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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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finde ich es schön, mich gehen zu
    lassen, in der Droge zu versinken und
    vollkommen in die breite Erlebniswelt
    einzutauchen. Nur durch sie gelange ich in
    - 210 -

    diesen meditativen Zustand, der mir wahres
    Glück beschert.
    Es ist so einfach, sich einen rauchbaren Joint
    zu drehen. Ich will dieses Hochgefühl nicht
    verlieren – also kiffe ich ständig. Der harte
    Rauch schießt mir in die Lunge, und sofort
    durchfährt mich dieses wunderbare
    Ganzkörpergefühl, das fast besser als ein
    Orgasmus ist.
    Ich bin ein Grasjunkie und liebe die
    Traumzeit, die ich mir durch das Kiffen
    herbeizaubere. Ja, ich bin ein Grasjunkie, doch
    wenn ich auf meinem roten Sofa sitze und kiffe
    und voll breit meine grüne Lavalampe
    betrachte, fühle ich mich großartig. Ich bin fast
    wunschlos glücklich. Das Leben ist eine
    Sternschanze, und ich schieße mich mit meiner
    Bong ins Traumland. In mein Tagebuch
    schreibe ich Raptexte und Rauschprotokolle. Ich
    weiß, dass ich mich verändere, doch solange
    ich schreibe, habe ich das Gefühl, mich durch
    das Kiffen zum Besseren zu verändern.
    Ich lege mein Notizbuch zur Seite und starre
    frustriert auf meine Schulbücher. Wenigstens
    hilft es mir, dass ich die Hausaufgaben am
    Computer schreiben kann, denn meine
    Feinmotorik leidet sehr unter dem THC. Man
    hat weniger Kontrolle über den Körper, wenn
    man breit ist. Herr der eigenen Sinne zu bleiben
    ist schwierig nach ein paar Köpfen. Von allein
    - 211 -

    geht der große Berg an Hausaufgaben
    jedenfalls nicht weg.
    Ich scheiß drauf und freue mich, nach dem
    nächsten Kopf gleich wieder ins Traumland
    absinken zu können. Ich drehe den Tabakkopf
    auf die blaue Pfeife und lege eine neue Platte
    auf. Dieser Moment ist mir heilig. Ich mache
    mich unglaublich breit. Die ganze Erde ist ein
    unterentwickelter, wuseliger und manchmal
    sehr roher Haufen. Und irgendwo mittendrin
    sitze ich auf einem roten Sofa und sauge aus
    einem blauen Rohr mit sechs blauen
    Schläuchen THC-haltigen Rauch.
    Es ist eine Lüge zu sagen, man könne als
    Kiffer nicht glücklich sein. Das geht sehr gut.
    Trotzdem hoffe ich, dass ich nicht irgendwann
    mal durchdrehe. Eigentlich wäre ich
    prädestiniert für ein solches Ende, bei meinem
    Kiffverhalten und dem Fernsehkonsum.
    Man vergisst manchmal, welche enorme
    Wirkung Bilder und Informationen auf die
    menschliche Psyche haben. Ich bin vollkommen
    gelähmt, wenn mir die Bilder aus Auschwitz und
    von den Kriegen durch den Kopf schießen.
    Manchmal beschäftigt mich die Tatsache, dass
    ich in dem Land geboren wurde, das vor fünfzig
    Jahren den Zweiten Weltkrieg begonnen hat, so
    sehr, dass ich an nichts anderes mehr denken
    kann. Es schüchtert mich enorm ein, dass ich
    auf einem Planeten mit Millionen von
    schießwütigen Verrückten wandele.
    - 212 -

    Ich bemale meine Wände. Ich schreibe über
    meinen Schreibtisch mit blauem Filzstift: War.
    Neben mein Bett schreibe ich: Sleeper. Alles ein
    großer grüner Brei. Ich weiß, dass ich das mit
    dem Kiffen übertreibe, doch ich habe das Ideal
    eines zugedröhnten Superchillers im Kopf.
    Natürlich hemmt das Gras mein logisches
    Denken. Die Idole der Hippies und die halbe
    Hip-Hop-Welt präsentieren dir das Gras als eine
    Droge der Gedankenbeflügelung, des Glücks
    und der Befreiung, doch in Wahrheit hat
    niemand außer dir selbst eine Ahnung, wie das
    Zeug wirklich bei dir wirkt. Von allen Seiten
    schreit es: Rauch das Gras! Kiffen ist cool!
    Highsein ist geil! Kauf das Gras, dreh die Tüten
    und flutsch den Kopf!
    «Sag mal, Amon, Mam behauptet, du kiffst so
    viel?»
    Meine Schwester Katharina ist am Telefon.
    Meine Mutter hat sie wahrscheinlich darum
    gebeten, mich anzurufen. Das macht sie in
    letzter Zeit häufiger, wenn sie sich nicht zu
    helfen weiß, weil ich mal wieder alles an mir
    abprallen lasse.
    Das Verhältnis zu meiner Mutter ist durch
    meine ständige Übermüdung nicht gerade
    besser geworden. Ich stoße sie oft vor den
    Kopf, weil ich sie einfach aus dem Zimmer
    werfe, wenn sie Anteil an meinem Leben
    nehmen möchte oder sich Sorgen um mich
    - 213 -

    macht. Wenigstens kümmert sich meine Mam
    um mich. Zwischendurch reden wir auch mal
    sehr nett miteinander. Jetzt hat sie bestimmt
    Katharina gebeten: «Red du doch mal mit
    ihm.» Die Gespräche mit meiner Schwester sind
    wesentlich anstrengender, weil sie mir nicht so
    schnell glaubt.
    «Nö, geht so.»
    «Wie viel kiffst du denn?»
    «Och, nicht so viel.»
    «Erzähl mir keinen Scheiß,

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