Brenda Joyce
echte
Führungspersönlichkeit und ein überzeugter Reformist. Und im Grunde wollte er
all das nicht aufgeben. Andererseits wollte er sie aber auch nicht verlieren.
Wie konnte sie dieses Dilemma lösen? »Ich gebe dir ein Versprechen, Bragg«,
sagte sie ernst.
Er blickte ihr in die Augen.
Sie lächelte schwach, nahm seine Hand in ihre
Rechte und drückte sie fest. »Ich werde mein Herz niemals einem anderen
Mann schenken. Mein Herz gehört für immer dir«, beteuerte sie.
Seine Züge wurden weicher. »Dafür liebe ich
dich so.« Er schloss sie in die Arme, drückte sie an sich und hielt sie fest.
Als er sie wieder losließ, fuhr er fort: »Du bist zwanzig Jahre alt. Ich
weigere mich, ein solches Versprechen anzunehmen. Es könnte – Gott behüte – der
Tag kommen, an dem du es bereust.«
»Ich werde es nie bereuen, und du hast mein Wort«, hauchte sie.
»Ich gehöre zu den Frauen, für die es im Leben nur eine Liebe gibt, Bragg.«
»So ungern ich dir das sage, Francesca – es
gibt viele verschiedene Arten zu lieben. Das Leben hält unerwartete Wendungen
bereit. Eines Tages könntest du dich überraschenderweise auf einem Weg
wiederfinden, von dem du dir nie hättest träumen lassen, ihn zu beschreiten.«
Das sagte er mit großem Ernst.
Er verstand einfach nicht. »Heißt das, dir ist klar geworden, dass
es keine gute Idee wäre, sich scheiden zu lassen?«, fragte sie.
Er zögerte. »Nein.«
»Du willst also noch immer Kontakt zu Leigh Anne aufnehmen?«,
fragte Francesca alarmiert weiter.
»Nicht sofort. Vielleicht wäre es besser, nichts zu überstürzen.«
Er zog Francesca abermals an sich. »Vielleicht können wir diese Diskussion ein
anderes Mal fortsetzen und schließlich zu einer Lösung gelangen, die uns beide
zufrieden stellt.«
Sie blinzelte. »Wie das?«
Er lächelte. »Indem du begreifst, dass du ohne mich nicht leben
kannst, meinen Heiratsantrag annimmst und meinen Entschluss, mich scheiden zu
lassen, gutheißt.«
Sein Ton war heiter, und so erwiderte sie das Lächeln. Doch innerlich
bebte sie vor Furcht. Er rückte also nicht von seiner Entscheidung ab. Ein
entsetzliches Dilemma – zu dem es nur eine einzige Lösung gab. Francesca rang
geraume Zeit nach Worten. »Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, sagte sie
schließlich mit heiserer Stimme. »Einen Weg, durch die Gewässer der Gegenwart
zu navigieren, ehe wir uns den Ozeanen der Zukunft stellen müssen.«
Er schaute
sie perplex an. »So, gibt es die?«
»Ja!«, rief sie aus. »Mach mich
zu deiner Mätresse, Bragg.«
Ohne auch nur einen Augenblick
lang zu zögern, entgegnete er: »Das kommt nicht infrage.«
Die Kutsche hielt in der schneebedeckten Auffahrt vor der Villa der
Cahills. Keiner der beiden rührte sich. Francesca saß in eine Ecke gedrängt,
wütend und aufgebracht. Bragg starrte auf der anderen Seite aus dem Fenster.
Der Kutscher hustete.
»Einen Augenblick!«, rief Bragg ihm zu. »Ich möchte, dass Sie auf
mich warten.« Er stieß die Tür auf und sprang hinaus, wobei er auf dem
vereisten Boden beinahe ausglitt. Draußen wandte er sich zu Francesca um.
Endlich begegnete sie seinem Blick. »Warum nicht?«, fragte sie mit
tränenerstickter Stimme. »Ich habe mir das sehr gründlich überlegt.«
»Nein, du hast es dir keineswegs überlegt. Oder aber du kennst
mich nicht im Mindesten«, versetzte er grimmig. Dann streckte er ihr die Hand
entgegen.
Widerstrebend ließ sie sich von ihm beim
Aussteigen helfen. Mit der anderen Hand stützte er sie im Rücken. Es fühlte
sich so richtig an – und zugleich so falsch. Vorsichtig gingen sie über den
kurzen, gepflasterten Weg zur Vordertreppe des imposanten Kalksteingebäudes.
»Ich kenne dich so gut, wie ich mich selbst kenne«, sagte Francesca. »Manchmal
haben wir genau dieselben Gedanken – oder es ist, als könntest du die meinen
lesen.«
»Nein. Du weißt nicht, was ich denke.« Er
packte sie fest an der Hand und zog sie zu sich herum. »Du verdienst etwas
Besseres, als das Spielzeug eines Mannes zu sein, Francesca. Du verdienst es,
die Ehefrau eines Mannes zu sein, seine Partnerin, die Mutter seiner Kinder.
Wenn ich dich zur Geliebten hätte, würde ich mich jedes Mal schuldig fühlen,
wenn ich dich nur ansehe. Weißt du, wie sehr die Schuld einen Menschen
verzehren kann?«
Tränen stiegen ihr in die Augen. »Ja«, hauchte
sie.
»Und ich weiß auch, dass du früher oder später widersprüchliche
Gefühle empfinden würdest. Vor allem würde sich mit der Zeit
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