Brenda Joyce
genau das Gegenteil war. Dazu trug sie ein übertrieben kostbares
Smaragdhalsband, ein gänzlich unpassendes Schmuckstück für ein unverheiratetes
Mädchen. Francesca war klar, dass Sarahs Mutter das Kleid und den Schmuck für
sie ausgesucht haben musste – Sarah selbst brachte für derlei Dinge keinerlei
Interesse auf.
»Sarah!« Evan begrüßte seine Verlobte mit einem Handkuss. »Es tut
mir Leid, was mit deinem Atelier geschehen ist.«
Sarah wirkte angespannt. Sie entzog ihm ihre
Hand. »Danke, Evan. Aber ich bin sicher, dass der Schuldige gefunden wird.« Mit
großen Augen wandte sie sich Francesca zu. Diese fühlte sich hin- und
hergerissen – einerseits musste sie Lucy helfen, andererseits hatte sie jedoch
versprochen, den Vandalen ausfindig zu machen, der Sarahs Atelier verwüstet
hatte.
»Evan, mein Lieber, Sie sehen wieder einmal hinreißend aus!«, rief
Mrs Channing aus und küsste ihn auf die Wange. »Ja, diese Angelegenheit ist
wirklich ein Albtraum – die arme Sarah steht völlig neben sich.«
Lucy ging auf Sarah zu und schloss sie in die Arme. »Wie wäre es
mit einem Schluck Champagner? Er täte Ihnen gewiss gut.«
»Ich kann nichts trinken. Ich habe ein wenig Probleme mit dem
Magen«, wehrte Sarah einsilbig ab.
Bragg legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Hat O'Connor Sie zu
sehr mit seinen Fragen bedrängt, Miss Channing?«
»Nein«, stieß sie heftig hervor. »Ich bin froh, dass er an diesem
Fall arbeitet. Ich will nur, dass die Sache aufgeklärt wird und erledigt ist.«
Ihre Antwort schien Bragg nicht recht zufrieden zu stellen. Er
warf Francesca einen beunruhigten Blick zu.
Sie teilte seine Sorge – noch nie hatte sie Sarah so angespannt
und schroff erlebt.
»Was ist denn in Ihrem Atelier vorgefallen?«, erkundigte sich
Rourke.
Sarah erklärte: »Jemand ist in der vorletzten
Nacht dort eingebrochen. Die meisten meiner Bilder wurden umgeworfen, alles
ist mit Farbe bespritzt und beschmiert, und ein ganz bestimmtes Porträt wurde
mit einem Messer in Fetzen geschnitten. Ich kann mir einfach nicht vorstellen,
wer so etwas getan haben könnte und warum.« Bei diesen Worten hielt sie sich
sehr aufrecht. Francesca glaubte förmlich zu spüren, welche Anstrengung es
Sarah kostete, sich in Gesellschaft zu begeben. Zweifellos wäre sie überall
lieber gewesen als hier im Plaza.
»Sarah hat gewiss keine Feinde«, mischte sich Evan ein, der sich
bemühte, galant zu sein. »Sie ist solch eine liebenswürdige Person, das finden
alle.«
Sarah schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln.
»Das tut mir Leid«, versicherte Rourke mit
nachdenklichem Blick. An Francesca gewandt, fragte er: »Ermitteln Sie in diesem
Fall?«
Francesca zögerte. »Mrs Channing hat mich um
Hilfe gebeten.«
Das schien Rourke zu amüsieren. »Ich bin noch nie einer Detektivin
begegnet.«
»Gibt es nicht auch Ärztinnen?«
»Es gibt eine einzige Studentin an der gesamten medizinischen
Fakultät. Sie ist bei der Mehrheit der Kommilitonen und auch bei den Dozenten
ausgesprochen unbeliebt.«
»Welch eine Schande«, bemerkte Francesca. »Sie selbst urteilen
aber gewiss nicht so vorschnell?«
»Ich habe mich bemüht, es nicht zu tun, doch sie gibt sich wirklich
alle Mühe, unfreundlich zu sein, und so habe ich es aufgegeben«, erwiderte er
schulterzuckend.
»Ich bin überzeugt, dass sie eine bessere Ärztin werden wird als
all ihre männlichen Kollegen zusammen«, mischte sich Sarah ein. Rourke blickte
sie erstaunt an.
Francesca ebenfalls. Sie war allerdings nicht so sehr über Sarahs
Ansichten überrascht – schließlich kannte sie die Künstlerin und wusste, dass
deren unscheinbares Äußeres trog. Das eigentlich Erstaunliche war jedoch, dass
Sarah ihre Gedanken in Gegenwart anderer so freimütig äußerte.
Sarahs Gesicht lief rosig an. »Nun, wenn sich
eine Frau in den Kopf setzt, etwas zu tun, das sonst ausschließlich Männern vorbehalten
ist, wird sie dazu für gewöhnlich von einer Leidenschaft getrieben, die sie zu
herausragenden Leistungen befähigt.«
Rourke zog die Augenbrauen hoch. »Verstehe ich recht – wissen Sie
das aus Erfahrung?« Dabei sezierte er Sarah förmlich mit dem Blick, als befände
er sich im Anatomiekurs.
Sarah zuckte gleichgültig die Achseln. Ihr Betragen an diesem
Abend sah ihr so wenig ähnlich, dass Francesca nicht anders konnte, als sich
Sorgen zu machen. Von den Augen der jungen Frau ging ein auffallendes Strahlen
aus. »Ich denke schon.«
»Nun, wollen wir uns nicht zu Tisch
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