Breit - Mein Leben als Kiffer
mit ihm gesprochen zu
haben. Es wäre toll, sie wieder zu sehen. Wir
kommen an einer der kultigsten Locations für
Hip Hop an, einer großen Halle in der Nähe des
Hauptbahnhofs. Auf der engen Metalltreppe
drängen sich die Menschen, rauchen, reden und
beäugen sich gegenseitig. Manchmal wird dort
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auch gefreestylt. Ich freue mich schon auf die
große Vorhalle, in die man gelangt, nachdem
man über eine Art Brücke zum Haupteingang
kommt, wo einem der Kartenabreißer einen
fetten aussagekräftigen Stempel auf die Hand
drückt.
Gleich links neben dem Eingang findet man
einen großen Essstand mit Pizza, Süßigkeiten
und anderen Späßen. Die Decke wird von vielen
Metallsäulen getragen.
Erst habe ich hier die Kiffer nur beobachtet,
jetzt sitze ich selbst hier, in großen oder kleinen
Gruppen, drehe alleine oder auch zu zweit
einen Joint, beobachte die Menschen und
tausche Eindrücke über das Konzert aus,
inhaliere tief und träume. Was für ein Ort der
Freiheit: Aus der Halle dröhnen der Bass und
Stimmengewirr, man hört lautes Lachen. Solche
Momente genieße ich total. Dank des
wunderschönen Gefühls, das ich nur aus der
Tasche holen, klein machen und rauchen muss.
Ich bin Teil dieses geheimnisvollen Etwas, das
sich Hip-Hop-Kultur nennt. Ich bin nicht allein.
Große Enttäuschung. Das Konzert ist
ausverkauft. Gerade als wir weiter Richtung
Kiez gehen wollen, steht sie direkt vor mir: das
Mädchen, von dem ich so oft geträumt habe.
Ich spreche sie an, erzähle ihr, dass es keine
Karten mehr gibt, und versuche dabei, meine
Freude über unser Wiedersehen nicht zu sehr
zu zeigen. Aber ich bin absolut begeistert. Sie
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scheint der heiterste Mensch auf diesem
Planeten zu sein, ist dabei cool, ohne hart zu
wirken, und bezaubernd schön. Silke.
«Was macht ihr denn jetzt?», fragt sie
Christian und mich.
«Kommt doch einfach mit zu uns», schlage
ich ihr und ihrer Schwester vor.
Sie sagt ja. Ich kann mein Glück kaum
fassen. Eine halbe Stunde später sitzen wir bei
mir, ich rauche einen Kopf, Silke bewundert
meinen Plattenspieler, wir reden über Musik
und die Konzerte, auf denen wir in letzter Zeit
so waren. Leider muss sie schon früh wieder
gehen, weil sie außerhalb von Hamburg wohnt,
aber sie lässt mir ihre Mailadresse da.
Nach dieser Nacht entwickelt sich zwischen
Silke und mir ein reger Mailkontakt. Wir
schreiben uns nichts Weltbewegendes, doch ich
habe das Gefühl, dass wir langsam Freunde
werden. Schon bald haben wir uns zu viert,
Silke, ihre Schwester, Christian und ich, auf
dem Kiez verabredet.
Silke hat im Internet zwei coole Locations für
heute rausgesucht. Wir pendeln zwischen dem
Tiefenrausch und dem Golden Pudel Club . Die Straßen hier haben einen großartigen,
unverwechselbaren Style. Jedes Mal, wenn wir
an einer Graffitiwand vorbeikommen, geben wir
zu viert ein kleines Trommelkonzert.
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Ich habe den ganzen Abend nur Augen für
Silke.
Wir besuchen in der nächsten Zeit zusammen
ein paar Konzerte, aber ich bin viel zu
schüchtern, um mich richtig an sie
ranzumachen. Außerdem habe ich zu große
Angst, sie zu verlieren: Denn wenn man einmal
aufs Ganze geht und jemandem seine Liebe
gesteht, dann kann man es nicht wieder
rückgängig machen. Ich erinnere mich an die
Episode mit Nicole während der Skifreizeit.
Gott, war ich da peinlich.
Mir fällt es schwer einzuschätzen, was Silke
für mich empfindet. Sie ist so schön und so
begehrenswert, dass es mir töricht erscheint,
mir Hoffnungen zu machen – sie ist das Beste,
was mir hätte passieren können. Silke vereint
für mich alles, was auch ich anstrebe: Sie ist
cool, aber nicht oberflächlich, interessiert sich
für viele Dinge, ohne bloß dumm rumzulabern.
Man kann hervorragend mit ihr feiern, aber
wenn es um Drogen geht, hält Silke alles in
Maßen. Sie raucht selten, kifft nur ab und zu
und trinkt nur gelegentlich mal mehr Alkohol,
als man eigentlich trinken sollte. Noch nie zuvor
war ich so glücklich, einen Menschen kennen
gelernt zu haben.
Einmal stelle ich sie stolz Jan und den Jungs
vor, und wir verbringen einen Abend
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miteinander. Kiffen, reden, hören Musik. Als sie
weg ist, frage ich erwartungsvoll: «Und?»
«Mann, sieht die scheiße aus. Was willste
denn mit der, Monsen?», sagt Jan.
«Halt’s Maul, du hast ja keine Ahnung!»,
antworte ich. Und rede mit den Jungs nicht
mehr über Silke.
Christian hat mir
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