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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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solchen Situationen bleibt meine
    - 234 -

    Mam völlig beherrscht. Wenn ein Problem da
    ist, managt sie es. Sie hört sich alles an und
    fragt mich dann, ob die Version so stimmt.
    Zerknirscht gebe ich es zu, erzähle aber von
    dem Geld, das Florian mir nicht zurückgeben
    wollte. Meine Mam nimmt mich in Schutz.
    «Sie haben völlig Recht, Herr Hensel, Gewalt
    ist sicherlich nicht der richtige Weg, um
    Konflikte zu lösen. Aber Sie müssen zugeben,
    dass Florian ihn auch provoziert hat.»
    Am Ende des Gespräches entschuldige ich
    mich, und Florians Vater gibt mir das Geld
    zurück. Als er gegangen ist, will meine Mutter
    mit mir nochmal in Ruhe über den Vorfall
    sprechen. Klar macht sie sich Sorgen und
    versucht, mir ins Gewissen zu reden. Mir ist das
    egal. Ich möchte mich von ihr abkoppeln, mich
    nicht mehr mit ihr auf eine intime Ebene
    begeben. Auch, weil ich mich schäme. Ich habe
    nicht viel, auf das ich stolz sein kann.
    Markus und Jan mischen sich zwar nicht ein,
    aber die Gruppenstruktur verändert sich durch
    meinen Streit mit Florian doch merklich in
    dieser Zeit. In der bewährten
    Viererkonstellation sehen wir uns selten, ich
    verabrede mich vor allem mit Jan, um mit ihm
    zu rappen. Das stößt für mich das kreative Tor
    wieder ein wenig auf. Bereinigt ist nichts
    zwischen Florian und mir, wir gehen auf
    Abstand.
    - 235 -

    Zwei Wochen nach dem Vorfall ruft er mich
    an und will sich mit mir in einem Park bei ihm
    um die Ecke zum Kiffen treffen. Ich glaube
    nicht ganz daran, dass das so etwas wie ein
    Friedensangebot ist, aber ich lasse mich
    trotzdem darauf ein. Wird schon schief gehen.
    Am Anfang unterhalten wir uns sogar ganz
    gut. Wir sitzen auf einer Bank und wollen
    gerade einen kiffen, als drei Jugendliche
    auftauchen und uns nach Gras fragen. Mir
    kommt das alles reichlich komisch vor, und ich
    renne sofort weg, hole mein Handy raus und
    wähle die 110. Ich stehe jetzt an der großen
    Hauptstraße, die an dem Park vorbeiführt, und
    schaffe es nicht, über die Straße zu kommen.
    Aus dem Park stürmt einer von den Jungs auf
    mich zu. Er wird immer schneller, und ich starre
    ihm wie gelähmt entgegen. Dann steht er vor
    mir. Und schlägt volle Kante zu. Ohne
    Vorwarnung.
    «Hilfe!», schreie ich einer Frau, die
    vorbeikommt, zu. «Sie sind meine Zeugin, Sie
    müssen hier bleiben, Sie haben das gesehen,
    bitte helfen Sie mir.»
    Wie durch ein Wunder kommen sofort zwei
    Polizeiwagen in Zivil vor dem Park an und
    nehmen alle drei Jungs fest. Sie führen sie
    richtig ab. Um sich zu verteidigen, beschuldigen
    die drei mich.
    «Der Typ hat uns Gras verkauft, durchsuchen
    Sie den mal.»
    - 236 -

    Die Polizisten durchsuchen mich zum Glück
    nicht, sondern lassen sich von mir erzählen,
    was vorgefallen ist. Ich will nicht glauben, dass
    Florian die Jungs angeheuert hat. Doch
    während eines Gesprächs mit Polizisten bei
    Florian zu Hause wird mir klar, dass er das alles
    eingefädelt hat, um sich an mir zu rächen. Der
    Polizist will uns helfen. Wir haben keine
    Probleme, sagen wir. Die Leute, die mich
    geschlagen haben, sind Freunde von meinem
    Freund – und ich habe nicht vor, das dem
    überaus freundlichen Polizisten auf die Nase zu
    binden.
    In den nächsten Tagen und Wochen kapsele ich
    mich von den anderen ab, schreibe viel und
    rappe. Als meine Schwester mir von einem Kurs
    für szenisches Schreiben im Schauspielhaus
    erzählt, bin ich sofort Feuer und Flamme.
    «Geh da mal hin, Amon, das ist doch was für
    dich. Da kannst du deine Kreativität mal ein
    bisschen anders ausleben.»
    Der Schreibkurs ist extra für Jugendliche,
    und die Chance ist groß, dass wir am Ende ein
    gemeinsames Stück aufführen werden. Ich
    gehe hin und fühle mich großartig. Endlich ein
    Ort, an dem ich lernen kann, mich kreativ
    auszudrücken. Sie lassen mich einen meiner
    Raptexte vorlesen:

    - 237 -

Fair
    Yo, ich sag es dir ehrlich ich bin nicht zu retten/
    dreimal würd ich wetten und zweimal noch
    fragen was wir gern hätten/ außer wieder zu
    sehen wie alle anderen verrecken/ hab mit Rap
    nichts am Hut will eure Schläfer nicht wecken/
    bin weder MC noch Genie bitte stell das jetzt
    klar/ wäre gerne ein Künstler aber sicher kein
    Star/ auf der Suche nach Lücken die mir eure
    Kohlen versprechen/ denn all eure Moden sind
    zu leicht zu durchbrechen/ über
    Hardcoremethoden und Pornoverbrechen/ ihr
    wollt es nicht hörn doch ich kenn eure
    Schwächen/ und ich frag mich wer glaubt hier
    all die Lügen von mir/

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