Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
Vom Netzwerk:
ich weiß doch,
    dass du ständig breit bist. Mir kannst du da
    nichts vormachen. Los, sag schon.»
    «Na ja, manchmal halt auch einen unter der
    Woche.»
    «Was heißt manchmal?»
    «Eben manchmal. Halt nicht immer.»
    «Lass dir echt gesagt sein, wie scheiße das
    ist. Das bringt dir überhaupt nichts. Das
    machen nur die Doofen. Da wirste dumm und
    bräsig von.»
    «Ja, Sister, hast ja Recht.»
    «Versprichst du mir, weniger zu kiffen?»
    «Ja, mach ich.»
    «Wirklich?»
    «Jahaa!»
    Nach einem solchen Gespräch glaube ich fast
    selbst an das, was ich sage, und nehme mir
    vor, weniger zu kiffen. Aber Gelegenheit macht
    Kiffer. Und Gelegenheiten gibt es ständig.
    - 214 -

    Langsam beginnt es auch in der Schule
    brenzlig zu werden. Gegen das Kiffen sagt
    niemand was, solange du funktionierst. Wenn
    aber deine Leistungen schlechter werden oder
    du ständig fehlst, gibt es Stress. Gestern kam
    ein blauer Brief wegen der Fehlstunden.
    Stundenlange Gespräche folgen, Appelle an
    mein Gewissen und meine Vernunft.
    Mam ist nicht davon abzubringen, dass sie
    mich mit Worten überzeugen kann. Ihr fester
    Glaube ist, dass ich durch die Freiheit, die sie
    mir lässt, und das Vertrauen, das sie in mich
    setzt, schon selbst zur Vernunft kommen
    werde. Ich weiß, dass sich meine Familie große
    Sorgen macht, dass ich das Abitur nicht
    schaffe. Ich bin zu faul, nicht zu dumm, sagen
    sie. Ich antworte dann immer, dass Faulheit
    auch eine Dummheit sein kann. Kiffen und eine
    Familie zu haben gestaltet sich für mich als ein
    äußerst schwieriger und lügenreicher Job. Als
    Kiffer muss man nach außen immer
    signalisieren, alles ist in Ordnung, mir geht es
    gut, also lasst mich in Ruhe. In Wahrheit hat
    die Droge mich unter Kontrolle und nicht ich
    sie. Aber die Symbiose gefällt mir.
    Ich rauche jetzt einen dritten Kopf und werde
    ein wenig melancholisch, als ich ein starkes
    Stechen in der Lunge spüre. Es ist hart, einen
    Körper mit der Fähigkeit zum Empfinden von
    Schmerzen zu besitzen. Eigentlich ist es
    paradox, dass das Kraut, das dich zur
    - 215 -

    Erleuchtung führen soll, gleichzeitig deine Sinne
    vernebelt.
    Statt eines immermüden Kiffers wäre ich
    gerne ein Zenmeister. Ich denke an den
    Karatekurs, den ich begonnen und nie zu Ende
    gemacht habe, weil ich mich an den
    Trainingstagen lieber fürs Kiffen entschieden
    habe. Zenmeister finden ihr Glück in ihrem
    Körper und gehen drogenfrei in ihr selbst
    geschaffenes Paradies über. Sie lieben ihren
    Körper und würden es nicht wagen, ihn mit Gift
    zu belasten. Kiffen ist Anti-Zen und eher was
    für Masochisten.
    Jemand, der gerne ein wenig leidet und auf
    diesem Weg zum Glück finden will, ist richtig
    beim Kiffen. Bei jedem Zug, den man sich in die
    Lunge zieht, muss man dieses stechende Gefühl
    im Brustkorb ertragen. Die Schmerzen in der
    Lunge können die Rauscherfahrung aber auch
    intensivieren. Sie verstärken das Gefühl des
    Sich-gehen-Lassens, und das Gras hilft einem
    dabei, die Schmerzen zu ignorieren. Ich habe
    immer häufiger Magenschmerzen. Sie treten
    unregelmäßig auf, aber ich bin mir sicher, dass
    sie mit dem Kiffen zusammenhängen. Egal, ich
    barz einfach einen, und schon ist alles
    erträglich. Drogen heißen nicht ohne Grund
    Betäubungsmittel.
    Ich denke zu viel. Während ich stoned auf
    dem Sofa sitze, höre ich meine innere Stimme
    unentwegt plappern. Manchmal schreibe ich
    - 216 -

    mit. Endlose, sich um sich selbst drehende
    Betrachtungen, die sich im breiten Nichts
    verlieren. Dunkler, schwerer Rauch liegt im
    Raum. Meine Seele erstickt unter der Asche.
    Große Feste, fette Bässe und laute

Stimmen
    Heute Abend ist Silkes Geburtstagsparty, für
    die sie extra das Jugendzentrum gemietet hat.
    Den Kontakt zu den Jungs und auch zu Silke
    habe ich in den Hauptbahnhofhaschwochen
    sehr eingeschränkt. Ich war einfach voll und
    ganz mit mir und meinen Rausch beschäftigt.
    Jetzt, wo es alle ist und ich wieder normales
    Gras rauche, bin ich nicht mehr ganz so breit.
    Für Silke habe ich ein Supergirl-T-Shirt gekauft;
    bin gespannt, wie sie es findet, ob sie es gleich
    überstreifen oder etwas irritiert darüber sein
    wird, dass ich ihr etwas zum Anziehen schenke.
    Ich steige vier Mal um und komme nach einer
    halben Ewigkeit endlich in Silkes Dorf an. Hier
    soll ich an der Bushaltestelle warten, bis sie
    mich abholen. Da hinten ist sie: Silke, extra
    herausgeputzt für den Partyabend. Ich hätte nie
    gedacht, dass mich die Schönheit

Weitere Kostenlose Bücher