Brenda Joyce
einem seltsam finsteren Ausdruck an. »Ich will nicht,
dass dir bei diesem Fall etwas Ernsteres zustößt, Francesca.«
»Dazu wird es nicht kommen«,
antwortete sie.
»Wird Hart dir erlauben, die
Ermittlungen fortzusetzen?«
»Hart hat mir nichts zu
erlauben oder zu verbieten«, gab sie zurück.
»Mir scheint, du kennst den Mann, den du zu heiraten gedenkst,
nicht so gut, wie du glaubst«, sagte Bragg leise. Sein Tonfall gefiel Francesca
nicht.
Sie blickte ihn forschend an. »Du hast heute wohl schlechte Laune.
Lass sie bloß nicht an mir aus.«
»Warum nicht? Sie ist zu einem
Großteil deshalb so schlecht, weil du gestern Abend überfallen wurdest und
danach zu ihm gegangen bist – und ich nicht da war, um dir beizustehen.«
»Ja, ich war gestern Abend mit
Hart zusammen. Und du mit Leigh Anne.«
Bragg
wurde rot, was sie nicht verstand.
»Ich dachte, du hättest nach
mir geschickt, weil es eine neue Spur gibt.«
»Nein.«
»Nein? Nun, aber ich habe eine. Ich habe Schmitts Tochter
mitgebracht. Sie hat beobachtet, wie Emily entführt wurde, Bragg, und ich
möchte, dass sie sich die Schurkensammlung ansieht. Vielleicht kann sie die
Entführer identifizieren. Außerdem bin ich gespannt, ob wir darin John Cooper
finden.«
»Beth Schmitt hat die Entführung beobachtet?«, vergewisserte sich
Bragg, der über dieser Neuigkeit seinen Unmut zu vergessen schien.
Francesca nickte. »Das Mädchen wurde von
zwei Männern verschleppt – einer klein und fett, der andere groß und kahlköpfig.
Der Kleine hat Beth gedroht, sich an ihr zu rächen, wenn sie etwas verrät.«
Francesca blickte Bragg nachdenklich an. »Calder glaubt, wir hätten es hier
mit Kinderprostitution zu tun.«
Er verzog
das Gesicht. »Das wundert mich nicht.«
»Ich glaube
es auch.«
Er starrte sie an. »Jetzt denkt
ihr also sogar schon das Gleiche.«
Sie verlor die Beherrschung. »Wohl kaum, aber
wir stimmen in dieser Angelegenheit überein, und wenn wir recht haben sollten,
handelt es sich um ein abscheuliches Verbrechen!«
Bragg fasste sie am Arm. »Beruhige dich doch. Mit Schreien löst du
weder den Fall noch sonst etwas.«
Francesca entzog sich ihm. »Und was glaubst du? Ich möchte die
Wahrheit hören und keine geschönte Version!« Dabei schlug ihr das Herz bis zum
Hals.
»Ich bin derselben Meinung«, sagte er ausdruckslos. »Ich wollte
dir eigentlich die Sorgen ersparen, mit denen du dich nun augenscheinlich
herumquälst.«
»Indem du mich anlügst?«, versetzte sie ungläubig und bestürzt
zugleich. »Indem du mich bei einer so wichtigen Ermittlung in die Irre
führst?«
»Ich habe lediglich versucht, dich zu schützen«, erwiderte er mit
scharfer Stimme.
»Vielleicht solltest du besser deine Frau beschützen«, konterte
Francesca ohne nachzudenken.
Bragg
zuckte zurück, als hätte sie ihn geschlagen.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie, entgeistert über ihre eigene
bissige Bemerkung.
»Also dann, zeigen wir Beth Schmitt die Fotos und Zeichnungen«,
sagte er nur.
Vor Bestürzung wie erstarrt, sah Francesca zu, wie er zur Tür
ging. Was war nur aus ihnen beiden geworden?
Bragg wandte sich noch einmal
um. »Sein Plan geht auf, merkst du das nicht? Genau das will er doch erreichen:
Er versucht uns auf jede nur erdenkliche Weise auseinanderzubringen. Sogar
unsere Freundschaft will er zerstören.« Francesca begegnete seinem Blick. »Du
irrst dich.«
Er gab
einen verächtlichen Laut von sich.
Doch in Wahrheit hatte sie Angst. Angst, dass er recht haben
könnte.
Als es Beth eine Stunde später nicht gelungen war, die Schurken zu
identifizieren, die Emily entführt hatten, gelangte Francesca zu dem Schluss,
dass die beiden nur Handlanger waren, nicht die eigentlichen Drahtzieher der
Kinderprostitution. Allerdings entdeckten sie John Cooper in der Kladde.
Er war zwei Jahre im Gefängnis gewesen, und zwar wegen einer
merkwürdigen Betrügerei: Er hatte seine Tochter als das Kind eines anderen
Paares ausgegeben, das seit seiner Geburt vermisst wurde. Die verzückten Eltern
hatten ihm mehrere tausend Dollar für die Rückgabe ihres angeblichen Kindes
gezahlt, und hätte nicht zufällig jemand Bonnie auf der Straße erkannt, wäre
der Schwindel nie aufgeflogen. Sie war damals drei Jahre alt gewesen.
Vor neun Jahren hatte der Mann also seine eigene Tochter verkauft.
»Er hat es
wieder getan«, flüsterte Francesca.
Bragg hatte es in der letzten Stunde vermieden, sie anzusehen,
doch nun begegneten sich ihre Blicke. »Es wird mir
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