Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
Vom Netzwerk:
gemeinsam
    chillen können. Richtig gute Freunde werden wir
    wohl nie mehr, nach allem, was vorgefallen ist.
    Aber immerhin reden wir wieder miteinander.
    Ließ sich ja auch nicht vermeiden, wo wir uns
    täglich in der Schule sehen und einen
    gemeinsamen Freundeskreis haben. Und
    - 242 -

    irgendwann war dann die ganze Sache nicht
    mehr so wichtig.
    Mittlerweile ist es vier Uhr geworden, und
    Florian ist neben mir auf dem Boden
    eingeschlafen. Normalerweise ist er nicht der
    Typ, der um vier schon schläft. Aber wir alle
    haben viel zu viel gutes Gras gekifft, um so zu
    sein wie sonst. Ich fühle mich prächtig,
    hellwach. Tausend Sachen gehen mir im Kopf
    herum, und ich schreibe all meine prallen Ideen
    in das schwarze Notizbuch, das ich mir gestern
    gekauft habe. «We all live in a yellow
    submarine», notiere ich. Was für eine passende
    Beschreibung. Ein gelbes U-Boot, das alle
    störenden Geräusche und Einflüsse abhält und
    uns durch eine blubbernde Unterwasserwelt
    fährt. Ich denke prall. Und finde alles, was ich
    schreibe, äußerst bedeutungsvoll und klug.
    Dass mein Geschreibsel, mit nüchternem Kopf
    gelesen, meist ziemlich banal und sinnlos
    klingt, bemerke ich nicht.
    Ich lebe die Hymne des Kiffens, die mir
    vorgesungen wurde und die wir uns alle immer
    wieder gegenseitig vorsingen. Auch wenn ich
    durch das Kiffen immer depressiver werde,
    sehe ich es noch als etwas Glorreiches an.
    Ich sitze nun also breit auf dem grünen
    Teppich in meinem Zimmer und sammle alle
    Graskrümel zusammen, die ich finden kann.
    Irgendwann werde ich froh sein, diese
    mikroskopisch kleinen Reste zu haben, da bin
    - 243 -

    ich mir sicher. Neben mir ein schnarchender
    Florian, die anderen sind sonst wo. Ich kritzele
    weiter in mein Notizbuch. Schreibe über die
    leicht melancholische Freude, die man beim
    Dauerbreitsein empfindet. Ein Gedanke
    erscheint mir so wichtig, dass ich ihn sofort
    mitteilen muss.
    «Ey Florian, wer immer du auch bist, wach
    mal wieder auf.»
    «Was ist denn, Alter, lass mich mal
    weiterpennen.»
    «Ich habe gerade die beste Idee meines
    Lebens gehabt!»
    «Ach Mann, Keule, lass mich in Ruh.»
    «Nee, hör mal zu. Ich weiß, wie man einem
    Kiffer das Kiffen abgewöhnen kann: Sag ihm
    einfach, dass es da noch ’ne andere Droge gibt.
    Vielleicht hat er davon noch nie was gehört,
    vielleicht hat er aber auch nur vergessen, dass
    er sie mal hatte. Die Droge heißt:
    Bewusstsein.»
    «Monsen?»
    «Ja?»
    «Das ist der derbste Schwachsinn, den ich je
    in meinem Leben gehört habe.»
    Wir rauchen noch einen Joint zusammen und
    legen uns wieder schlafen. In meinem Traum
    komme ich dahinter, dass die Welt ein einziges
    riesiges Holodeck ist, ein Holodeck wie bei
    Raumschiff Enterprise . Aber niemand klärt die
    Menschen darüber auf.
    - 244 -

    Es ist ein Alptraum.
    Am nächsten Tag wachen wir erst gegen
    Nachmittag auf. Der Traum ist vergessen und
    macht einem wunderbaren Gefühl Platz, dem
    Gefühl, in einem gelben U-Boot zu sitzen und
    seine Zeit mit Fernsehen, Kiffen und Reden zu
    verbringen. Zwei Joints später hocken wir zu
    viert vor dem inzwischen ausnahmsweise mal
    ausgeschalteten Fernseher, als es klingelt.
    Ach, du Scheiße! Das Schulsprecherteam. Wir
    wollten uns um sechs bei mir treffen. Meine
    Gedanken überschlagen sich. Maren. Das Team.
    Ich sollte was vorbereiten. Dann erkenne ich
    die Lösung: Ich muss mich einfach entspannen.
    Dieses Schulsprechertreffen sollte mir am
    besten vollkommen gleichgültig sein. Was soll
    schon passieren? Maren findet mich vielleicht
    nicht mehr gut, und die anderen im Team sind
    sauer auf mich. Na und? Ich werde mit meinen
    Chill-Freunden, viel Gras, den Plattenspielern,
    der Musik und dem Fernseher auch ohne das
    Schulsprecherteam eine gute Zeit haben. Mit
    rasender Geschwindigkeit gehen mir diese
    Dinge durch den Kopf, während ich zur Tür
    haste. Da soll mal einer sagen, Gras macht
    langsam.
    Draußen steht Maren mit dem Rest des
    Schulsprecherteams. Sie sieht bezaubernd aus.
    «Monsen, das kann doch nicht dein Ernst
    sein, dass deine Mongosprecher jetzt hier
    - 245 -

    eintrudeln! Du bist echt ein Spasti», schreien
    die anderen aus dem Wohnzimmer.
    Ich führe Maren und die Leute vom
    Schulsprecherteam in mein Zimmer und
    entschuldige mich hundertmal für die
    Unordnung. Das Treffen ist furchtbar. Wir sitzen
    in meinem Zimmer, das fast so aussieht wie die
    Wohnung von Mark Renton in Trainspotting ,
    und ich fühle mich wie im Matheunterricht.

Weitere Kostenlose Bücher