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Brenda Joyce

Brenda Joyce

Titel: Brenda Joyce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: In den Armen des Meeres
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fünf oder sechs Stunden vergingen mit beinahe unerträglicher
Langsamkeit. Sie wurden auf den Karren gezerrt, wieder gefesselt und erhielten
etwas zu essen und zu trinken. Der Größere der Europäer saß vorn auf dem Karren
und trieb den Esel an, während der Stämmigere hinten bei den Frauen saß, ein
Gewehr in der Hand hielt und sie unerbittlich anstarrte. Als Elysse den Fehler
beging, ihm in die Augen zu sehen, grinste er sie lüstern an.
    Nie zuvor
in ihrem Leben hatte sie größere Angst empfunden und sich unbehaglicher
gefühlt. Die Sonne schien unerträglich heiß vom Himmel, und Elysse fühlte den
Sonnenbrand auf ihren Wangen und ihrer Nase. Lorraine war bereits schrecklich
verbrannt. Ihr Bewacher starrte sie weiterhin an, und Elysse wusste nur zu
genau, was er dachte. Sie begann sich Sorgen wegen einer möglichen
Vergewaltigung zu machen. Wie sollten Lorraine und sie im wilden Teil
Westafrikas überleben, bis ein Lösegeld gezahlt wurde oder sie gerettet waren?
    Ihr Traum,
dass Alexi sie finden würde, war purer Unsinn. Alexi musste inzwischen am Kap
der Guten Hoffnung sein. Weitaus wahrscheinlicher war es, dass ihr Vater oder
ihr Bruder zu ihrer Rettung kommen würden. Aber immer wieder dachte sie an jene
Nacht auf Errol Castle, an die sie sich erinnerte, als wäre es gestern
gewesen.
    Du bist
nicht verloren. Ich würde dich niemals im Stich lassen ...
    Ganz
plötzlich hörte Elysse etwas anderes als nur das Klipp-Klapp der Eselhufe und
das Quietschen der Wagenräder. Sie strengte sich an und hörte etwas, das wie
das Schreien von Kindern klang. Sie richtete sich auf, drehte sich um und sah
geradeaus. Auf beiden Seiten des Weges standen strohgedeckte Hütten.
    »Zivilisation«,
flüsterte sie und fragte sich, ob sie jetzt wohl ihr Ziel erreicht hätten.
Während sie sprach, wurde dieses afrikanischen Dorfes sichtbar, das offenbar
vor allem aus offenen Hütten bestand, die auf hölzernen Pfosten errichtet
waren. Ein paar kleine Kinder spielten mit einer Holzkugel und Stöcken auf dem
Weg, und sie sah mehrere Frauen, die nur halb bekleidet waren und mit nacktem
Oberkörper umhergingen. Zwei Frauen mit großen Körben auf dem Rücken blieben
stehen, um ihnen nachzusehen.
    Lorraine
umklammerte Elysses Arm. Der Weg hatte eine Biegung gemacht, und vor ihnen lag
nun ein großer Hafen, in dem Schiffe aller Größe und Art lagen. In der Ferne
konnte Elysse mehrere Gebäude erkennen, die im Sonnenlicht glitzerten und
offenbar aus Stein gebaut waren. Die beiden Frauen sahen einander besorgt an.
Wo immer sie auch sein mochten, wenigstens würden sie wohl bald aus der Sonne
kommen. Elysse blickte wieder zum Hafen und fand, dass dieser eine
hoffnungsvolle Aussicht bot.
    Die
Entfernungen aber täuschten, und der Esel trottete noch eine weitere Stunde vor
sich hin, ehe sie die Docks erkennen konnten und all die vertraute Aktivität.
Dinghis, Kutter und Kanus, ähnlich jenen, mit denen sie schon gefahren waren,
wurden be- und entladen, Karren transportierten Waren von einem Dock zum
nächsten und zu den Speicherhäusern. Auf den Werften entdeckten sie weitere
Europäer. Wieder sahen die Frauen einander an. Irgendjemand würde ihnen doch
sicher helfen, ihren Bewachern zu entkommen?
    Der Karren
verließ den Hafen und rollte aufs Dorf zu. Sie kamen an einer Art Straßencafé vorbei.
Dabei konnte Elysse einen Blick in eine offene Hütte werfen, in der Afrikaner
mit Goldketten mit wenig vertrauenerweckenden Europäern zusammensaßen und
Pfeifen rauchten. Dann erschrak sie.
    »Ist das
ein Gefängnis?«, fragte Lorraine atemlos.
    Sie kamen
an einem strohgedeckten Gebäude vorbei, das aus Holz gebaut war. Aber anders
als die Hütten, an denen sie vorher vorübergefahren waren, bestanden die Wände
hier aus hölzernen Gittern. Offensichtlich war dies eine Art Gefängniszelle, so
groß wie ein Salon in Mayfair. Darin sah Elysse Dutzende afrikanischer Männer
und Frauen, die so eng zusammengepfercht waren, dass sie sich unmöglich bewegen
konnten. Das Entsetzen machte sie sprachlos. Sie begriff, dass sie hier
afrikanische Gefangene sah, die für den Sklavenmarkt bestimmt waren.
    Es dauerte
einen Moment, ehe sie etwas sagen konnte. »Diese Afrikaner werden nach
Brasilien gebracht, nach Westindien und möglicherweise auch in die
amerikanischen Kolonien, Lorraine. Als Sklaven.«
    Lorraine
stockte der Atem. »Aber der Sklavenhandel ist illegal.«
    »Er ist im
British Empire illegal, aber an vielen anderen Orten nicht.« Sie ballte
die

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