Brenda Joyce
gesteckt werden«, sagte Francesca.
Natürlich war das nichts weiter als eine Drohung – sie hatte
keineswegs die Absicht, Beth ins Gefängnis zu bringen. Doch sie erzielte die
gewünschte Wirkung: Beth wurde kreidebleich
und gestand: »Ich hab gesehen, wie zwei Männer sie gepackt haben, direkt hier
vor dem Laden! Sie sahen aus wie Schurken. Der eine war klein und fett, der andere
groß und kahl. Emily hat sich gewehrt, aber das hat ihr nichts genutzt. Sie
haben ihr einen Sack über den Kopf gestülpt, sie in eine Kutsche gepackt und
sind davongefahren.«
»Warum hast du das denn nicht der Polizei erzählt?«, rief
Francesca.
Beth schlang sich die Arme um den Leib. »Die Männer haben mich
gesehen, und bevor sie verschwunden sind, hat der Dicke meine Hand gepackt und
sie mir beinahe gebrochen. Er hat gesagt, wenn ich irgendjemandem davon erzähle,
werde ich die Nächste sein!«
Schmitt stieß einen Verzweiflungslaut aus und ließ sich mit
hängenden Schultern auf eine Kiste sinken.
Francesca steckte die Waffe weg, ging auf Beth zu und legte einen
Arm um das Mädchen. »Es war richtig, dass du mir davon erzählt hast. Die
Polizei wird dich beschützen«, versicherte sie.
Beth nickte unter Tränen.
»Den Teufel wird sie!«, rief Schmitt.
»Ich werde dich beschützen«, erklärte Francesca daraufhin mit
fester Stimme. »Aber zuerst müssen wir zum Polizeipräsidium fahren.«
»Zum Polizeipräsidium?«, wiederholte Beth
zitternd.
»Ja, sie haben dort eine Kladde mit Fotografien und Zeichnungen
von bekannten Gaunern und Verbrechern, Beth. Vielleicht erkennst du die beiden
Männer wieder, die Emily entführt haben.«
Beth wischte sich mit dem Zipfel ihrer
Schürze über die Augen. »Ich möchte ja helfen. Ich wollte Ihnen eigentlich schon
früher helfen. Aber Vater hat mich nicht gelassen.« Sie wirkte verängstigt.
»Ich will nicht, dass dir was
zustößt«, sagte Schmitt und erhob sich schwerfällig. »Du bist mein einziges
Kind«, setzte er leidenschaftlich hinzu.
Francesca wusste um die Wichtigkeit eines Augenzeugen. Sie traf
eine Entscheidung. »Beth kann bei mir bleiben, bis der Fall aufgeklärt ist«,
sagte sie. »Bei mir zu Hause wird sie sicher sein, Mr Schmitt.«
Er
blinzelte. »Bei Ihnen zu Hause?«
Auch Beth konnte es nicht fassen. »Ich darf bei Ihnen wohnen?«
»Ja. Wir haben genug Gästezimmer. Zuerst fahren wir zum Präsidium,
und dann kommen wir noch einmal her, damit du ein paar Sachen zusammenpacken
kannst.« Francesca lächelte die beiden an. »Im Villenviertel ist sie in
Sicherheit, Mr Schmitt.«
Der Ladenbesitzer sah aus, als verstünde er die Welt nicht mehr.
»Warum tun Sie das? Was kümmert Sie meine Tochter – oder Emily?«, fragte er.
»Die Kinder liegen mir nun einmal am Herzen«, erwiderte Francesca
mit Nachdruck, fasste Beth am Ellenbogen und führte sie aus dem Laden auf die
Straße hinaus.
»Geben Sie Vater nicht die Schuld«, bat Beth sie. »Er hat Angst.
Er hat bloß versucht, mich zu schützen.«
»Das verstehe ich ja«, erwiderte Francesca. »Er hat es nur völlig
falsch angestellt.« Plötzlich blieb sie wie angewurzelt stehen – ein
berittener Polizist kam die Straße entlang, ein seltener Anblick in dieser
Gegend. Der Mann steuerte geradewegs auf sie zu.
Wahrscheinlich
war er auf der Suche nach ihr. Ob Bragg sie wohl zu sprechen wünschte? Sie
hatte ihm noch nichts über den Vorfall am gestrigen Abend erzählt, also gab es
vielleicht eine neue Entwicklung in ihren Ermittlungen. Während der Polizist
sich zügig näherte, erblickte Francesca eine vertraute Gestalt auf der anderen
Straßenseite: Eliza Smith, Deborah Smiths Mutter und Tom Smiths Witwe.
»Miss Cahill«, sprach der Polizist sie an und
stieg vom Pferd.
Sein Gesicht kam Francesca vage bekannt vor.
»Ja?«
»Sie werden im Präsidium gebraucht. Ich habe den Auftrag, Sie zu
suchen und Ihnen mitzuteilen, dass Sie sich unverzüglich dort einfinden
sollen«, sagte er.
Ihre Neugierde war geweckt. Hoffentlich gab es eine neue, heiße
Spur. »Wir sind ohnehin gerade auf dem Weg dorthin«, erwiderte sie. »Wir werden die Kutsche
nehmen, mit der ich hergekommen bin.« Sie benutzte an diesem Tag den Brougham
ihrer Familie, und Jennings, der Kutscher, wartete geduldig ein paar Meter
entfernt am Straßenrand. »Sehr wohl, Miss«, entgegnete der Polizist und
salutierte höflich, bevor er wieder auf seinen Wallach stieg und davonritt.
Francesca blickte Beth lächelnd an und sagte: »Ich muss kurz mit
Eliza
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