Brenda Joyce
Frau.
Francesca kämpfte gegen die plötzlich aufsteigenden Tränen an und
blickte aus dem Fenster. Sie kam zu der Entscheidung, nicht mit Calder
durchzubrennen, denn das gehörte sich einfach nicht. Sie konnte es nicht tun,
weil sie ihre Eltern und Connie – und nicht zu vergessen Evan und Sarah – bei
ihrer Hochzeit dabeihaben wollte. Und auch Maggie und Joel sollten daran teilnehmen.
Und Alfred. Wenn sie mit Calder durchbrannte, würde sie mit einer schrecklichen
Lüge leben müssen, und das wollte sie nicht.
Außerdem erschien es ihr nicht richtig, ausgerechnet jetzt zu
heiraten, da Rick durch den Unfall seiner Frau eine solche Tragödie zu
verkraften hatte.
Aber Francesca hatte Angst, Calder zu gestehen, dass sie lieber
so lange warten wollte, wie ihre Eltern es für angemessen erachteten, um dann
eine richtige Hochzeit zu feiern.
Plötzlich sagte Hart: »Ich
bringe es einfach nicht fertig.« Francesca hielt den Atem an. Ihr schlimmster
Alptraum wurde Wirklichkeit: Calder machte mit ihr Schluss.
Sie fühlte sich ganz elend. Glücklicherweise hatte sie zum
Frühstück nichts hinunterbringen können und lediglich ein paar Schlucke Tee getrunken,
sonst hätte sie sicherlich das hübsche Kleid ruiniert, das sie trug.
»Francesca«, sagte er grimmig und fasste sie am Arm. »Bitte nimm
Platz.«
Francesca hätte ihn am liebsten von sich gestoßen, doch sie war
vor lauter Kummer wie gelähmt. Er hatte versprochen, ihr niemals wehzutun –
und jetzt war er offenbar im Begriff, dieses Versprechen zu brechen. Francesca
zog ihren Arm weg, kehrte Calder den Rücken und schlang die Arme um sich.
»Ich bringe es nun einmal einfach nicht fertig«, wiederholte er
hinter ihr.
Sie wusste, dass sie kein Wort herausbringen würde, daher
versuchte sie es erst gar nicht.
Er fasste wieder ihren Arm und
drehte sie zu sich um. »Es gibt da etwas, das ich dir sagen muss«, erklärte er
düster. Sie schloss ängstlich die Augen. Womöglich würde sie sich doch noch
übergeben müssen.
»Leigh
Anne wird sterben.«
Es dauerte einen Moment, ehe seine Worte in ihr Bewusstsein
drangen. Francesca schlug die Augen auf, sah Harts finsteres, resigniertes
Gesicht, und sie meinte einen gequälten Ausdruck darin zu erkennen. » Was sagst
du da?«
»Sie ist gestern Nachmittag ins Koma gefallen. Ihr Arzt rechnet
damit, dass sie noch ein paar Tage durchhalten wird, möglicherweise eine
Woche.«
Endlich erfasste Francesca die volle Bedeutung dessen, was Calder
da sagte. »Leigh Anne liegt im Koma?« Jetzt verstand sie auch Ricks
Verzweiflung. Warum hatte er nur nicht mit ihr darüber gesprochen? »Großer
Gott.« Die beiden taten ihr so schrecklich leid. »Wann hast du es erfahren?«
Sein Gesicht trug nun einen beinahe schmerzlichen Ausdruck.
»Gestern«, antwortete er. »Gestern Nachmittag.« Ihre Gedanken überschlugen
sich. Also hatte er bereits gestern Abend, als er ihr vorschlug, mit ihm
durchzubrennen, von Leigh Annes dramatisch verschlechtertem Zustand gewusst.
»Ist sich der Doktor denn wirklich sicher, dass sie sterben wird? Vielleicht
erlangt sie ja doch noch das Bewusstsein wieder ...«
»Alle behandelnden Ärzte sind sich sehr sicher«, versetzte Calder
ausdruckslos.
Sie blickte in seine dunklen Augen. Es dauerte einen Moment, ehe
sie imstande war, zu sprechen, denn ihre Gedanken überschlugen sich. »Sie darf
nicht sterben!«
Er zuckte stumm die Schultern.
»Wir sollten zum Krankenhaus fahren«, sagte sie rasch. »Wenn du
das möchtest, dann solltest du es tun.«
Sein Tonfall klang so sonderbar. Francesca hatte sich bereits
abgewandt und wollte aus seinem Büro eilen, doch dann zögerte sie und drehte
sich wieder zu ihm um. »Calder, da steckt doch mehr dahinter, oder? Ich bin ein
wenig verwirrt. War es das, was du mir sagen wolltest? Die Sache mit Leigh
Anne? Oder gibt es da noch etwas, worüber du mit mir reden möchtest? Außerdem
bin ich der Ansicht, dass wir gemeinsam zum Krankenhaus fahren sollten.«
Sein Blick verdüsterte sich wie der Himmel
bei einem heraufziehenden Unwetter. »Leigh Anne wird sterben, Francesca. Ich
hatte dir das eigentlich nicht sagen wollen. Aber ich bin anscheinend
doch nicht so ein übler Charakter. Und jetzt weißt du es. Hast du eine Kutsche?
Falls nicht, werde ich arrangieren, dass du ins Bellevue gefahren wirst.«
Langsam dämmerte es ihr. »Entschuldige, ich möchte natürlich zum
Krankenhaus, aber ...« Sie verstummte für einen Moment und tat einen tiefen
Atemzug. »Löst du unsere
Weitere Kostenlose Bücher