Brenda Joyce
geht es Ihnen gut?«
Voller ungläubigen Erstaunens
entgegnete er: »Die Frau, die ich geheiratet habe – und die ich verabscheue –,
tritt plötzlich wieder in mein Leben, und Sie fragen mich, ob es mir gut
geht?«
Sie schauderte. »Kann ich
irgendetwas für Sie tun?«
Er war zu sehr Gentleman, als dass er sie
darauf hingewiesen hätte, dass sie bereits genug getan hatte. »Auf uns wartet
eine wichtige Aufgabe, Francesca. Sie werden jetzt direkt zu Hart fahren, und
ich komme nach.« Er warf einen Blick über die Schulter, Francesca ebenso.
Leigh Anne stand reglos auf dem Gehsteig und beobachtete sie, die Hände in
einem Silberfuchsmuff, der zu dem breiten Kragen und Revers ihres
Chinchillamantels passte.
Sie musste
es wissen. »Werden Sie mit ihr sprechen?«
Sein Gesicht nahm einen
verschlossenen Ausdruck an. »Nein.«
Er hatte keine Zeit für diese Angelegenheit.
Er hatte
keine Zeit für sie.
Was
wollte sie?
Bragg stieg aus der Kutsche, reichte das Geld durch das Fenster
und eilte die breite Vordertreppe zum Waldorf Astoria Hotel hinauf. Als er die weitläufige Empfangshalle mit der hohen Decke
und dem glänzenden, von Perserteppichen bedeckten Holzboden betrat, blieb er
zögernd stehen.
Leigh Anne nahm an der Rezeption gerade ihren Zimmerschlüssel
entgegen. Sie lächelte – vielleicht zum Dank –, und der Hotelbedienstete war
sichtlich hingerissen. Als sie sich abwandte, blickte ihr der Mann in
hilfloser Sehnsucht nach.
Genau wie eh und je. Nichts hatte sich verändert. Seine kleine
Frau verstand es, Männer zu manipulieren und zu verzaubern, so, wie sie ihn vom
Augenblick ihrer ersten Begegnung an manipuliert und verzaubert hatte.
Er bebte innerlich. Was wollte sie? Was konnte sie wollen, warum
war sie hergekommen? Sie beide hatten einander vier Jahre lang nicht gesehen ... doch, einmal hatte er sie gesehen, als er
nach Paris gereist war, um sie heimzuholen, und sie dort zusammen mit einem
anderen Mann angetroffen hatte. Verflucht soll sie sein, dachte er
erschüttert.
Sie war noch immer in der Lage, ihn aus der Fassung zu bringen,
ihn zur Raserei zu treiben oder in tiefe Niedergeschlagenheit zu stürzen, wie kein
anderer Mensch es vermochte.
Und sie war noch immer makellos schön wie
ein kleiner Engel. Sie hätte in eines der religiösen oder mythologischen
Gemälde gepasst, die in Calders Villa hingen. Seit ihrer letzten Begegnung war sie
nicht um einen einzigen Tag gealtert. Wenn er sie ansah, kam ihm noch immer der
Gedanke, ob womöglich er selbst die Schuld an allem trug.
So absurd das auch war.
Sie hatte schließlich ihn verlassen.
Nachdem sie ihn erpresst hatte.
Ihr Blick fiel auf ihn, und sie erstarrte.
Er nahm all seinen Hass und seine Entschlossenheit zusammen,
hüllte sich hinein, wie man sich an einem frostigen Tag in einen schweren
Mantel hüllt, und schritt langsam auf sie zu. »Auf mich warten dringende
Aufgaben«, erklärte er forsch. »Aber ich kann zehn oder fünfzehn Minuten für
dich erübrigen.«
»Das ist furchtbar nett von dir«, erwiderte
sie ohne eine Spur von Sarkasmus. Ihre grünen Augen schauten unbeirrt in seine.
Sofort wandte er sich ab. Auch ihre Augen hatten sich nicht verändert – ihre
Farbe war die von Smaragden, ungewöhnlich dunkel und intensiv. Sie waren groß,
mandelförmig und von schwarzen Wimpern umgeben. Wenn Leigh Anne einen damit
eindringlich ansah, erweckten sie den Eindruck völliger Unschuld, grenzenloser
Naivität. Er würde nicht noch einmal in dieselbe Falle tappen wie vor Jahren.
Diese Frau hatte nichts, aber auch gar nichts Unschuldiges an sich.
Früher einmal hatte es da etwas gegeben. In
ihrer Hochzeitsnacht.
Wie ein Schlag trafen ihn heiße, schlüpfrige Erinnerungen und
Bilder von porzellanheller Haut und dunkleren Brustwarzen, schwerem schwarzem
Haar, das ihr wie ein Umhang um die Schultern fiel. Leise, gehauchte Schreie
schierer Lust hallten in seinem Kopf wider.
Sie legte ihre zierliche Hand auf seinen Arm. Er zuckte zurück. »Ich
habe ein Zimmer in der sechsten Etage«, sagte sie.
Bragg nickte stumm. Sein Herz schlug so
heftig, als hätten sie sich soeben geliebt. Während er Leigh Anne zum Aufzug
folgte, verbannte er jeglichen Gedanken an ihren Körper, der damals ebenso
vollkommen wie ihr Gesicht gewesen war. Klein und zerbrechlich, wenn auch nur
dem äußeren Schein nach – in Wahrheit kraftvoll und überaus geschmeidig, von
einer unsäglichen Begierde erfüllt. Warum erinnerte er sich nur an das
Einzige, was ihre
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