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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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machen
    nichts, wir spielen hier nur Fußball», und
    Markus hat demonstrativ auf den Ball gezeigt,
    den er bei sich hatte, weil er nachmittags zum
    Training musste. Unverrichteter Dinge ging der
    Schulleiter wieder weg. Und wir feixten.
    Als ich in der Pause auf die Toilette gehe und
    mich im Spiegel betrachte, merke ich, dass ich
    aussehe wie ein Penner. Ich habe schwarzen
    Ruß vom Rauchen und Zahnpasta im Gesicht.
    Meine Hosen sind zerrissen und meine Haare
    - 190 -

    ungepflegt. Meine Nägel schwarz. Ich bin ein
    abgewrackter Kiffer. Kein Wunder, dass Silke
    nichts von mir will. Das Einzige, was mich oben
    hält und mich glücklich sein lässt, ist die Musik.
    Die höre ich auch im Unterricht, heimlich, über
    Kopfhörer in meinem Ärmel.
    In Gedanken bin ich bei meinen beiden
    Deals, um die ich mich heute Nachmittag
    kümmern muss: Ich werde mir ein paar Platten
    besorgen und meinen Dealer Rick in Rahlstedt
    besuchen, denn mein Stoff wird knapp. Rick
    führt ein überaus außergewöhnliches Leben.
    Nicht nur, dass er mit allen möglichen Drogen
    und illegalen Filmkopien dealt, Heavy Metal hört
    und sein Zimmer als indische Opiumhöhle
    eingerichtet hat. Als lukratives Nebengeschäft
    klaut er außerdem Autos und nimmt mit
    getunten Wagen gelegentlich im Ruhrpott an
    Wettrennen teil. Rick ist der sonderbarste Typ,
    dem ich je begegnet bin. Jedes Mal, wenn ich
    zu ihm fahre, treffe ich ihn in der gleichen
    Position an: mit einer Bong in der Hand neben
    seiner Freundin auf dem Sofa.
    Ich bin heute früher als sonst bei ihm, und
    wir reden ein bisschen über die Umsätze, die
    man mit Gras machen kann. Rick hat, das
    behauptet er wenigstens, keine Angst davor,
    erwischt zu werden.
    «Und wenn die verfluchten Bullen mich doch
    mal hochnehmen, dann sollen sie sich einfach
    mal dick ins Knie ficken.»
    - 191 -

    Ich mag die Polizei auch nicht besonders,
    doch so richtig mit ihnen anlegen würde ich
    mich nicht, denn im Zweifelsfall holen sie dich
    überall raus, um dir das Leben zu retten.
    Sicherheitshalber statte ich mich bei Rick
    gleich mit zwei Füchsen aus, denn morgen
    wollen wir alle bei mir Fear and Loathing in Las
    Vegas sehen. Es soll der kultigste Drogenfilm
    sein, den es je gegeben hat. Ein Mädchen aus
    unserer Klasse hat uns davon im
    Kunstunterricht erzählt, während es mir ein
    Peace-Zeichen auf meine grüne Armeetasche
    gemalt hat. Die grüne Tasche, in die gerade
    mal ein Minimum an Schulsachen reinpasst, ist
    zu meinem ständigen Begleiter geworden. Sie
    schreit förmlich: Ich bin eine Kiffertasche! Ich
    bin eine Tasche für Kiffer!
    Wenige Minuten später bin ich glücklich,
    endlich aus der Heavy-Metal-Wohnung raus zu
    sein, und fahre zufrieden mit meinen beiden
    Beuteln Gras wieder in Richtung Stadt. Für
    einen Zehner habe ich mir auch noch einen
    Klumpen Haschisch gekauft.
    Beim U-Bahn-Fahren habe ich ein leicht
    mulmiges Gefühl, denn ich achte sehr auf die
    Gesichter und Persönlichkeiten der anderen
    Menschen und fühle mich von ihnen beschattet.
    Was sind das für Leute? Woher kommen sie?
    Können sie meine Gedanken lesen? Ich
    versuche, mich auf die Musik aus meinen
    Kopfhörern zu konzentrieren.
    - 192 -

    In der Stadt kaufe ich drei deutsche und fünf
    amerikanische Rapplatten. Ein kleiner
    Großeinkauf. Ich glaube, wenn ich außer vom
    Rauchen, von Musik und von Alkohol von noch
    etwas abhängig bin, dann vom Kaufen. Ich
    gebe ständig eine große Menge Geld aus für
    Platten, Bücher, die ich nicht lese, und anderen
    Kleinkram.
    Mein Handy klingelt.
    «Hallo, hier ist Silke, du hast doch gesagt, du
    bist heute in der Stadt Platten kaufen. Ich sitz
    grad in der U-Bahn und komme gleich beim
    Rathaus an. Wollen wir uns nicht treffen? Du
    bist doch auch grad da, oder?»
    Für zwei Sekunden bekomme ich keinen Ton
    raus. «Äh, selbstverständlich, ich meine, na
    klar treffen wir uns, ich freu mich, bis gleich!»
    Wir verabreden uns beim Plattenladen und
    umarmen uns kurz zur Begrüßung. Ausgelassen
    ziehen wir durch die Stadt. Ich merke immer
    wieder, wie enorm schüchtern ich in Silkes
    Nähe bin. Am Telefon kann ich ihr endlos viele
    Geschichten erzählen, doch wenn ich ihrer
    vollen Schönheit gegenüberstehe, werde ich
    eher rot, als dass ich noch viel reden kann. An
    diese Traumfrau will ich mich heranmachen?
    Gerade ich soll Chancen bei einem Mädchen
    haben, auf das alle Jungen scharf sind?
    Das Glück, das ich empfinde, seitdem ich
    Silke getroffen habe, entschädigt mich für

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