Brenda Joyce
ganz.«
Er schwieg
abwartend.
Sie
schloss die Augen und wünschte sich weit fort, zumindest für den
Moment. Doch schließlich war all dies nicht ihre Schuld. »Ich hatte nichts
damit zu tun, wirklich nicht«, beteuerte sie noch
einmal.
»Das fällt
mir schwer zu glauben.«
»Das Bild,
das Hart in Auftrag gegeben hat ... es ist ein Porträt.«
Sie
schluckte. »Von mir.«
Francesca betrat hinter Bragg denselben großen,
prunkvoll ausgestatteten Salon, in dem sie bei ihrem letzten Besuch empfangen
worden war. Lucy ging neben ihr her. Seit Bragg von Harts Auftrag erfahren
hatte, war er außerordentlich schweigsam – sehr zu Francescas Unbehagen. Er war
unverkennbar zornig. Lucy hatte versucht, ihn in eine Unterhaltung zu
verwickeln, doch er hatte nur einsilbige Antworten gegeben.
Nun riss Francesca ihren Blick von seinen steifen Schultern los
und wandte sich Lucy zu. Der Rotschopf schenkte ihr ein mitfühlendes Lächeln,
beugte sich zu ihr herüber und flüsterte: »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich
bin sicher, dass sich alles wieder einrenkt. Er ist nur eifersüchtig.«
Francesca versuchte, das Lächeln zu erwidern,
doch es gelang ihr nicht. Bragg hatte sich abrupt umgedreht und funkelte die
beiden Frauen an, sodass ihr keine Gelegenheit blieb, Lucy zu erklären, er habe
keinen Grund zur Eifersucht.
Mrs Channing, die die Besucher in den Salon geführt hatte, ließ
sich in einen gewaltigen, thronähnlichen Sessel sinken, in dem sie geradezu
winzig wirkte. Seit die drei eingetreten waren, hatte sie unablässig geredet,
und nun ließ sie sich gerade darüber aus, wie niedergeschlagen Sarah sei, wie
wahnsinnig jemand sein müsse, so etwas zu tun, und welchen Grund derjenige
dafür nur gehabt haben könne.
»Ich muss dringend mit Sarah sprechen«, verlangte Bragg energisch.
Mrs Channings Hände bebten vor
Nervosität. »Sie kommt herunter, Commissioner. Ich habe bereits nach ihr
geschickt.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Mein armes Schätzchen war doch
gerade so glücklich – Sie wissen schon, wegen der Verlobung und all dem. Und
dann kommt irgendein Wahnsinniger daher und ruiniert mit dieser abscheulichen
Tat einfach alles!«
»Miss Channing hat sich erst
kürzlich mit meinem Bruder verlobt«, erklärte Francesca, an Lucy gewandt.
»Wie reizend«, bemerkte Lucy. »Sollte er nicht auch zugegen sein?«
Francesca zögerte, unschlüssig,
was sie darauf erwidern sollte. »Er weiß noch nichts von dem Vorfall«, gestand
sie schließlich.
Lucys Blick sagte alles. Sie
begriff, dass sich hier keine Liebesheirat anbahnte.
»Haben Sie in letzter Zeit neue Dienstboten eingestellt?«, wollte
Bragg von Mrs Channing wissen.
»Nein. Soweit ich mich erinnere, hatten wir in diesem Jahr noch
keine Veränderungen beim Personal.«
»Ich hätte gern eine Liste aller Personen in Ihrem Haushalt. Mit
Postanschriften«, sagte Bragg. »Sowohl die derzeitigen als auch die ehemaligen. Außerdem möchte ich, dass sämtliche Bediensteten
Angaben über ihre früheren Arbeitgeber machen und, sofern sie verheiratet
sind, auch über ihre Ehepartner.«
Mrs Channing blinzelte. »Oh.«
Francesca verstand: Er wollte herausfinden, ob es unter dem
Personal jemanden mit verdächtigem oder kriminellem Hintergrund oder
Verbindungen gab. Das versprach allerdings eine mühselige Arbeit zu werden.
»Commissioner?«, ertönte Sarahs leise Stimme
hinter Francesca.
Diese blickte sich um. Sarah war furchtbar bleich, wirkte jedoch
gefasst und hielt sich kerzengerade. Neben ihr stand ihre Cousine, die Gräfin
Bartolla Benevente, eine auffallende Schönheit mit rötlich braunem Haar. Sie
trug ein Kleid, das eher für eine Abendgesellschaft als für tagsüber geeignet
schien, und am Hals eine Kette mit großen Saphiren. Bartolla hatte den Arm um
Sarah gelegt. Neben der großen, imposanten Gestalt der Gräfin wirkte die
zierliche Künstlerin beinahe zwergenhaft.
Bragg trat auf sie zu. »Ich bedauere diesen schrecklichen Vorfall
außerordentlich, Sarah«, sagte er sanft.
Sie nickte
stumm und rang sichtlich um Fassung.
Bragg nickte Bartolla höflich zu. Sie lächelte
ihn an. »Guten Morgen, Commissioner.« Das Hirten lag in ihrer Natur, was Bragg
jedoch überhaupt nicht wahrzunehmen schien. »Hallo, Francesca. Wie ich hörte,
waren Sie bereits gestern hier. Wie geht es Ihrer Hand?«
Francesca begrüßte sie mit einem Kuss auf die
Wange. »Viel besser, danke.« Anfangs hatte sie Bartolla nicht recht leiden können,
doch wie sich herausstellte,
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