Brenda Joyce
hatte an nichts
anderes denken können, als Bragg sie nach Hause fuhr.
»Francesca? Sie haben kein
einziges Wort gesagt, seit wir das Restaurant verlassen haben.«
Sie
wandte sich ihm langsam zu und brachte irgendwie ein Lächeln zustande. »Es ist
schon spät, und ich bin müde. Es war ein schöner Abend.« Das Lächeln war ihr
wie ins Gesicht gemeißelt. Der Abend war ganz und gar nicht schön gewesen, da
die ganze Zeit über eine unglaubliche Anspannung geherrscht hatte, für die Hart
zum größten Teil verantwortlich gewesen war. Doch auch Bartollas andauerndes
Kokettieren hatte nicht gerade zum Gelingen des Abends beigetragen. Evan
hatte sich ihr gegenüber viel zu charmant verhalten. »Warum versuchen Sie mir
etwas vorzumachen?«, fragte er mit gesenkter Stimme und griff nach ihrer Hand.
Mittlerweile waren sie vor dem Haus ihrer Eltern angelangt. Der Motor des
Daimlers surrte im Leerlauf vor sich hin.
Francesca
hatte keine Ahnung, was sie darauf antworten sollte. Sie versuchte erneut zu
lächeln. »Bragg, ich danke Ihnen für den schönen Abend. Ich habe zwar unsere
kleine Wette verloren, aber Sie haben mich dennoch ins Theater ausgeführt. Das
bedeutet mir wirklich sehr viel.« Sie zog ihre Hand aus der seinen, während sie
den Satz wieder und wieder in ihrem Kopf hörte: Leigh Anne ist in Boston.
Francesca fragte sich, ob Bragg sich wohl mit ihr treffen würde.
Sie war aufgewühlter als jemals
zuvor. Und sie hatte Angst. Außerdem verstand sie ihre eigenen Gefühle nicht.
»Ich sollte besser hineingehen«, erklärte sie schließlich schroff.
»Francesca – bitte! Sie sind
aufgebracht. Ich vermute, dass das mit meiner Frau zu tun hat.«
»Da vermuten Sie richtig! Sie
haben mir nichts davon erzählt!«
»Wovon denn erzählt?«,
erkundigte er sich verwirrt.
»Dass sie hier ist – nur eine
halbe Tagesreise weit entfernt!« Er sah sie mit großen Augen an. »Ihr Vater ist
erkrankt. Ihre Mutter ist eine kalte, oberflächliche Frau, und auf ihre
Schwester ist kein Verlass, daher ist sie offenbar nach Boston zurückgekehrt,
um bei ihrem Vater zu sein. Ich habe das erst gestern aus einem Brief erfahren,
den sie aufgegeben hat, bevor sie in Frankreich an Bord gegangen ist.« Er
bemühte sich, seine Stimme ruhig klingen zu lassen. »Francesca?« Er wollte sie
berühren, doch sie wich zurück.
Am liebsten wäre sie in Tränen
ausgebrochen. Braggs Frau war ihr bis zu diesem Zeitpunkt immer irgendwie
unwirklich erschienen. Francesca hatte sie nie kennen lernen wollen, doch nun
beschlich sie das ungute Gefühl, dass sich ihre Wege früher oder später kreuzen
würden. Wie sollten sie nicht? Sie war nur wenige Stunden entfernt, und Bragg
war ihr rechtmäßig angetrauter Ehemann.
Das ist der Preis, den man
zahlen muss, wenn man einen verheirateten Mann liebt.
»Francesca?«
Sie schaute in seine
bernsteinfarbenen Augen. Selbst jetzt, da sie so aufgebracht war, vermochte ihr
der Anblick seines attraktiven Gesichts den Atem zu rauben. Selbst jetzt, da sie so
aufgebracht und ängstlich war, musste sie nur einen einzigen Blick auf seinen
Mund werfen, um sich an seinen Kuss zu erinnern, und sofort war das Bedürfnis,
ihm nahe zu sein, beinahe unbezwingbar.
»Hatten Sie jemals vor, mir zu
erzählen, dass Leigh Anne in Boston weilt?«, fragte sie steif.
»Nein, das ist mir nicht einmal
in den Sinn gekommen. Ehrlich gesagt, habe ich zwischen Katie und Dot und den
beiden Mordfällen keinen Gedanken an meine Frau verschwendet.« Er blickte sie
überrascht an. »Was macht es denn schon für einen Unterschied, wo sie ist?«
»Sie ist lediglich eine kurze
Eisenbahnreise weit entfernt«, erwiderte Francesca. »Ein halber Tag trennt Sie
beide – nicht etwa ein ganzer Ozean!«
Er zuckte
zusammen, denn sie hatte die Worte beinahe geschrien.
»Tut mir
Leid«, flüsterte sie. Ihr Verhalten war unverzeihlich, und sie kam sich
plötzlich ganz erbärmlich vor. »Es tut mir wirklich Leid, Bragg. Meine Gefühle
haben sich nun einmal nicht verändert. Sie scheinen von Tag zu Tag stärker zu
werden. Und jetzt bin ich einfach nur unglücklich.«
Er starrte sie an, doch sie
schaute zur Seite. Wollte er denn gar nichts sagen?
Dann wanderte ihr Blick wieder
zu ihm zurück. »Ich sollte wohl besser gehen.«
»Nein! Warten Sie!« Sie hatte
bereits nach dem Türöffner gegriffen, doch er hielt sie zurück.
Sie wollte auch eigentlich gar
nicht gehen, weil sie dieses Problem irgendwie lösen mussten, auch wenn es in
gewisser Weise gar
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