Brenda Joyce
Taschendiebe und Wegelagerer,
Geldschrankknacker und Juwelendiebe, und bei den Frauen, die in dem Buch
verzeichnet waren, handelte es sich fast ausnahmslos um Ladendiebinnen.
Allesamt waren sie reichlich zwielichtige Gestalten. Francesca blätterte eine
Seite um ... und erstarrte. Das war er.
Joseph Craddock – Rowdy, Trickbetrüger, ein Unverbesserlicher«,
las Francesca laut.
»Das is er? Das is der Gauner?«, vergewisserte sich Joel aufgeregt.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass er es ist, nur dass er auf diesem
Bild keine Narbe hat«, erwiderte Francesca nicht weniger aufgeregt.
»Soll ich auf der Straße nach ihm rumfragen?«
»Unbedingt.« Francesca wandte sich ihrem Gehilfen zu, wobei sie
das Buch aufgeschlagen liegen ließ. »Wir sollten eine kleine Belohnung
aussetzen für den Fall, dass uns jemand verraten kann, wo wir ihn finden. Sagen
wir, fünfzig Dollar?«
Joel machte große Augen. »Das is aber keine kleine Belohnung!«,
rief er aus.
Francesca tätschelte ihm den Kopf. »Ich will Ergebnisse. Ich muss
mit diesem Gauner sprechen, und zwar so bald wie möglich. Ich bin überzeugt,
dass er meine Klientin weiterhin bedrängen wird, Joel – aber was, wenn bis
dahin ein paar Tage vergehen? So verlieren wir wertvolle Zeit.«
Der Junge schüttelte den Kopf und zog eine
Grimasse. »Ich kann nich zulassen, dass Sie gutes Geld so zum Fenster
rauswerfen. Setzen Sie zwanzig Dollar Belohnung aus, Lady. Das reicht voll.«
»Völlig«, verbesserte sie ihn freundlich. Doch innerlich bebte sie
vor Aufregung. Gleich darauf wurde sie wieder sachlich. »Joel, was genau ist
ein Rowdy, Trickbetrüger und ein Unverbesserlicher?«
Er lachte. »Ein Rowdy is einer, der massenhaft
Scherereien macht. Wahrscheinlich schon wegen Schlägereien hopsgenommen
worden, weil er besoffen war oder Leute angepöbelt hat. Ein Trickbetrüger is
ein ganz gerissener Gauner, ein Falschspieler und Hochstapler. Und "Unverbesserlicher"
heißt bloß, dass er's immer wieder macht.«
»Ein Wiederholungstäter«, murmelte Francesca. »Lass uns herausfinden,
ob er schon öfter im Gefängnis war.« Sie erhob sich. Joel folgte ihr die Treppe
hinunter. »So einer war schon mehr als einmal im Kittchen, jede Wette.«
»Das denke ich auch. Ich hoffe, dass es eine dicke Akte über ihn
gibt.« Von dieser Vorstellung beflügelt, eilte sie zur Empfangstheke, die
Kladde fest unter den Arm geklemmt. »Ich hoffe sehr, Sie können mir helfen,
Captain«, wandte sie sich mit strahlendem Lächeln an Shea. »Wir haben unseren
Mann gefunden.«
»Lassen Sie mal sehen, wen haben wir denn da?«, versetzte der
Polizist freundlich und schob die Papiere, mit denen er gerade beschäftigt war,
zur Seite.
Francesca legte die Schurkensammlung auf die
Theke und schlug die Seite mit Craddocks Bild auf. Der Sergeant, Tom, kam
neugierig dazu. »Das ist der Übeltäter. Craddock. Wissen Sie etwas über ihn?
Könnte ich erfahren, ob es eine Akte über ihn gibt?«
»Hmm, kommt mir bekannt vor – aber wenn man mal ein paar Jahre in
dem Beruf ist, sehen die irgendwie alle gleich aus, hab ich Recht, Tom?«
»Einer schlimmer als der andere«, pflichtete Tom seinem Kollegen bei.
»Aber der Name sagt mir was. Ich wette, über den haben wir eine meterdicke
Akte.«
»Würden Sie wohl einmal nachsehen?«, bat
Francesca aufgeregt.
Tom warf einen Blick zu Shea. Als dieser
nickte, verschwand der Officer und kehrte wenig später mit einer Aktenmappe zurück.
»Da haben wir ihn ja schon.« Er legte den Hefter auf die Theke und sagte: »Ich
habe einen Blick reingeworfen. Er hat wegen Erpressung gesessen, oben in
Kendall. Im Tombs war er auch schon ein Dutzend Mal, meist wegen Trunkenheit und
Erregung öffentlichen Ärgernisses, Schlägereien und so weiter. Einmal gab es
allerdings auch eine Mordanklage gegen ihn. Sehen Sie?« Er legte den Finger
auf die Seite, und Francesca las. Ein gewisser Lester Parridy war erdrosselt
worden, der Fall war zur Verhandlung gekommen – doch dann wurde die Anklage
fallen gelassen.
»Außerdem gibt es Unmengen von Zivilklagen gegen ihn. Anscheinend
hat er mehrere Damen bedroht. Hier zum Beispiel, eine Mrs Van Arke. Aber sie
hat die Anzeige später zurückgezogen, und wir haben den Fall daraufhin nicht
weiter verfolgt.«
»Die Anzeige lautete auf Erpressung«, hauchte Francesca. Erpressung,
Mord – sie schauderte. Steckte Lucy womöglich in noch viel schlimmeren
Schwierigkeiten, als es zunächst den Anschein gehabt hatte?
»Stimmt. Ist gerade mal
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