Brenda Joyce
heute,
sondern auch in der letzten Woche. Du musst es mir erzählen, damit wir diesen
Bastard fassen können!«
Sarah nickte grimmig und kämpfte offenbar mit
den Tränen. »Ich habe ihn dabei ertappt, wie er die Wände meines Ateliers
anmalte. Er sah mich, und ich bin davongelaufen, aber er hat mich eingeholt,
und dabei habe ich mich am Arm verletzt. Ich schwöre dir, dass ich keine Ahnung
habe, wie ich mich befreien konnte – er muss wohl über irgendetwas gestolpert
sein. Ich bin in mein Zimmer gelaufen und habe mich dort versteckt. Am nächsten
Morgen fand ich dann mein Atelier verwüstet vor, und daraufhin hat dir meine
Mutter eine Nachricht zukommen lassen und dich um Hilfe gebeten.«
Francesca streichelte über Sarahs Rücken. »Gott sei Dank war
Rourke heute Abend hier.« Aber es war schon eine schreckliche Laune des
Schicksals, dass Sarah keinen Blick auf den Täter hatte werfen können.
»Er hat mich gegen die Wand gedrückt, und ich bekam keine Luft und
ich hatte Angst, dass er mich vergewaltigen würde, bevor er mir das Genick
bricht!«, rief sie.
Es dauerte einen Moment, ehe Francesca begriff. »Er war sexuell
erregt?«
Sarah nickte. Ihre Augen waren riesengroß, die Pupillen erweitert.
»Er hat damit gedroht. Und er hat mir schreckliche und obszöne Dinge gesagt.«
Sie begann plötzlich zu würgen und erbrach sich auf den Boden.
Francesca stützte sie, als sie wieder und wieder zu würgen begann.
Sie tat ihr so schrecklich leid.
»Entschuldige.« Sarah begann zu weinen. »Sieh nur, was ich
angerichtet habe!«
Francesca nahm sie in die Arme. »Das spielt doch keine Rolle. Ich
werde diese Bestie fangen, Sarah, und wenn das geschehen ist, dann wird dieser
Kerl niemals wieder das Tageslicht erblicken!«
Als Sarah aufgehört hatte zu weinen, stand Francesca auf. »Ich
werde das hier eben schnell saubermachen.«
»Nein! Lass mich das tun!« Sarah erhob sich auf unsicheren Beinen.
»Sarah ...«
»Ich möchte nicht allein bleiben!«
»Schon gut«, sagte Francesca und nahm ihren
Arm. Sie machten sich auf den Weg durch das riesige, dunkle Haus. Francesca
bekam es rasch mit der Angst zu tun. Der Gedanke, dass der Mörder irgendwo auf
der Lauer liegen könnte, wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen. Sie
versuchte sich einzureden, diese Vorstellung sei absurd, aber im Haus war es so
furchtbar still und dunkel. Sarah war ebenso angespannt. Sie zuckte vor jedem
Schatten zurück. »Hab keine Angst«, versuchte Francesca sie zu beruhigen, doch
es klang wenig überzeugend. Der Mörder würde gewiss alles daransetzen, auch
Sarah Channing umzubringen.
»Mir ist gerade etwas eingefallen«, flüsterte Sarah, als sie das
stockdunkle Esszimmer betraten.
Francesca tastete nach der Lampe auf dem
Tisch. Nachdem sie sie eingeschaltet hatte, atmete sie auf. »Was denn?«
»Er sagte, er hätte mich nicht vergessen, und nannte mich eine
kleine Hure.«
Francesca zuckte zusammen und ihre Gedanken überschlugen
sich. »Kannst du dich an seine genauen Worte erinnern?«
Sarah schüttelte den Kopf. Ihre Nase war rot und in ihren Augen
standen schon wieder Tränen. »Tut mir leid, nein, das kann ich nicht. Aber ich
werde niemals den Klang seiner Stimme vergessen«, flüsterte sie.
Francesca nahm ihre Hand und sie verließen das Esszimmer. Einen
Augenblick später hatten sie die riesige Küche erreicht, die hell erleuchtet
war. Rourke stand am Herd und kochte offenbar Wasser für Tee. Als er sie sah,
rief er: »Was zum Teufel fällt Ihnen beiden ein, allein hier im Haus
herumzuwandern?«
Francesca half Sarah auf einen Stuhl am Esstisch der Dienstboten.
»Sarah ist ein kleines Malheur passiert und wir wollten Lappen holen, um es
aufzuwischen.«
»Das werde ich schon erledigen«, sagte die Haushälterin, die in
ihrem grauen Kleid auftauchte, das Haar zu einem langen, grauen Zopf
geflochten. »Gott sei Dank geht es Ihnen gut, Miss Channing!«
Sarah nickte, sagte aber kein Wort.
»Bringen Sie uns doch bitte ein schönes Glas Portwein, Mrs.
Brown«, sagte Rourke.
Die
Haushälterin nickte und eilte davon.
Rourke ging auf Sarah zu und legte ihr die Hand auf die Stirn. Sie
zuckte zurück, sah ihn aber an. »Ihre Stirn ist warm«, stellte er fest.
»Mir ist übel«, gab sie zurück. »Warum hat mich dieser Mann
beschuldigt, eine Hure zu sein, Francesca? Warum will er mich umbringen? Warum
nur?«, rief sie.
Francesca setzte sich neben sie. »Ich weiß es wirklich nicht. Noch
nicht«, fügte sie hinzu.
Rourke zog etwas
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