Brenda Joyce
egoistisches und zorniges Mädchen weggegangen. Aber ich
glaube, dass eine reife und – wie ich finde – stark veränderte Frau an seine
Seite zurückgekehrt ist. Leigh Anne ist eine andere geworden – und sie hat
sich zum Positiven gewandelt. Ich möchte, dass die beiden eine richtige Ehe
führen, Francesca. Aber dazu müssen sie erst einmal die Gelegenheit haben.«
»Warum erzählen Sie mir das alles?«, fragte
Francesca bestürzt, doch sie kannte die Antwort bereits.
»Weil diese Bindung zwischen Ihnen und Rick
nach wie vor besteht und das nicht besonders hilfreich für seine Ehe ist.«
Francesca errötete erneut. Vorsichtig sagte
sie: »Und warum ermutigen Sie mich dann nicht, Calder zu heiraten?«
»Weil Sie ihn nicht lieben. Und weil ich es
nicht mitansehen kann, wenn sich meine Söhne Ihretwegen bekämpfen.« Sie
spielte ein wenig mit ihrem Glas herum und sagte dann: »Dieses Szenario gefällt
mir nicht. Es gefällt mir ganz und gar nicht.«
Francesca war elend zumute. »Sie bitten mich also, meine Verlobung
mit Calder zu lösen?«
»Das würde ich niemals tun. Ich bitte Sie lediglich darum, noch
einmal sorgfältig über Ihr Tun nachzudenken und sich nach dem 'Warum' zu
fragen. Die Entscheidung, ob Sie heiraten oder nicht, liegt bei Ihnen. Sie
sollten nur sicher sein, dass Sie auch aus den richtigen Gründen heiraten – und
nicht etwa, weil Sie sich verletzt fühlen und nicht den Mann bekommen können,
den Sie eigentlich wollen.« Verzweiflung überkam Francesca. Sie war so
aufgeregt gewesen wegen ihrer Verlobung, und nun fühlte sie sich nur noch
niedergeschlagen. Sie starrte auf das leinene Tischtuch. Was sollte sie nur
tun?
Brächte sie es überhaupt über sich, die Verlobung mit Hart zu
lösen?
Das Atmen fiel ihr schwer. Der Gedanke an einen Bruch mit Hart
verursachte ihr ein Gefühl von Übelkeit. Aber sie liebte ihn doch gar nicht,
oder? Sie hatte einmal kurz die wahre Liebe mit Rick Bragg gefunden, doch was
sie nun für Hart empfand, war so ganz anders. Er war so unberechenbar und
furchteinflößend und gefährlich.
Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, mit Hart in einem
trauten Heim mit Kindern zu leben. Mit Rick Bragg hingegen hatte sie sich das
so leicht ausmalen können.
Das Einzige, was sie sich mit Calder vorzustellen vermochte, war,
das Bett mit ihm zu teilen. Und das konnte man ja wohl kaum als Liebe
bezeichnen.
Vielleicht hatte Grace recht. Vielleicht sollte sie die Verlobung
lösen, bevor es zu spät war. Vielleicht wollte sie ihn wirklich aus den
falschen Gründen heiraten.
»Francesca? Ich hoffe, ich habe Sie mit meiner Ehrlichkeit nicht
verletzt.«
Francesca musste sich überwinden, sie
anzusehen und sich ein Lächeln abzuringen. »Ich weiß Ihre Ehrlichkeit zu
schätzen«, sagte sie. »Sie haben recht. Ich heirate aus den falschen Gründen.«
Bei diesen Worten war ihr sterbenselend zumute.
Grace sagte mit einem aufmunternden Lächeln: »Ich bin überzeugt,
dass Sie das Richtige tun werden.«
Francesca brachte kein Wort mehr heraus. Das Richtige zu tun würde
bedeuten, dass sie ihre Verlobung mit Calder Hart lösen musste.
Es war ein wunderschöner Frühlingstag, aber das Herz war ihr so
schwer, dass es ihr vorkam, als sei der Himmel grau und nicht etwa
kornblumenblau. Leigh Anne ging langsam den Broadway hinunter. Sie war so in
Gedanken versunken, dass sie sogar vergaß, ihren Schirm zu öffnen, dabei war
ihre helle Haut so empfindlich gegen die Sonne.
Sie sah Bilder der letzten Nacht vor sich, aber neben dem
prickelnden Verlangen war da auch ein Gefühl der Verletzung und der
Verzweiflung. Sie wusste, dass er sie bestrafte, indem er ihr die Möglichkeit
verweigerte, ihr gemeinsames Kind zu bekommen.
Wenn sie ihn doch nur dafür hassen könnte! Als sie nach ihrer
langen Trennung zu ihm zurückgekehrt war, hatte sie nicht gewusst, was sie für
ihn empfinden würde. Die Wut war lange verraucht, und an ihre Stelle war eine
eigentümliche Wehmut, ein seltsames Sehnen getreten. Diese altmodischen
Träume von wahrer Liebe und Kindern und einem glücklichen Heim mit einem
attraktiven Mann kamen ihr absurd vor, ganz so, als gehörten sie zu einer
anderen Frau. Leigh Anne fand sich selbst nicht mehr in dem verzogenen und
egoistischen Mädchen wieder, das an jenem lang vergangenen schicksalhaften Tag
seinen Mann verlassen hatte. Sie blieb vor einem Schaufenster mit wunderschönen
Hüten und Hauben stehen, ohne auch nur eine einzige Kopfbedeckung wirklich zu
sehen. Tränen
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