Brenda Joyce
am
vergangenen Abend von Hart zurückgekehrt war, hatte sie draußen vor dem Haus, wo
sie angegriffen worden war, nach ihrer Handtasche gesucht und sie auch unversehrt
gefunden. Ihre kleine Pistole war nun geladen – für den Fall, dass ihr
Angreifer noch einmal zurückkehrte. »Eine Privatdetektivin?« Die Frau stieß ein
gackerndes Lachen aus. »Seit wann verirren sich denn Leute aus den feinen
Wohnvierteln hier in unsere Gegend? Und 'ne Privatdetektivin noch dazu!«
Lächelnd, jedoch mit fester Stimme versetzte Francesca: »Ich frage
mich, ob Sie mir vielleicht bei meinem Fall helfen könnten«, erklärte sie.
Die Miene der alten Frau hellte sich auf. »Sie wollen meine Hilfe?
Aber sicher helfe ich Ihnen, liebend gern!«
Francesca warf einen raschen Blick auf Schmitt, der erbost schien.
Er kehrte ihr den Rücken zu und sagte: »Beth, geh doch mal nach hinten und sieh
nach, ob die neue Lieferung in Ordnung ist.«
Bei Francesca begannen die Alarmglocken zu läuten. Sie erinnerte
sich sehr gut daran, dass er seine nervöse Tochter bei ihrem letzten Besuch im
Laden ebenfalls fortgeschickt hatte. »Mr Schmitt sagte mir, dass Sie jeden
Montagnachmittag hier einkaufen.«
Mrs Polaski
nickte. »Und auch jeden Freitag.«
»Kennen Sie Emily O'Hare? Ein
zierliches, hübsches Mädchen von dreizehn Jahren mit heller Haut und ganz dunklem
Haar?«
»Emily O'Hare? Natürlich kenne ich die – ich seh sie doch ständig
hier in der Nachbarschaft. Nettes Mädchen. Die Mutter is auch nett. Den Vater
kann ich allerdings nicht leiden, der is 'n fieser Trunkenbold.«
Schmitt fuhr herum. »Das hier ist ein Geschäft, Miss Cahill, kein
Tratschsalon.«
Francesca verlor die Geduld.
»Was verheimlichen Sie eigentlich, Mr Schmitt? Ist Ihnen bewusst, dass es ein
Verbrechen ist, der Polizei Informationen vorzuenthalten?« Er starrte sie an.
»Ich weiB nicht, wovon Sie reden«, entgegnete er und verschwand ins
Hinterzimmer.
»William ist wütend«, bemerkte Mrs Polaski. »Nicht wahr, Olga?«
Die jüngere Frau nickte. »Ich bin Olga Rubicoff, Mrs Polaskis
Schwiegertochter«, sagte sie lächelnd.
»Warum ist William denn wütend? Und warum
fragen Sie mich nach der kleinen Emily?«, wollte Mrs Polaski wissen.
»Emily ist am letzten Montag zwischen vier
und halb fünf nachmittags auf dem Weg zu diesem Laden hier verschwunden. Ich
wüsste gern, ob Sie sie an diesem Tag gesehen oder vielleicht sogar beobachtet
haben, was mit ihr geschehen ist.«
»Emily ist verschwunden?«,
fragte Olga erschrocken. Mrs Polaski reagierte gleichfalls schockiert. »Aber
das ist ja furchtbar! Wie kann ein Kind denn einfach so verschwinden?«
»Ich weiß es nicht. Ich hatte gehofft, Sie könnten es mir vielleicht
sagen.«
»Wir haben sie schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen«, sagte
Mrs Polaski. »Nicht wahr, Olga?«
»Ich war am Montag bei meiner Schwiegermutter.
Ich helfe ihr meist mit den Einkäufen. Wir haben Emily nicht gesehen, Miss
Cahill, es tut mir furchtbar leid«, sagte die jüngere Frau.
»Nun, trotzdem vielen Dank«, erwiderte Francesca niedergeschlagen.
Während die Frauen ihre Tüten aufsammelten, wagte Francesca es,
die Thekentür zu entriegeln und durch einen Vorhang hinter der Theke das
Hinterzimmer zu betreten. Der Raum war klein und mit Kisten und Säcken
angefüllt, die allerlei Waren enthielten. Mitten im Zimmer standen Schmitt und
seine Tochter Beth, die weinte. Als Schmitt Francesca bemerkte, erstarrte er.
»Hier is kein Zutritt für Kunden!«, sagte er.
Doch Francesca ließ sich nicht abweisen. »Beth, der Polizei
Informationen vorzuenthalten ist ein Verbrechen, und dies ist eine offizielle
polizeiliche Untersuchung. Wenn du etwas weißt, musst du es mir sagen«,
erklärte sie ernst.
»Raus!« Schmitt trat auf sie zu. Er war furchtbar wütend und
schien drauf und dran, auf sie loszugehen.
Ohne recht zu wissen, was sie tat, zog Francesca ihre kleine
Pistole aus der Handtasche. Beim Anblick der Waffe blieb Schmitt wie angewurzelt
stehen. »Ich bin heute ein wenig nervös«, erklärte sie und blickte in Schmitts
große, wachsame Augen, wobei sie die Pistole auf ihn gerichtet hielt. »Denn
gestern Abend hat mich jemand mit einem Messer angegriffen. Der Angreifer
wollte, dass ich diesen Fall vergesse. Hier ist etwas Kriminelles im Gange,
und ich werde herausfinden, was es ist. Beth? Falls wir erfahren sollten, dass
du uns Informationen vorenthalten hast, wirst du wegen Behinderung der Justiz
angeklagt und ins Gefängnis
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