Brenda Joyce
anders, als ihn anzustarren
und sich daran zu erinnern, warum sie sich einmal in ihn verliebt hatte.
Er errötete und wich ihrem Blick aus.
Doch das war ihr egal. Sie griff über den Schreibtisch hinweg
nach seiner Hand. »Du bist so ein guter Mensch.«
Er schlug die Augen nieder und zog seine Hand
unter der ihren weg. »Wenn Katie oder Dot jemals so etwas zustoßen würde ...«
Er brachte es nicht über sich, den Satz zu beenden.
»Das wird es nicht«, entgegnete Francesca
mit fester Stimme und fuhr dann fort: »Bragg? Katie muss Leigh Anne noch einmal
sehen. Es ist furchtbar wichtig für sie, auch wenn sie immer noch krank ist und
...«
»Nein.« Er erhob sich unvermittelt. »Sergeant O'Malley wird deine
Aussage aufnehmen.«
Offenbar wollte er, dass sie ging. Sie mochte es kaum glauben.
»Bragg – Rick –, ich habe mit den Kindern gefrühstückt. Dot ist ein wenig
durcheinander, aber Katie vermisst Leigh Anne ganz entsetzlich!«
»Wann beabsichtigt Calder seine Aussage zu machen?«, fragte Bragg
und schritt an ihr vorbei zur Tür.
Sie starrte ihn an. Er schließt mich aus seinem Leben aus, dachte
sie ungläubig. Diese Erkenntnis tat ihr schrecklich weh.
»Ich benötige Calders Aussage«, setzte er
ungeduldig hinzu.
»Ich weiß nicht, wann er herkommt«, gab sie zurück. Bragg vermied
es immer noch, ihr in die Augen zu blicken. »Wenn du ihn siehst, richte ihm
bitte aus, er soll umgehend hier erscheinen«, sagte er. »Tut mir leid, dass ich
so in Eile bin, aber ich muss jetzt wirklich los«, fügte er hinzu und warf ihr
einen kurzen Blick zu.
Francesca biss sich auf die Lippe und nickte. »Nun, ich habe auch
noch einiges zu erledigen.«
Er war derart in Gedanken versunken, dass er sie gar nicht gehört
zu haben schien. Francesca sah zu, wie er seinen Hut und seinen Mantel anzog,
und ihr wurde klar, dass er sich auf den Weg ins Krankenhaus machte. Sie
zögerte für einen Moment, hätte ihn gern begleitet, aber andererseits beabsichtigte
sie ja, sich so bald wie möglich im Stadtzentrum mit Calder zu treffen.
An der Tür blieb Bragg noch einmal kurz stehen. »Also dann,
O'Malley wird deine Aussage aufnehmen.«
Sie lächelte verkrampft und sah zu, wie er das Zimmer verließ.
Während Francesca
sich von einem Angestellten zu Calders großem Eckbüro führen ließ, hatte sie
das Gefühl, dass ihre Wangen gerötet waren. Hart stand mit dem Rücken zu ihr an
einem der großen Fenster und blickte auf den Hafen hinaus, wo ein Wald von
Masten gen Himmel ragte. Der Angestellte, den Francesca nicht kannte,
murmelte: »Miss Cahill, Sir.«
Sie umklammerte ihre Handtasche ganz fest. Calder drehte sich
langsam um.
Seine Miene war ernst und verschlossen wie am Abend zuvor, aber
er war dennoch ein beunruhigend verführerischer und geheimnisvoller Mann.
Furcht breitete sich in Francescas Innerem aus. Las sie möglicherweise etwas
in sein Verhalten hinein, was gar nicht da war? Auch er erweckte den Eindruck,
als habe er eine schlaflose Nacht hinter sich. Ein unangenehmes Gefühl
beschlich sie – offenbar quälten ihn Zweifel. Warum bloß?
»Ich hatte eigentlich beabsichtigt, zu dir zu kommen«, sagte er
höflich. Viel zu höflich. Nichts erinnerte mehr daran, dass sie einige Zeit
fast gänzlich unbekleidet in seinem Bett zugebracht hatte. »Du hättest dir
nicht die Mühe zu machen brauchen, herzufahren.«
Nun bekam sie es wirklich mit der Angst zu tun. »Ich bin
Frühaufsteherin. Ich habe sogar gerade schon meine Aussage bei der Polizei
gemacht.«
»Dazu werde ich mir auch noch Zeit nehmen
müssen.«
Irgendetwas stimmte nicht mit Calder Hart.
Er schien durchaus nicht erfreut, sie zu sehen. Er machte nicht den Eindruck
eines Mannes, der mit seiner Braut durchzubrennen gedachte. Und als er ihr
kürzlich erst geraten hatte, ihre Verlobung noch einmal zu überdenken, war
dies wohl seinem Wunsch entsprungen, dass sie sich ihrer Entscheidung auch
absolut sicher sein sollte – oder war es lediglich eine Platitüde gewesen,
seine Art, höflich zu sein? Er hatte immer darauf bestanden, ihr niemals
wehtun zu wollen. Was, wenn er in Wahrheit derjenige war, der Zweifel bezüglich
ihrer Verlobung hegte? Lieber Himmel, der Mann war von jeher ein überzeugter
Junggeselle gewesen, der sich immer ausdrücklich dagegen ausgesprochen hatte,
jemals zu heiraten.
Was für eine Närrin sie doch war! Natürlich war er hin- und
hergerissen – offensichtlich wollte ein Teil von ihm niemals heiraten, weder
sie noch sonst irgendeine
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