Brenda Joyce
Hände gestützt und
blickte durch einen Spalt zwischen den Gazevorhängen auf die Madison Avenue
hinaus.
»Con?«
Sie fuhr herum. »Oh, ich hatte dich gar nicht gehört!« Selbst im
Morgenrock wirkte Connie außerordentlich elegant und überwältigend schön. Nur
Francescas Schwester brachte es fertig, unmittelbar nach dem Aufstehen
auszusehen, als sei sie im Begriff, zu einem Ball aufzubrechen.
Connie hatte platinblondes Haar und lebhafte blaue Augen, ein
herzförmiges Gesicht sowie einen makellos geformten Körper.
Sie und Francesca sahen einander so ähnlich, dass sie häufig für Zwillinge gehalten wurden. Äußerlich unterschieden sie sich nur in
der Größe – Francesca überragte ihre Schwester um fünf Zentimeter – und in der
Farbe von Haut und Haar. Die Jüngere war ein dunklerer Typ, und ihr Haar wies
einen satten, honiggoldenen Ton auf.
Im Übrigen waren sie allerdings grundverschieden in ihrem
Charakter, ihrem Wesen und ihren Neigungen.
»Du hast heute lange geschlafen«, bemerkte Francesca mit sanfter
Stimme. Der grüblerische Ausdruck, den sie beim Eintreten bemerkt hatte, war
vom Gesicht ihrer Schwester verschwunden. »Geht es dir gut? Darf ich
hereinkommen?«
Connie nickte und erhob sich. »Ich fühle mich
nicht ganz wohl, und so beschloss ich, noch im Bett zu bleiben«, erklärte sie und
errötete – warum wohl? Gleich darauf lächelte sie und schien wieder ganz sie
selbst zu sein. »Aber ich freue mich, dich zu sehen, Fran. Auch wenn du
diejenige bist, die eigentlich im Bett liegen sollte«, setzte sie mit
gespielter Missbilligung hinzu.
»Ich konnte es einfach nicht ertragen, noch einen Moment länger
eingesperrt zu sein«, verteidigte sich Francesca, froh, dass sich ihre
Schwester wieder so benahm, wie sie sie kannte. »Möchtest du dich nicht
anziehen?«
»Gleich. Verrate mir erst, was
dich herführt.« Connie betätigte einen Klingelzug neben der Tür, der eine
Glocke im Erdgeschoss zum Läuten brachte, um das Personal herbeizurufen. »Ich
brauche Rat.« Francesca rückte eine Ottomane heran und nahm darauf Platz.
»Von mir?«, versetzte Conny belustigt, während sie sich auf dem
Sofa niederließ. »Das kann ich kaum glauben.«
»Warum denn
nicht?«
»Wenn du bei mir Rat suchst, muss es um einen gesellschaftlichen
Anlass gehen – oder um einen Mann.«
Voller Unbehagen gestand
Francesca: »Es geht um beides.«
Connie musterte sie aufmerksam.
Francesca zögerte. »Du flirtest doch nicht
mehr mit Calder, oder?«
Connie lief rot an. »Nein. Er scheint plötzlich das Interesse verloren
zu haben. Ich habe seit einer Woche nichts mehr von ihm gehört.«
Francesca verschwieg den eigentlichen Grund
dafür, dass Hart ihrer Schwester nicht mehr nachstellte: Er unterließ es, weil
sie, Francesca, darauf bestanden hatte. Noch vor gar nicht langer Zeit hatte er
es skrupellos darauf angelegt, Connie zu verführen, und Connie hatte diesen
höchst gefährlichen Flirt in vollen Zügen genossen. Francesca geriet noch
immer ganz außer sich, wenn sie daran zurückdachte, wie sie die beiden im Plaza
beobachtet hatte. Sie waren derart in ihre Schäkereien vertieft gewesen, dass
sie Francescas Anwesenheit überhaupt nicht wahrnahmen.
Doch so war Hart nun einmal – schönen, verheirateten Frauen schien
er einfach nicht widerstehen zu können.
»Warum fragst du danach, Francesca?«, erkundigte sich Connie
neugierig.
»Nun, Mama hat Calder für Sonntag zum Dinner eingeladen.« Connie
warf ihr einen flüchtigen Blick zu. »So?«
Francesca druckste herum. »Mama hat den Verstand verloren, Connie.
Sie will mich mit Calder verkuppeln.«
Connie fiel beinahe vom Sofa. Sie war bleich geworden. » Was?!«
»Ich weiß, es ist absurd. Was soll ich nur tun?«
Connie
starrte schweigend vor sich hin.
»Con?« Francescas Unbehagen wuchs. Empfand ihre Schwester etwa
noch immer eine gewisse Faszination für Calder Hart? War sie womöglich
eifersüchtig?
Schließlich sagte Connie bedächtig: »Weißt du, Fran, vielleicht
ist die Idee gar nicht so absurd.«
Nun war es an Francesca,
entgeistert auszurufen: » Wie bitte?!«
Connie zuckte mit den
Schultern. »Er ist die beste Partie in der Stadt – der reichste Junggeselle New
Yorks, soweit ich weiß. Und irgendwann muss er schließlich heiraten.« Sie
schwieg einen Moment lang, um sich das Szenario durch den Kopf gehen zu
lassen. »Warum dann nicht dich?«
Francesca war erregt aufgesprungen. »Weil ich einen anderen
liebe.«
Connie
erhob sich ebenfalls.
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