein bezaubernd den
Raum erfüllt. Dann drücke ich auf Play, und
unser aller Lieblingstape La Boom erklingt.
«So Mädels, ihr könnt kommen.»
Florian, von dem ich weiß, dass er schon
lange scharf aufs Bongkiffen ist, ist sofort
tierisch begeistert. Auch die anderen scheinen
ziemlich erfreut zu sein über die
Neuanschaffung.
«Nee, das glaube ich jetzt einfach nicht,
Monsen, du bist wirklich zum Hauptbahnhof
gefahren und hast ’ne Bong gekauft», sagt
Florian voller Enthusiasmus. «Das trifft sich ja
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prima, ich hab auch noch zwei Flaschen Wodka
dabei, dann können wir ja richtig die Sau
rauslassen.»
Bevor wir – wieder mal – Trainspotting
schauen, widmen wir uns der blauen Bong.
«He Jungs, ist Bongrauchen nicht zwanzig
Mal so ungesund wie normales Kiffen?», meldet
sich Jan skeptisch zu Wort.
Wir ignorieren den Einwand einfach.
Als Erstes will Florian einen Kopf
durchziehen, weil er als Einziger schon
Erfahrung damit hat. Er zeigt uns, wie es geht:
Erst macht er eine kleine Mische und stopft den
Kopf damit. Unten muss, genau wie bei einem
guten Joint, ein Tabakkissen rein – fest
gestopft, damit beim Ziehen kein Gras ins
Wasser fällt. Dann presst er seinen Mund gegen
das Plastikrohr, hält das Kickloch zu und saugt
den Rauch vom Kopf durch das Wasser.
Dadurch füllen sich auch die zwei Kammern mit
Rauch, die durch Schläuche miteinander
verbunden sind. Als der Kopf leer geraucht ist,
öffnet Florian schnell das Kickloch – und der
Rauch schießt in seine Lunge. Er hustet stark,
aber mit einem beglückten Gesichtsausdruck.
Okay, ich sollte schon mal nicht so viel wie
Florian durchziehen, sage ich mir und setze
mich mit der Bong aufs Sofa. Für einen kurzen
Moment taucht so etwas wie ein schlechtes
Gewissen in mir auf, aber die meisten Dinge,
die im Leben Spaß machen, sind mit einem
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gewissen Risiko verbunden. Und jeder hier
kann Florian ansehen, wie sehr ihn der Kopf
weggehauen hat. Aus den Boxen ertönt eine
Männerstimme: «Warum geht ihr denn zu Fuß,
hier ist doch ein Fahrstuhl.» Dieser
Aufforderung kann man sich wohl schwer
entziehen. Ich schiebe alle Bedenken beiseite
und mache es genau so wie Florian: anzünden,
saugen, Kickloch öffnen, Rauch schießt in die
Lunge – Highsein.
Es ist besser als alles, was ich je gefühlt
habe. Für zehn Sekunden ist es so intensiv,
dass mir schwindelig wird. Dann ein Gefühl des
völligen Berauschtseins. Die sonstige Intensität
potenziert. Es ist, als ob das Pendel, das vorher
nur nach rechts und links schwingen konnte,
plötzlich eine dritte Richtung entdeckt. Es fängt
an zu trudeln. Ich fange an zu trudeln. Ein
großes Wohlgefühl durchströmt meinen Körper,
ich verliere das Gefühl für Raum und Zeit,
gleichzeitig bin ich so wach wie schon lange
nicht mehr.
In der ganzen Wohnung bricht wildes
Durcheinander aus. Mein Speiseschrank leert
sich langsam, und im
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