Brenda Joyce
er sich über etwas
aufregt. Du bist ebenso sehr seine Gehilfin wie seine Frau ... Betrüge ihn niemals
...
Connie
hielt sich die Ohren zu.
»Connie?«
Tränen
stiegen ihr in die Augen, und die Frau im Spiegel wirkte mit einem Mal so
zerbrechlich, als sei sie aus Porzellan – eine hübsch bemalte Porzellanpuppe.
»Connie?
Ist alles in Ordnung?«
Entsetzt stellte sie fest, dass
Neil auf der Schwelle zu ihrem Ankleidezimmer stand. Sie wirbelte herum, ließ
die Hände sinken und setzte rasch ein Lächeln auf. »Neil?« Was wollte er wohl?
Warum war er hier? Es war schon spät. Sie hatten sich bereits eine gute Nacht gewünscht.
Sie hatte geglaubt, er sei längst zu Bett gegangen.
»Was ist
los?«, fragte er leise, und es lag echte Besorgnis in seinen
leuchtenden blauen Augen. Er machte einen Schritt auf Connie zu, aber als sie
zurückwich, blieb er abrupt stehen.
»Nichts.« Sie strahlte ihn an,
rührte sich aber nicht. Das letzte Mal, als er zu einer solchen Zeit in ihre
Räumlichkeiten gekommen war, hatte er mit ihr schlafen wollen. Aber das war
schon lange her.
Und das
war jetzt gewiss nicht der Grund für seine Anwesenheit. Oder etwa doch? Sie
hatten sich schon seit vielen Monaten nicht mehr geliebt, aber er war erst
kürzlich in Eliza Burtons Bett gewesen. Hatte ihm das etwa nicht gereicht? Ihr
wurde mit einem Mal schwindelig.
»Bist du
krank? Leidest du wieder an Migräne?«, fragte er mit einem Gesichtsausdruck,
der beinahe gequält wirkte. Er hatte seine Smokingjacke ausgezogen und durch
einen Hausrock mit einem türkischen Muster in Rot, Schwarz und Gold ersetzt.
Dazu trug er immer noch seine schwarze Anzughose und schwarze Samthausschuhe,
die ein goldenes Monogramm zierte. An der Stelle, wo sein Hausrock ein
bisschen aufklaffte, konnte Connie ein Stück von seiner muskulösen, mit dunklen
Härchen bewachsenen Brust sehen.
Sie
blickte errötend zur Seite, obwohl sie ihren Mann schon einige Male ohne Hemd
gesehen hatte. So kräftig und muskulös wie er war, hätte er gut und gern ein
Holzarbeiter sein können. »Ja«, sagte sie rasch. Dann: »Nein. Ach, ich weiß
auch nicht.« Wenn er doch nur gehen würde! Sie wurde mit dieser Situation einfach
nicht fertig!
»Komm ins
Wohnzimmer«, sagte er.
Connie
rührte sich nicht von der Stelle. Was wollte er denn nur von ihr? Doch die
Antwort erschien ihr offensichtlich.
Sie dachte
an seine Berührung und an seine Küsse. Er war kein
gehemmter oder behutsamer Liebhaber, er berührte sie überall, ganz gleich, wie
sehr sie auch protestieren oder wie überrascht sie auch reagieren mochte. Aber
warum erinnerte sie sich ausgerechnet jetzt an seine Art zu lieben? Und an diese
Fantasien, die sie kürzlich gehabt hatte? Sie verspürte ein Kribbeln in ihrem
Inneren, doch sie ignorierte es. »Ich bin müde«, sagte sie und stellte zu ihrer
eigenen Überraschung fest, dass ihre Stimme sich verändert hatte und seltsam
ausdruckslos und hart geworden war.
»Komm ins
Wohnzimmer«, wiederholte er.
Connie
erstarrte, denn es war ein Befehl, das wussten sie beide.
Genauso wie sie beide wussten,
dass sie ihm niemals den Gehorsam verweigern würde, wenn er auf diese Weise
mit ihr sprach. Dennoch rührte sie sich nicht, sondern blieb stocksteif
stehen. Widersprich nicht. Streite nicht ...
Irgendetwas
stimmt nicht mit mir, dachte sie verzweifelt. Sie nickte und schaffte es
irgendwie, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Neil blieb an der Tür stehen
und beobachtete sie. Als sie an ihm vorüberging, spürte sie, wie sich sein
Blick in ihren Rücken bohrte. Es gefiel ihr überhaupt nicht, dass er sie auf
diese Weise anstarrte. Missbilligte er ihr Verhalten etwa? Vielleicht gefiel
ihm ja auch ihr Negligé nicht!
Es ärgerte
sie bereits, dass sie ihm gehorcht hatte.
Er folgte ihr in das
angrenzende Zimmer, das sich zwischen ihrem wunderschönen rosa-weißen
Schlafzimmer und dem Ankleidezimmer befand.
Im Kamin loderte ein Feuer, und
als Connie zuvor zur Tür hereingekommen war, hatten alle Lampen gebrannt. Neil
hatte sie offenbar bis auf eine einzige ausgeschaltet. Connie stellte sich vor das Feuer und faltete die Hände.
Wie konnte er nur nach einem so schrecklichen Abend an Leidenschaft denken?
Bisher hatte Connie stets
klaglos akzeptiert, dass das Wohl ihres Mannes für sie an erster Stelle zu
stehen hatte. Als seine Frau war es ihre wichtigste Aufgabe, dafür zu sorgen,
dass er glücklich und zufrieden war.
Der Grund,
warum er zu Eliza, dieser Hure, gegangen war, lag
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