Breit - Mein Leben als Kiffer
wir
irgendwo ungestört sein können, und chillen.
Wir folgen einfach unserem Instinkt und gehen
dem Mysterium Spaß nach. Ich denke nicht,
dass es irgendjemanden gibt, der keinen Spaß
haben möchte. Und wir wissen eben, was uns
am meisten Spaß macht.
«Natürlich ist das gut, was ich hier mache.
Ich kiff mir halt die Birne weg. Da ist doch
nichts dabei», sagt Florian gerade ironisch.
«Oh ja, es ist großartig, die Nachmittage vor
dem Fernseher zu verbringen, kiloweise Weed
wegzubartzen und sich ins Koma fallen zu
lassen», stimme ich ihm zu.
«Ich weiß ja nicht, Jungs, ich glaub, kiffen is’
nich’ so schlimm, wenn man es irgendwie in
Maßen hält», meint Markus.
«Hast du irgendein Problem?», frage ich ihn.
Ich weiß gar nicht, wieso er auf einmal so
schlechte Laune hat und einen auf moralisch
machen muss.
- 197 -
«Ihr sabbelt und sabbelt den ganzen Tag und
sagt dann, ihr hättet richtig gechillt – ihr wisst
doch gar nicht, was chillen ist, Jungs!»
Wir schweigen daraufhin und hören vier
Stunden das La Boom -Tape, sitzen da und
machen nichts. Es ist zehn nach vier, und wir
alle sind hellwach. Wir hören auf die Musik und
schweigen, ganz wie Markus es empfohlen hat.
Es herrscht eine Atmosphäre der Ruhe und
Versunkenheit in meinem Zimmer.
«Lass uns noch ein paar Schädel rauchen und
noch einmal Fear and Loathing gucken, der Film ist der hammermäßige Oberburner», sagt
Florian in unser Schweigen.
Wir rauchen erst noch einen Joint und kehren
dann vor den Fernseher zurück, um den Film
ein zweites Mal zu sehen und weiter Köpfe zu
rauchen. Irgendwann während des Films wird
es dunkel um mich herum. Ich schließe die
Augen und gleite in einen anderen Zustand. Es
hört sich so an, als hätte ich einen
Hubschrauber in meinem Kopf, er vibriert.
Meine Vibes werden langsam unangenehm, und
vor meinem inneren Auge sehe ich abwechselnd
düstere und hellere Farben, die mich an diese
Traumwelt fesseln.
Die Jungs unterhalten sich über irgendwas,
während ich langsam die Kontrolle verliere und
ins Koma falle, jenen Zustand beim Kiffen, in
dem man weder wach ist noch schläft, sondern
in einer Art Wachtraum gefangen ist. Alles
- 198 -
dreht sich, jede Gehirnzelle scheint
davonzuschwimmen, ich kann keine
Zusammenhänge mehr herstellen zwischen
dem Raum, den Leuten, die da sitzen, und mir
selbst. Nichts ergibt Sinn. Gleichzeitig ist das
erleichternd. Endlich muss etwas keinen Sinn
haben. Der Raum dehnt sich und dreht sich,
eine vierte Dimension kommt hinzu, ich scheine
auf einmal einen erweiterten Blickwinkel zu
haben. Wow! Schwebe über meinem Körper
und spüre gleichzeitig jede seiner Zellen.
Simultanexistenz.
Irgendwann gegen sechs Uhr morgens wache
ich als irgendjemand irgendwo auf. Ich weiß
weder, wer ich bin, noch wo ich bin. Panik. Ich
schaue mich um. Zwei Jugendliche kommen auf
mich zu. Sie nennen mich Monsen und stellen
mir Fragen, die ich nicht verstehe. Erst nach
quälenden zehn Sekunden dämmert mir, dass
das Markus und Jan sind, die da vor mir stehen.
Langsam kehre ich in diese Welt zurück. Ich
habe so etwas nach dem Bongrauchen schon
mal erlebt, doch noch nie für einen so langen
Zeitraum. Völlig paralysiert erzähle ich den
anderen, was gerade mit mir passiert ist. Je
länger ich das Erlebte beschreibe, desto mehr
verliert es an Brisanz. Bis es sich schließlich
nahtlos in die anderen Flashgeschichten einreiht
und zu einer weiteren Kiffertrophäe wird, die
man bei passender Gelegenheit hervorholt und
stolz den anderen zeigt.
- 199 -
Hauptbahnhofhasch
Zwei Monate später wird Rick hochgenommen.
Wahrscheinlich kriegt er aber nur eine
Bewährungsstrafe. Fest steht jedenfalls, dass er
erst mal raus ist aus dem Grasgeschäft, was für
mich bedeutet, dass ich auf dem Trockenen
sitze. Vor einer Woche haben überraschender
Weise alle drei Coffeeshops zugemacht, die wir
kannten und als Ass im Ärmel bei Bedarf
hervorzaubern konnten. Was für eine miese
Situation: keine Möglichkeit, an Stoff zu
kommen. Ich suche in allen möglichen Kisten,
Ritzen, Tütchen und Schubladen nach
Grasresten und Krümeln. Nach einer halben
Stunde habe ich gerade mal genug für einen
Minijoint oder drei bis vier Köpfe. Ich muss
irgendwie eine neue Quelle auftun.
Dass das Verlangen nach THC so intensiv
sein kann, wie der Trip gut ist, hätte ich nicht
gedacht. Ich bin ziemlich down, und mein
Minijoint schafft es nur schwer,
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