Brenda Joyce
Schwierigkeiten?«
»Noch nicht. Ich habe heute
Morgen die Zeitung versteckt und weiß, dass Papa deswegen sehr verärgert
gewesen ist. Seine Morgenzeitungen sind ihm heilig. Wenn er und Mama den
Artikel sehen, bin ich erledigt.«
»Bitte setzen Sie sich doch
erst einmal«, sagte Bragg und vermochte sich ein Grinsen nicht zu verkneifen.
»Finden
Sie das etwa lustig?«, rief Francesca entrüstet.
Er führte
sie zu einem schäbigen Stuhl mit Polstern, deren Tweedwolle an manchen Stellen
bereits zerrissen war.
»Nein,
natürlich nicht. Bitte entschuldigen Sie«, erwiderte er. Sie setzte sich und
blickte zu ihm auf. Er schien immer noch leicht amüsiert zu sein. »Bragg, wenn
ich wie ein kleines Kind bestraft werden sollte, dann ist das wohl kaum ein
Grund zum Lachen.«
»Das tut mir aufrichtig Leid.
Aber Sie haben sich nun einmal in große Gefahr begeben, Francesca.« Erneut
musterte er sie mit einem durchdringenden Blick, und das Lächeln war verschwunden.
Francescas
Herz begann heftig zu schlagen, und sie umklammerte unwillkürlich die
Armlehnen des Stuhls. »Ich war nur für ganz kurze Zeit in Gefahr«, sagte sie.
»Das ist ja
wohl nicht Ihr Ernst, Francesca! Ein Mörder und seine Gehilfen hatten Sie an
ein Bett gefesselt!« Seine Augen blitzten.
»Ich konnte doch nicht ahnen,
was geschehen würde, als ich zu diesem Haus ging«, wandte sie ein.
»Sie waren
in Gefahr, Francesca, und Sie wissen, dass ich das nicht gutheißen kann.
Vielleicht sollten Sie Ihr neues Hobby noch einmal überdenken. Es ist
gefährlich, Detektiv zu spielen, und Sie sind eine junge Frau.«
»Aber wir sind doch Partner!
Und ich bin eine gute Detektivin! Das haben Sie selbst gesagt.«
»Sie sind eine exzellente
Detektivin«, gab er mit grimmiger Miene zu.
»Na also. Da kann ich doch
jetzt nicht einfach so aufhören!«, erwiderte sie. »Arbeiten Sie eigentlich an
einem neuen Fall?«, fügte sie dann hinzu.
Er lehnte sich mit seinen
schmalen Hüften gegen die Schreibtischkante. Francesca spürte, dass sie bei
dem Anblick errötete und blickte schnell zur Seite.
»Meine
Behörde ist mit allen möglichen Ermittlungen beschäftigt, wie Sie wissen.
Meine frühere Beziehung zu Eliza Burton und die Tatsache, dass Randall Calders
Vater war, erklärt das besondere Interesse, das ich an diesen beiden Fällen
hatte.«
Calder
Hart war Braggs Halbbruder. Ihre Mutter, Lily Hart, war einem Krebsleiden
erlegen, als Bragg elf und Hart neun Jahre alt gewesen waren. Braggs Vater,
Rathe Bragg, der von der Existenz seines unehelichen Sohnes erst nach Lilys Tod
erfahren hatte, nahm nicht nur Bragg, sondern auch Calder in seine eigene große
Familie auf. Zu jener Zeit war Rathe von Präsident Grover Cleveland in ein
politisches Amt berufen worden, und die Familie lebte in Washington, D.C.
Später kehrten die Braggs für kurze Zeit nach New York zurück, bevor sie die
Heirat ihrer Tochter Lucy nach Texas verschlagen hatte. Francesca hatte
zufällig mit angehört, dass Rathe und seine Frau Grace beabsichtigten, schon
bald mit einigen ihrer fünf Kinder nach New York zurückzukehren. Sie nahm an,
dass die Ältesten bereits ihr eigenes Leben führten.
Calder
Hart war eine Zeit lang verdächtigt worden, seinen Vater Randall umgebracht zu
haben. Randall hatte Calder nie als seinen unehelichen Sohn erkannt, weswegen
ihn Calder Zeit seines Lebens gehasst hatte.
Bragg
seufzte leise und riss Francesca damit aus ihren Gedanken. »Warum legen Sie
Ihre neue Betätigung nicht für eine Weile auf Eis, Francesca? Ich glaube, das
wäre die beste Möglichkeit, Ihre Eltern zu besänftigen, falls sie erfahren
sollten, was beim Randall-Mord geschehen ist. Außerdem wäre es auch ein
hervorragender Weg, um Ihre Noten zu verbessern.«
»Es gibt
also keinen neuen Fall?«, fragte Francesca ein wenig niedergeschlagen.
Bragg
seufzte erneut, dieses Mal lauter. »Francesca, für mich ist derzeit die
Ernennung eines Polizeichefs die wichtigste Aufgabe, was mir bisher noch nicht
gelungen ist, obwohl ich mich bereits seit einem Monat im Amt befinde.«
Sie setzte sich auf. Ihr
Interesse war geweckt. »Und haben Sie mittlerweile einen ehrlichen Mann
gefunden?«
Seine Augen funkelten. »Es gibt
einige ehrliche Männer bei der Polizei, Francesca.«
»Freut
mich, das zu hören«, gab sie lächelnd zurück. Die New Yorker Polizei war für
ihre Bestechlichkeit berüchtigt. Bragg hatte es sich auf die Fahne
geschrieben, den Polizeiapparat zu reformieren, bei dem Mauschelei und
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