Breit - Mein Leben als Kiffer
noch zu, wenn ich
morgens in der ersten Stunde müde im
Unterricht sitze. Ab und zu spricht mich dann
einer von den Jungs an:
«Na, Amon, du Superkiffer, wieder mal einen
Kopf nach dem anderen durchgezogen gestern,
was?»
Genauer fragt jedoch keiner nach. Vielleicht,
weil alle viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt
sind. Vielleicht, weil sie selbst kiffen und in
ihrem Konsum nichts Schlimmes finden. Dass
sich mein Konsum von ihrem inzwischen
unterscheidet, sehen sie nicht.
Mir dämmert, dass ich das Kiffen benutze,
um aus der Welt wegzurennen. Ich renne auch
- 207 -
vor Silke weg, denn obwohl ich sie liebe, wage
ich nicht, sie es wirklich spüren zu lassen. Nur
in meinen Raptexten gestehe ich ihr meine
Liebe.
Für Silke
Es gibt Menschen die besondere Gaben in sich
tragen/ die es möglich machen das
Unaussprechliche zu sagen/ doch wer bist du
und wer bin ich in diesem Spiel/ während die
Verbindung weiter reicht als nur von Hamburg
bis ins Ziel/ wer kann schon sagen was unter
der Fassade in einem Menschen steckt/ bei
einem gehen die Lichter aus der andere wird
geweckt/ doch die meisten suchen eh nur
neues Land in Teufels Welten/ unser Schicksal
ist die Pizza die wir nie bestellten/ und es gibt
keine Fragen deren Antwort nicht längst
existiert/ ein blauer Planet wurde mit bunten
Blumen verziert/ und ich sitz dort zu Hause
oder im Park auf dem Rasen/ fülle die Leere des
Lebens mit kopierten hohlen Phrasen/ suche
meine Liebe aber finde immer nur mein eigenes
Ich/ Realität macht betrunken und in Wahrheit
wollte ich immer nur dich/ will mich mit dir in
türkise Wasser stürzen/ will mit dir die Zeit bis
zum nächsten Kuss verkürzen/ will dich lieben
und ehren bis dass der Tod sich schneidet/ will
Worte für dich finden um die mich jeder Mensch
beneidet/ und so werde ich’s nie vergessen wie
- 208 -
ich dich damals plötzlich sah/ sofort war ich
ergriffen wie ein Moslem von Allah/ meine
Religion hatte ich gefunden deine Augen waren
klar/ und dein Platz in meinem Kopf ist seither
nicht austauschbar/ so wie der der wahren
Wunder die ich bisher gesehen habe/ deine
Einzigartigkeit ist wie die einer unbenannten
Farbe/ und ich halte es für eine Art von
Gottesgabe/ dass du mit mir auf dieser Erde
lebst und wandelst/ mit mir redest und tanzt
und so handelst wie du handelst/ Mann ich
könnte dir das alles hier nie so einfach sagen/
aus lauter Angst die Antwort würde mich
erschlagen/ wie 23 harte Tritte in den Magen/
ich glaub ich würd es nicht ertragen nur ein
guter Freund für dich zu bleiben/ denn ich
schau in dich hinein wie durch frisch polierte
Scheiben/ was in mir lebt will eigentlich nur
leben/ die alte Norm zerstören und dir nur das
Schönste geben/ und ja vielleicht, vielleicht ist
alles nur von einem Schmetterling der Traum/
doch solange er dich weiterträumt kümmert
mich das kaum/ und ich will dich nicht erobern
oder mit diesen Worten hier begeistern/ ich will
nur dass du weißt wir beide würden das schon
meistern/ und wer weiß wie viele Typen schon
Texte für dich schrieben/ wer weiß wie sehr
dich die anderen wirklich lieben/ ich selbst seh
nun immer nur uns beide/ wir reden und malen
uns unsere Welt aus bunter Kreide/ die genau
so war wie wir es gerne hätten/ klar du merkst
- 209 -
ich bin nicht mehr zu retten/ auch positives
Denken hilft bei so was meistens nur bedingt/
denn wirklich glücklich bin ich nur wenn dein
Lachen laut erklingt/ denn es ist wie erstes
Licht nach hunderttausend dunklen Jahren/ und
es hat mehr Wert als alles Geld was Menschen
auf der Welt bewahren/ so ist es nun einmal ich
liebe nur dich…
Kiffen ist für mich eine Flucht aus der Realität.
Ich kiffe, um mich in eine andere Welt ohne
Verpflichtungen hineinzusteigern. In meiner
Phantasie ist mein Leben ein breiter, schöner
Film, und ich tue alles, wonach mir gerade ist.
In Wirklichkeit fällt es mir zunehmend
schwerer, mich aus dem Bett zu hieven und
den Tag zu überstehen.
Ich bin immer wieder vollkommen
zugedröhnt, wenn ich nachts die Nadel auf das
Vinyl setze und mich zum hundertsten Mal dem
konzentrierten, starken Rauch ausliefere. Kein
Ende in Sicht. Ich fühle mich wie Ferris MC, der
kiffende Grasjunkie und Rapper auf meiner
Platte. Wie er trage auch ich Stolz und
Selbstmitleid in der Brust. Es frustriert mich,
von der Droge abhängig zu sein und nichts
dagegen tun zu können, außer weiter zu kiffen.
Andererseits
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